"Geht nur darum, Europa zu schwächen": Ökonom erklärt Trumps wahren Plan
US-Präsident Donald Trump verschärft erneut den Ton gegenüber Europa: Am Freitag kündigte er auf seiner Plattform "Truth Social" an, europäische Produkte künftig mit einem Importzoll von 50 Prozent zu belegen. Die Maßnahme soll bereits zum 1. Juni in Kraft treten.
Zwar hatte Trump bereits am 2. April – dem sogenannten „Liberation Day“ – Zölle von 20 Prozent angekündigt, doch nach erheblichen Einbrüchen an den Weltbörsen wurde eine 90-tägige Aussetzung gewährt, um über mögliche Handelsabkommen zu verhandeln. Da diese Gespräche offenbar nicht den gewünschten Erfolg brachten, greift Trump nun zu drastischeren Mitteln.
Ökonom warnt: "Es geht hier gar nicht um unfaire Handelspraktiken"
In seinem Online-Statement begründete er die Maßnahme mit einer langen Liste angeblich unfairer Handelspraktiken der EU: „Ihre mächtigen Handelsschranken, Mehrwertsteuern, lächerlichen Unternehmensstrafen, nicht-monetären Handelsschranken, Währungsmanipulationen, unfairen und ungerechtfertigten Klagen gegen amerikanische Unternehmen und vieles mehr haben zu einem Handelsdefizit mit den USA von mehr als 250.000.000 Dollar pro Jahr geführt, eine Zahl, die völlig inakzeptabel ist.“
Für den deutsch-amerikanischen Ökonomen Rudi Bachmann steckt hinter Trumps Zollplänen allerdings mehr als nur ein Handelsstreit. In seinem jüngsten Post auf der Plattform X schreibt Bachmann: „Was, glaube ich, immer noch nicht richtig verstanden wird bei den Zöllen von Trump: Es geht hier gar nicht um Höhe, unfaire Handelspraktiken, etc. Es geht einzig und allein um einen weiteren Versuch (nach der Ukraine), Europa zu schwächen“.
Bachmann zieht damit eine direkte Verbindung zwischen Trumps Verhalten in internationalen Handelsfragen und seiner Haltung im Ukraine-Konflikt. Auch dort hatte Trump zunächst europäische Vermittlungsversuche unterstützt – etwa ein gemeinsamer Vorschlag zu einem 30-tägigen Waffenstillstand – diesen Kurs aber nach einem Gespräch mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin wieder verlassen.
Massive wirtschaftliche Auswirkungen für Deutschland
Weiter schreibt Bachmann:
„Trump und seine Leute haben schon verstanden, dass die Handelspolitik in Brüssel gemacht wird und dass früher oder später nationale Politiker Brüssel für die Zölle mit den USA verantwortlich machen werden, die dann wiederum bestimmte Wahlentscheidungen nach sich ziehen werden.“
Diese Dynamik könnte, so der Professor der Universität Notre Dame, eine verstärkte Polarisierung innerhalb der EU begünstigen und europakritischen Kräften Auftrieb verschaffen.
In Deutschland würde eine Eskalation der Handelsspannungen vor allem exportstarke Branchen treffen – insbesondere die Pharma-, Maschinenbau- und Automobilindustrie. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen, die unterschiedliche Eskalationsszenarien durchgerechnet hat.
Am stärksten betroffen wäre laut der Studie die Region Köln: Hier drohen allein durch den Rückgang der Industrieproduktion Verluste in Höhe von über sechs Milliarden Euro jährlich. Auch Hamburg und Darmstadt müssten mit Einbußen von je rund fünf Milliarden Euro rechnen.
Klingbeil warnt vor Eskalation – Trump könnte sich verpokern
Angesichts dieser Zahlen mehren sich politische Stimmen, die vor einer weiteren Eskalation warnen – auch aus der Bundesregierung. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) setzt in dem drohenden Handelskrieg auf Deeskalation und Verhandlungen. In einem Interview mit der "Bild am Sonntag" sagte er: „Wir sind als Europäer geschlossen und entschlossen, unsere Interessen zu vertreten. Aber: Wir brauchen jetzt keine weiteren Provokationen, sondern ernsthafte Verhandlungen.“
Klingbeil berichtete zudem von Gesprächen mit US-Finanzminister Scott Bessent. Seine Einschätzung: Auch die USA könnten durch die hohen Zölle erheblichen wirtschaftlichen Schaden erleiden. „Die US-Zölle gefährden die amerikanische Wirtschaft mindestens genauso stark wie die deutsche und europäische Wirtschaft. Dieser Handelskonflikt schadet allen und muss schnell beendet werden.“
Ob Trumps Ankündigung tatsächlich umgesetzt wird, bleibt vorerst offen. In der Vergangenheit hatte der Ex-Präsident bereits mehrfach hohe Zölle in Aussicht gestellt, nur um dann doch wieder zurückzurudern. EU-Handelskommissar Šefčovič betonte zuletzt, man arbeite weiterhin intensiv an einer Einigung, die beiden Seiten gerecht werde.