Starnberger feiert runden Geburtstag: Mit Fleiß und Neugier 100 geworden

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Treuer Leser des Starnberger Merkur: Georg Johann Konrad, der heute seinen 100. Geburtstag feiert, daheim in Starnberg. © Andrea Jaksch

Der frühere Buchbinder Georg Johann Konrad feiert am 6. Mai seinen runden Geburtstag. Sein Rezept für ein langes Leben hat er dem Starnberger Merkur verraten.

Starnberg – Generationen von Studenten ließen bei ihm ihre Diplomarbeiten binden. Die Hitlerjugend konnte er umgehen, im Zweiten Weltkrieg musste er gegen die Russen kämpfen. „Ich hatte ein langes Leben, und trotzdem ist es schnell vergangen“, sagt Georg Johann Konrad. Heute wird der Starnberger 100 Jahre alt.

Am 6. Mai 1925 wurde Konrad in München als drittes von fünf Kindern geboren. Sein Vater war ein Gegner des Nazi-Regimes, er verweigerte den Einzug seines Sohns in die Hitlerjugend. Mit 18 wurde Konrad schließlich zum Reichsarbeitsdienst einberufen. Drei Monate lang musste er täglich vier Stunden Fußdienst leisten und Stiefel von gefallenen Soldaten flicken. Danach wurde er von der Wehrmacht in Landsberg eingezogen. Die Ausbildung als Funker begann, das Morsen lernte er im Sommer 1943 in Südfrankreich. Mit dem Güterzug ging es Anfang 1944 an die Front.

Ein Familienfoto aus dem Jahr 1950 mit Georg Johann Konrad und seiner Frau (r.).
Ein Familienfoto aus dem Jahr 1950 mit Georg Johann Konrad und seiner Frau (r.). © privat

Vor allem die Kesselschlacht in Tscherkassy in der heutigen Ukraine sei ihm sehr prägend in Erinnerung geblieben, wie Konrad dem Starnberger Merkur erzählt. In einem Funkwagen musste er gemeinsam mit einem Feldwebel morsen. „Wir hatten eine direkte Verbindung zur Division.“ Als Mitglied der 17. Panzerdivision und inmitten der Kesselschlachten war Konrad häufig in Lebensgefahr. „Das waren reine Glücksmomente, ich wäre oft tot gewesen“, sagt er. „Aber ich hatte nie Angst, trotz der riesigen Gefahren.“

In einer kalten Winternacht gelang Konrad mithilfe mehrerer Fluchtwagen der Weg zu einem Lazarett in der damaligen Tschechei. In einer alten Schule wurden dort Verwundete versorgt. „Dann kam immer wieder ein Offizier und hat jeden rausgeworfen, der irgendwie laufen konnte, weil der Feind ja schon wieder dastand. Ich war Gott sei Dank am Fuß verletzt, sonst würde ich nicht mehr leben“, erinnert er sich. Bis nach Cottbus schaffte es Konrad schließlich, wo er während eines Luftminenangriffs in einem Bahnhof Schutz fand. Auch beim Angriff auf Dresden am 13. Februar 1945 konnte sich Konrad im letzten Moment in Sicherheit bringen.

In Uniform: Konrad musste an die Front.
In Uniform: Konrad musste an die Front. © Privat

Nach Kriegsende war Konrad mehrere Monate Kriegsgefangener der Amerikaner in Heilbronn. Prägend für ihn: „Dort gab’s Tag und Nacht Sauerkraut.“ Danach konnte er ins Münchner Elternhaus zurückkehren, das glücklicherweise immer noch stand. Das Geschäft seines Vaters, die Universitäts-Buchbinderei Georg Konrad an der Schellingstraße, die es seit mehr als 100 Jahren gibt, war zwischenzeitlich mehrmals zerbombt worden. Nach dem Wiederaufbau besuchte Konrad die Meisterschule und übernahm 1948 das Geschäft. Mehr als 30 Jahre leitete er den Ausbildungsbetrieb mit stets zwölf bis 15 Angestellten und unterrichtete außerdem jahrelang in einer Abendschule Buchdruck.

Grundstück in Starnberg zu verkaufen: Durch Zufall entdeckte der Münchner 1988 diese Zeitungsannonce und verkaufte dafür das Haus, das er in Bogenhausen errichtet hatte. Seitdem lebt der Jubilar glücklich am Starnberger See. Mit 62 ging er in Rente und verkaufte den Laden in München. „Starnberg ist meine zweite Heimat geworden. Das waren wunderschöne Zeiten, mit dem Radl am See entlangzufahren, mit der Badehose dabei.“ Sein Rezept fürs Altwerden heißt Arbeit: „Mein Fleiß und ewiger Drang nach Neuem haben mich fit gehalten.“

Von Lilly Lüst

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