Im Goldrausch: Warum Italien jubelt – und Deutschland um seine Barren bangt

Italien ist in Goldgräberstimmung. Die Preise für das Edelmetall sind auf Rekordniveau – und das Land sitzt auf einem Schatz: 2452 Tonnen Gold, die in den Tresoren der italienischen Zentralbank lagern. Damit belegt Italien weltweit Platz drei hinter Deutschland und den USA.

Der aktuelle Wert: rund 300 Milliarden US-Dollar – das entspricht etwa 13 Prozent der gesamten italienischen Wirtschaftsleistung. Ein unerwarteter Geldsegen ausgelöst durch den anhaltenden Gold-Boom für ein Land, dessen Banken und Staatsanleihen seit Jahren unter Druck stehen. „Wir sind wieder da!“, jubelte Stefano Caselli, Vorsitzender der Mailänder Wirtschafts-Akademie SDA. Seine Euphorie ist verständlich: Italien hat – anders als Großbritannien oder Spanien – auch in Krisenzeiten nie Gold verkauft. Und das zahlt sich jetzt aus.

Goldreserven weltweit
Goldreserven weltweit: Die USA führen das Ranking an, dicht gefolgt von Deutschland – Italien landet auf dem zweiten Platz. Statista

Deutschland: Zweiter im Gold-Ranking – aber mit gemischten Gefühlen

Deutschland bleibt mit 3351 Tonnen Gold zwar auf Platz zwei der weltweiten Rangliste hinter den USA (8133 Tonnen), doch die Stimmung ist weniger ausgelassen. Rund ein Drittel des deutschen Goldes – 1236 Tonnen – liegt in den Tresoren der Federal Reserve Bank in New York.

Seit dem Erstarken geopolitischer Spannungen und seit Donald Trump wieder US-Präsident ist, wächst das Unbehagen.

Verteilung der Goldreserven der Deutschen Bundesbank auf die einzelnen Lagerorte von 2011 bis 2024
Verteilung der Goldreserven der Deutschen Bundesbank auf die einzelnen Lagerorte von 2011 bis 2024 Statista

„Holt unser Gold heim“

Schon 2012 forderten Politiker und Bürger: „Holt unser Gold heim!“ Damals wurde bekannt, dass der Großteil der deutschen Reserven im Ausland lagert. Die Bundesbank reagierte – und brachte bis 2020 einen großen Teil nach Frankfurt zurück.

Doch nun fordern Stimmen wie Michael Jäger vom Bund der Steuerzahler, die Rückführung konsequent fortzusetzen. Seine Begründung: „Die politische Großwetterlage in den USA hat sich geändert. Präsident Trump ist die Unabhängigkeit der US-Notenbank ein Dorn im Auge.“

Er warnt: Sollte die Fed künftig stärker vom Weißen Haus beeinflusst werden, könnten auch internationale Goldreserven in Gefahr geraten. „Es geht um die uneingeschränkte Verfügung über unser Gold.“

CSU-Politiker erhöht Druck auf Finanzminister Klingbeil

Gemäß dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ sieht CSU-Außenexperte Stephan Mayer jetzt den zuständigen Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) in der Pflicht. Grund: der „substanzielle Vermögenswert des deutschen Goldes in den USA“.

Mayer fordert, Klingbeil solle seine aktuelle USA-Reise gleich nutzen, um das deutsche Gold zu überprüfen. „Lars Klingbeil muss die Frage der Sicherheit des deutschen Goldes zur Chefsache machen, die deutschen Bestände in den Tresoren der Fed jetzt überprüfen. Der Bundesfinanzminister muss den Deutschen die Frage beantworten, ob unser Gold in den USA noch zu jeder Zeit sicher und zu jeder Zeit für uns frei verfügbar ist. Minister Klingbeil hat die Pflicht, jetzt Klarheit zu schaffen“, so der Politiker zu BILD.

Die offizielle Antwort des Bundesrechnungshofs auf Mayers Anfrage fällt nüchtern aus: Für das Jahr 2025 gebe es „zum jetzigen Zeitpunkt keine aktuellen abgeschlossenen Berichte oder Stellungnahmen zu Goldbeständen und deren Lagerung“.

Bundesbank bleibt gelassen – Kritiker fordern Kontrolle

Die Bundesbank sieht keinen Handlungsbedarf. Sprecher Felix Kretz betonte, die Lagerorte seien nach den Kriterien „Sicherheit und Handelbarkeit“ gewählt worden – und die Fed sei „ein verlässlicher Partner“. Regelmäßig prüfe die Bundesbank mit eigenem Team eine Stichprobe der Barren auf Echtheit und Feingehalt.

Kritiker bemängeln jedoch, dass diese Kontrollen nicht spontan, sondern nur nach Anmeldung und mit vorab benannten Barren erfolgen. CDU-Politiker forderten daher intensivere und unangemeldete Prüfungen.

Frankreich ist bereits einen Schritt weiter: Die Banque de France hat ihre Goldreserven vollständig nach Paris geholt – und nutzt sie aktiv auf dem Großhandelsmarkt. Frankreich hat damit Paris als Goldhandelszentrum wieder belebt.

Preis für eine Unze Feingold in London (in US-Dollar) von September 2022 bis September 2025
Preis für eine Unze Feingold in London (in US-Dollar) von September 2022 bis September 2025 Statista

Warum Gold für Staaten so wichtig bleibt

Gold dient als Sicherheitsreserve für Krisenzeiten und als Risikopuffer gegen Schwankungen des US-Dollars. Denn steigt der Dollarkurs, sinkt meist der Goldpreis – und umgekehrt.

Für Anleger bedeutet das: Wer Gold verkauft, erhält zunächst US-Dollar, die dann zum aktuellen Kurs in Euro getauscht werden. Deshalb ist das Edelmetall nicht nur Symbol nationaler Stärke, sondern auch ein Instrument, um wirtschaftliche Schocks abzufedern.

Während Italien weiter im Goldrausch schwelgt, wird in Deutschland über Vertrauen gestritten. Ob es klüger ist, Gold im eigenen Land zu horten oder auf internationale Kooperation zu setzen, bleibt also umstritten. Doch feststeht: Gold ist ein Spiegel nationaler Souveränität.

Weltweite Goldnachfrage von 2010 bis 2024 (in Tonnen)
Weltweite Goldnachfrage von 2010 bis 2024 (in Tonnen) Statista