"Sie wollen Gewalt anwenden": Inselbewohner laufen gegen Melonis Mega-Brücke Sturm

Auf Sizilien wächst der Widerstand gegen die geplante Mega-Brücke über die Straße von Messina. Die "Financial Times" berichtet von wachsender Wut und Besorgnis unter den Anwohnern, die um ihre Häuser und ihr Umfeld fürchten. 

Rosa Cattafi, 66, kämpft seit Jahren dafür, ihr Zuhause zu behalten: "Ich habe viele Opfer gebracht, um dieses Haus zu kaufen. Ich habe keinen Plan B. Wenn sie mein Haus zerstören, können sie auch mich zerstören", sagte sie der "Financial Times".

Melonis Sizilien-Brücke: Kritiker warnen vor Mafia und Sicherheitsrisiken

Die geplante Brücke soll Sizilien mit dem italienischen Festland verbinden und 13,5 Milliarden Euro kosten. Tausende Immobilienbesitzer könnten für den Bau enteignet werden, während die Bewohner die Gefahr durch kriminelle Netzwerke in der Region betonen.

Laut der "Financial Times" ist die Angst vor Einflussnahme der Mafia besonders groß. Luigi Sturniolo, 64, Bibliothekar und Protestorganisator, erklärte: "Diese Großprojekte dienen dazu, öffentliche Gelder privaten Bauunternehmen zuzuführen – und andere werden auch von diesen Finanzströmen profitieren."

Auch das Erdbebenrisiko sorgt für Bedenken: Die Straße von Messina war 1908 das Epizentrum eines verheerenden Bebens, und die Region ist nach wie vor seismisch aktiv. "Die Stadt wird jahrelang eine Baustelle sein. Wir werden Geiseln dieser Arbeiten sein", warnte Daniele Lalacqua, 63, Vorsitzender des lokalen Komitees 2No Bridge2.

"Sie wollen Gewalt anwenden, um unser Haus zu nehmen"

Viele Hausbesitzer planen, die Zwangsenteignungen gerichtlich anzufechten. Cettina Lupoi, 74, sagte der "Financial Times": "Sie wollen Gewalt anwenden, um unser Haus zu nehmen, und wir werden es niemals zulassen."

Anwalt Antonio Saitta vertritt mehrere Betroffene: "Die Wiederaufnahme des alten Projekts mit den alten Auftragnehmern ist weder nach der Verfassung noch nach europäischem Recht zulässig." Der Hauptauftrag über 10,5 Milliarden Euro wurde ohne neues Vergabeverfahren an das Konsortium WeBuild vergeben.

Messina
Diese Computergrafik aus dem Jahr 2011 zeigt die geplante Brücke über die Straße von Messina. Der Bau soll Sizilien mit dem italienischen Festland verbinden.. imago

Ökologische Sorgen: Vogelzug und Biodiversität bedroht

Neben sozialen und rechtlichen Bedenken warnen Umweltschützer vor massiven ökologischen Folgen. Anna Giordano, Beraterin des WWF, betonte: "Die einzigartige Biodiversität hier gehört der Welt. Diese Brücke wird die Zugrouten hunderter Vogelarten zerstören." WWF, Greenpeace und Legambiente fordern die Europäische Kommission auf, gegen das Projekt vorzugehen.

Hintergrund: Historisches Mega-Projekt mit politischer Dimension

Die Idee, Sizilien mit dem Festland zu verbinden, existiert seit der italienischen Einigung im 19. Jahrhundert. Nach mehreren gescheiterten Versuchen unter Benito Mussolini, Silvio Berlusconi und Mario Monti plant die Regierung von Giorgia Meloni nun den Bau einer fünf Kilometer langen Hängebrücke, die auch militärisch strategische Bedeutung haben soll. 

Pikant: Teile der Kosten von 13,5 Milliarden Euro sollen auf das Nato-Ziel angerechnet werden, womit Italien Trumps Forderung nach höheren Verteidigungsausgaben umgehen könnte.

Kritiker sprechen von "Etikettenschwindel" und warnen vor enormen Kosten, geologischen Risiken und ökologischen Schäden. Befürworter sehen in dem Projekt eine strategische und symbolische Verbindung für Sizilien, die das wirtschaftliche Wachstum der Insel ankurbeln könnte.