Bundeswehr-General warnt vor Putin: Deutschland und Russland „sind nicht mehr im Frieden“

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Durchtrennte Unterseekabel, Ausspähungen, Cyberangriffe: Ein Bundeswehr-General sieht Deutschland in einer Konfrontation mit Russland.

Berlin – Der Befehlshaber des neuen Operativen Führungskommandos der Bundeswehr, Alexander Sollfrank, sieht in Russlands hybrider Kriegsführung unter Präsident Wladimir Putin das Ende der Friedenszeiten. „Wir sind nicht mehr im Frieden“, sagte der Generalleutnant der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in Berlin und fügte an: „Wir beobachten feindliche Aktivitäten auf die Bundeswehr in Deutschland, auf Infrastruktur auch Ausspähungen.“

Sollfrank berichtete von „Eindringungsversuchen“ in Liegenschaften der Bundeswehr. Er zeigte sich alarmiert über Bedrohungen aus der Luft: „Wir haben immer wieder Drohnensichtungen über Bereichen, wo sie eigentlich nicht sein sollten.“

Im Interview verwies der General auf die zerstörten Ostsee-Kabel, bei denen man „noch nicht genau weiß, wie es sich zugetragen hat oder wer dahintersteckt“. Der Bundeswehr-Kommandeur sagte: „Aber es gibt schon Verdachtsmomente, wie sich das Ganze zugetragen haben könnte und dass da auch eine klare schädigende Absicht dahintersteht.“

Wegen Putin und Russland: Bundeswehr strukturiert sich um

Mit dem Operativen Führungskommando wird die Bundeswehr auf Landes- und Bündnisverteidigung ausgerichtet. Bis zum 1. April soll es voll aufgestellt sein und eine einheitliche Führung in folgenden Bereichen sicherstellen:

  • Amts- und Katastrophenhilfe
  • militärische Evakuierungsoperationen
  • Einsätze von Spezialkräften
  • umfangreiche Verteidigung

Das Kommando entwickelt auch den „OPLAN Deutschland“. Dabei handelt es sich um den ersten neuen Verteidigungsplan seit Ende des Kalten Krieges.

Ein Bundeswehr-Soldat verschränkt die Arme hinter seinem Rücken.
Die Bundeswehr wappnet sich vor Bedrohungen durch Putins Russland. © Philipp Schulze/dpa

Für die künftigen Aufgaben werden das Einsatzführungskommando und das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr zusammengelegt. Durch die Umstrukturierung seien 30 Prozent weniger Dienstposten notwendig, die in anderen Gebieten arbeiten können.

Gegen Putins Russland: Deutschland muss sich „effektiv verteidigen“

„Aber wir müssen uns auch ein wenig von einem ursprünglich dahinterstehenden Effizienzgedanken lösen“, sagt der General. „Man kann Deutschland nicht wirtschaftlich sparsam verteidigen, man muss es effektiv verteidigen.“ Die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr müsse vor allem wirksam und glaubwürdig abschrecken. Der General warnt: „Wir können uns das nicht mehr aussuchen. Wir dürfen, wenn es zu einem militärischen Konflikt kommen sollte, nicht zweiter Sieger sein.“

Das Operative Führungskommando konzentriert sich auch auf den Schutz von Infrastruktur und wichtiger Industrie. Sollfrank sagte, dass man Sicherheit in Deutschland nicht an die Bundeswehr „outsourcen“ kann. Unternehmen müssten beispielsweise Sicherheitsdienste engagieren.

In den vergangenen Monate seien immer mehr Zwischenfälle registriert worden. „Es geht an die Wahrnehmungsebene unserer Bevölkerung. Hier ist dieses latente Bedrohungsgefühl einer militärischen Eskalation mit Russland schon da“, sagte Sollfrank. Das Bewusstsein für die Lage sei zu Recht geschärft. „Denn wir befinden uns tatsächlich in einer strategischen Konfrontation mit Russland.“

Putin will Nato und Deutschland testen

Das Land von Kremlchef Putin wolle gezielt testen, wie Deutschland und seine Nato-Verbündeten bei Störungen reagieren und wie hoch der Verteidigungswille sei. Zudem stelle Russland den gesellschaftlichen und politischen Zusammenhalt auf die Probe. „Es sind Cyberangriffe, es sind Sachbeschädigungen, es sind Ausspähungen und gezielte Desinformationen“, sagte Sollfrank.

Mit diesen Aktionen wolle Russland Deutschland und die Nato schädigen – allerdings unter der Schwelle eines militärischen Konflikts. Putin „nutzt das ganze Spektrum von Möglichkeiten, die im Werkzeugkasten sind – mit einer Ausnahme: einen klassischen Angriff mit konventionellen Streitkräften, aktuell“, so Sollfrank.

Russland soll Nato-Bereitschaft nicht unterschätzen

Russland dürfe die Verteidigungsbereitschaft und Entschlossenheit Deutschlands nicht unterschätzen: „Ich spreche für meinen Verantwortungsbereich. Die klare Absicht und der klare Wille, unser Land gegen jegliche Art von Aggression zu verteidigen, ist absolut vorhanden.“

Der EU-Abgeordnete und ehemalige Befehlshaber der estländischen Streitkräfte, Riho Terras, kritisiert den Begriff „hybride Kriegsführung“. Die Bezeichnung verharmlose das russische Vorgehen gegen Europa.

Währenddessen steigen im Ukraine-Krieg täglich die Verlustzahlen der russischen Armee. Es stellt sich die Frage: Wie lange kann Putin seine Soldaten noch verheizen? (Jan-Frederik Wendt)

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