Hebammen im Landkreis Starnberg unter Druck
Heute ist Welt-Hebammentag. Doch anstatt zu feiern, gehen viele auf die Straße. Denn wegen einer neuen Abrechnungsmethode bei den Krankenkassen sollen Dienst-Beleghebammen künftig für die gleiche Arbeit weniger Geld erhalten.
Starnberg – Jahrelang war die Vergütung von freiberuflichen Hebammen ein Streitthema. Nun haben der GKV-Spitzenverband, der Bund freiberuflicher Hebammen Deutschlands und das Netzwerk der Geburtshäuser einen neuen Hebammenhilfevertrag beschlossen. Die Einigung stößt jedoch auf Widerstand, denn: Ab November sollen Beleghebammen bei der Abrechnung lediglich 80 Prozent der üblichen Vergütung bekommen. Sobald sie zwei Frauen betreuen, nur noch zusätzlich 30 Prozent der Fallpauschale. Beleghebammen, die freiberuflich in Kliniken arbeiten, drohen dadurch massive finanzielle Einbußen. „Für uns ist das einfach nicht tragbar“, sagt Margret Stumpf, Dienst-Beleghebamme am Klinikum Starnberg.
Die neu geregelte Vergütung begründet der GKV-Spitzenverband mit einem verstärkten Fokus auf Eins-zu-eins-Betreuungen, also die durchgängige Betreuung einer Gebärenden durch eine Hebamme. Wenn sich eine Hebamme zusätzlich zwei Stunden vor und nach der Geburt um die Frau kümmert, gibt es einen Zuschlag. Wer sich zwischenzeitlich um eine weitere Schwangere kümmert, beispielsweise, weil diese Blutungen hat, erhält den Zuschlag nicht, und es gibt weniger Geld für die weitere Betreuung.
Hebammen erwarten Einkommensverluste
„Eine Eins-zu-eins-Betreuung ist natürlich sehr wünschenswert, aber in der Realität nicht machbar“, sagt Stumpf. In vielen Kliniken gibt es schlichtweg zu wenig Hebammen. Und Geburten sind nicht planbar. „Es gibt nichts, was planbarer ist, als die Unplanbarkeit der Geburtshilfe.“ Insgesamt habe sie die Geburten von etwa 4800 Kindern begleitet, schätzt Stumpf.
Die 61-Jährige aus Gauting rechnet nun mit deutlich weniger Einnahmen. Hinzu kommt: Freiberufliche Hebammen müssen sich selbst versichern und eine hohe Berufshaftpflichtversicherung zahlen, derzeit rund 13 000 Euro jährlich – Tendenz steigend. „Als ich 1992 freiberuflich angefangen habe, lag die Haftpflichtprämie noch bei 300 Mark“, berichtet Stumpf. Außerdem würden mit dem neuen Vertrag viele Leistungen gestrichen werden, darunter Blutentnahmen, die Erstuntersuchung des Neugeborenen und das Überwachen der kindlichen Herztöne, so Stumpf.
Eine Eins-zu-eins-Betreu㈠ung ist natürlich sehr wünschenswert, aber in der Realität nicht machbar.
Dabei leisten Beleghebammen einen wesentlichen Beitrag zur Geburtshilfe in Deutschland. Dem Deutschen Hebammenverband zufolge begleiten sie mehr als 20 Prozent aller Geburten in Kliniken. „In Bayern kommen sogar 80 Prozent der Kinder mit Beleghebammen auf die Welt“, sagt Stumpf. Im Kreißsaal betreuen die Geburtshelferinnen üblicherweise mehrere Gebärende gleichzeitig. Wenn nötig, können auch weitere hinzugerufen werden. Das ging bisher finanziell auch gut auf, denn die Parallelbetreuung wurde besser bezahlt.
Damit eine Eins-zu-eins-Betreuung funktioniert, müssten ständig ausreichend Hebammen in Bereitschaft sein. Schwer umsetzbar in Zeiten von Hebammenmangel. Und der neue Hebammenhilfevertrag könnte diesen Mangel nun noch weiter verschärfen.
Kinderschutzbund zum Welt-Hebammentag
Der Kinderschutzbund Starnberg setzt sich für werdende Eltern ein, die keine Hebamme gefunden haben. Bei Sorgen und Fragen rund um Schwangerschaft und Geburt können Betroffene zur Hebammen-Sprechstunde im Starnberger Familienzentrum kommen. Nach der Geburt wird zudem die Wochenbettsprechstunde am Klinikum Starnberg angeboten, die von den Hebammen Starnberg betreut wird. Die Sprechstunden sind ein Kooperationsprojekt des Kinderschutzbundes Starnberg, des Landratsamtes Starnberg, der Hebammen Starnberg, der staatlich anerkannten Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen des Gesundheitsamtes Starnberg und des Klinikums Starnberg. Weitere Informationen zur Schwangeren-Sprechstunde im Familienzentrum sind unter www.kinderschutzbund-starnberg.de zu finden. Die Termine für die Wochenbettsprechstunde können online unter www.hebammen-starnberg.de vereinbart werden. Wegen einer begrenzten Platzzahl ist eine Anmeldung zu den Sprechstunden erforderlich.