Deutschland: IWF glaubt an Wirtschaftswachstum – und fordert Reformen
Der Internationale Währungsfonds IWF traut Deutschland wieder ein stärkeres Wirtschaftswachstum zu. Gleichzeitig müsse die Bundesrepublik einiges tun, um weiterhin zukunftsfähig zu bleiben.
Berlin - Der Internationale Währungsfonds traut Deutschland in den kommenden Jahren wieder deutlich höhere Wachstumsraten zu. Die Wirtschaft sollte im Zeitraum 2025 und 2026 um ein bis 1,5 Prozent zulegen, teilte der IWF am Dienstag in Berlin mit. Im vergangenen Jahr war die hiesige Wirtschaft noch geschrumpft, 2024 wird nur mit einem Plus von 0,2 Prozent gerechnet. Damit ist Deutschland derzeit Schlusslicht unter den größten Industrienationen der Welt.
„Die gute Nachricht ist, dass sich die Wirtschaft erholt“, sagte Kevin Fletcher, Leiter der deutschen IWF-Mission, vor der Presse in Berlin. Auf die Beine helfen dürften ihr deutlich niedrigere Inflationsraten, die wiederum den Konsum ankurbeln könnten. Der IWF verwies auf wieder steigende Reallöhne. Die internationale Finanzorganisation mit Sitz in Washington empfahl der Bundesregierung die Investitionen hochzufahren, etwa in Klimaschutz und Digitalisierung. Auch Bürokratie müsse abgebaut werden. IWF-Experte Fletcher verwies darauf, dass der Grad der Bürokratie in Deutschland höherer Produktivität im Wege stehe.
Für mehr Frauen bei der Arbeit: IWF wünscht sich mehr Kinderbetreuung
Zudem brauche es mehr Kinderbetreuungsplätze, um angesichts des Fachkräftemangels vor allem Frauen stärker in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Der IWF lobte die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP für ihre Antwort auf die ausbleibenden russischen Gaslieferungen – Hilfen für die Verbraucher und das Erschließen neuer Energiequellen. Dies habe geholfen, die Energiepreise wieder zu senken und die Inflation unter Kontrolle zu bringen. Doch müsse sich Deutschland den mittelfristigen Herausforderungen stellen, die mit der alternden Bevölkerung und der grünen Transformation zusammenhingen. Zudem müsse die Produktivität gesteigert werden.
Zu den größten Risiken zählt der IWF noch schärfere politische Konflikte in der Welt wie zuletzt nach dem russischen Angriff auf die Ukraine oder dem wiederaufgeflammten Nahost-Konflikt.
IWF fordert „moderate“ Reform der Schuldenbremse - Ausgabenbedarf nimmt weiter zu
Der IWF sprach sich für eine moderate Reform der strengen Schuldenbremse aus, die dem Bund nur neue Schulden in Höhe von 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung erlaubt. Als Grund wurde auf den großen Investitionsstau verwiesen. Der Ausgabenbedarf werde in den nächsten Jahren noch zunehmen. Die Schuldenbegrenzung könnte um rund einen Prozentpunkt gelockert und die Schuldenquote trotzdem weiter zurückgehen. Es gehe nicht darum, die Schuldenbremse abzuschaffen, betonte Fletcher.
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Nach Ansicht des IWF sollte die Regierung auch in Erwägung ziehen, klimaschädliche Subventionen oder Steuervorteile zu streichen. Eine Reform der Schuldenbremse gilt aber als wenig wahrscheinlich, weil dafür eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig wäre. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner ist in der Ampel-Regierung der größte Gegner einer Reform der Schuldenbremse. In Kreisen seines Ministeriums hieß es am Dienstag, den Empfehlungen zur Schuldenbremse könne man nicht folgen. Dies würde vermutlich die neuen europäischen Schuldenregeln gefährden. „Die Schuldenbremse zu schleifen, birgt auch das Risiko, die gerade erst sinkende Inflation erneut anzuheizen. Höhere Schulden verursachen auch höhere Kosten. Die im Haushalt vorgesehenen Investitionen sind bereits auf Rekordniveau, nicht alle Mittel können aber abfließen.“ Priorität müsse eine Steigerung privater Investitionen haben. (reuters, lf)
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