„Grausiges“ Bild: Anwohner und Tierschützer sorgen sich um Schwanenpaar – Loisach-Isar-Kanal erneut undicht
Das Wasser im Loisach-Isar-Kanal wurde für Sanierungsarbeiten abgelassen, dabei kam es zu einer Undichtigkeit. Anwohner und Tierschützer machen sich Sorgen um ein Schwanenpaar, das in der Nähe brütet.
Wolfratshausen – Nicht viel mehr als ein dünnes Rinnsal ist noch übrig. Man sieht es, wenn man auf der Brücke zwischen Kanalstraße und Sudetenstraße in Waldram steht und auf den Loisach-Isar-Kanal schaut. Am Rand ist das Bachbett schon völlig ausgetrocknet. Vor wenigen Tagen wurde das Wasser im Kanal für dessen Sanierung abgelassen (wir berichteten). Dabei kam einiger Unrat zum Vorschein. Außerdem riecht es unangenehm faulig. Doch das ist nur ein Aspekt, der vielen sauer aufstößt. Anwohner und Tierschützer sorgen sich um ein Schwanenpaar. Es brütet in Ufernähe und sitzt nun auf dem Trockenen.
„Die Schwäne haben wochenlang an ihrem Nest gebaut“, berichtet Peter Oelbaum. Er kann von seinem Garten aus direkt auf die aufgeschichteten Äste blicken, wo gerade eines der schneeweißen Tiere auf den sieben zartgrünen Eiern sitzt. „Jetzt sind sie abgeschnitten von ihrem Lebensraum.“

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Vor wenigen Tagen wurde das Wasser abgelassen
Am Samstag haben Arbeiter den Kanal mit Keschern leergefischt, so der Wolfratshauser. Die Tiere würden „woanders“ wieder eingesetzt, hätten die Arbeiter ihm gesagt. Doch an die Schwäne wurde scheinbar nicht gedacht. „Was geschieht mit ihnen, wenn monatelang kein Wasser im Kanal ist?“, fragt sich Oelbaum. Er hat Verständnis für die Kanalsanierung, die der Energieversorger Uniper als Kanalbetreiber durchführt. „Aber man kann den Tieren nicht ihren Lebensraum wegnehmen.“
Genauso sieht das Ingeborg Hefner. Die 75-jährige aus Farchet geht oft am Kanal spazieren. „Warum wird das Wasser genau zur Brutzeit abgelassen? Kann man das nicht im Herbst machen?“, rätselt sie. Hefner sieht ein, dass am Kanal gearbeitet werden muss. Nur für den Zeitpunkt bringt sie kein Verständnis auf. „Die jungen Schwäne schlüpfen bald und haben jetzt keine Lebensgrundlage.“
„Grausig“ – so beschreibt Dr. Manfred Fleischer, Vorsitzender des Tierschutzvereins Wolfratshausen-Geretsried, das Bild am Kanal. „Die Situation ist für die Schwäne unerträglich.“ Hier müsse „dringendst“ Hilfe her, findet der Wolfratshauser Stadtrat, der dabei ist, abzuklären, was man tun könnte.
Maßnahmen sind mit Regierung von Oberbayern abgestimmt
„Die Maßnahmen im Rahmen der Sanierung des Loisach-Isar-Kanals sind mit der Regierung von Oberbayern als höhere Naturschutzbehörde abgestimmt und artenschutzrechtlich genehmigt“, erläutert der Sprecher der Bezirksregierung, Wolfgang Rupp. Die vorübergehende Absenkung des betreffenden Kanalabschnitts zwischen der Baustelle und dem Wehr in Farchet sei für das Abfischen notwendig gewesen. „In nächster Zeit sollte der Wasserspiegel im Kanalabschnitt wieder ansteigen.“ Eine Gefahr für die Schwäne oder die Schwanenbrut bestehe im Moment nicht.
Uniper erklärt auf Anfrage unserer Zeitung, dass das Wasser seit Freitagabend in die Loisach geleitet werde. Im Kanal sollte Restwasser in Höhe von 50 Zentimetern am Absturz Farchet verbleiben – und bis zum derzeitigen Baustellenende im Bereich Unterfeldweg 2b etwa 30 Zentimeter. „Leider ist es zu einer unerwarteten Undichtigkeit gekommen und Wasser ist ausgelaufen“, so Uniper-Mitarbeiter Lars Pappert am Montag. Das hätten die Erkenntnisse, die das Unternehmen bei der Sanierung 2022/23 gewann, laut Pappert nicht erwarten lassen. „Wir haben umgehend nach Feststellung des Sachverhalts mit der Abdichtung begonnen und diese auch bereits vollendet. Aktuell arbeiten wir mit Hochdruck daran, den Kanal wieder mit Wasser zu beschicken.“
Landratsamts-Pressesprecherin Marlis Peischer bestätigt, dass die Wassermenge im Kanal nun wieder steigen soll, etwa durch Überleitung von zusätzlichem Wasser, falls erforderlich auch durch aktives Pumpen. „Die Situation wird beobachtet und notwendigenfalls werden weitere Maßnahmen ergriffen.“
Ohne Wasser sind junge Schwäne leichte Beute
Wie bedrohlich ist die Situation, ein fast leerer Kanal, für die Schwäne? „Der Schwan braucht Wasser, um zu starten“, antwortet Dr. Sabine Tappertzhofen, Geschäftsstellenleiterin des Landesbunds für Vogelschutz (LBV) im Landkreis. Ohne Wasser können Schwäne nicht fliegen. Und: „Die jungen Schwäne sind auf dem Wasser sicherer.“ Ihnen könnte also das trockene Kanalbett zum tödlichen Verhängnis werden, da sie so leichte Beute für etwa den Fuchs sind. Ausgewachsene Schwäne seien dagegen „sehr wehrhaft“, sagt Tappertzhofen. „Mit dem Fuchs nimmt es der Schwan auf.“
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Aus demselben Grund sei es schwer, die Tiere einzufangen und an einen anderen Ort zu bringen. Und wie sieht es mit Nahrung aus? „Sie fressen überwiegend unter Wasser. Aber auch am Ufer, zum Beispiel Gras“, so die Expertin.
Der Wolfratshauser Rathauschef Klaus Heilinglechner stellte am Montag gegenüber unserer Zeitung fest, dass die Flößerstadt „nicht in das Verfahren involviert war und ist“. Er verweist auf die Genehmigungsbehörde. Heilinglechner betont jedoch, dass bei den Kanalarbeiten „Rücksicht auf die Lebewesen und die Natur genommen werden muss“.