Stadt verkauft beliebten Campingplatz in Hessen für einen Euro – Camper übernimmt

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Ein neuer Betreiber könnte den Campingplatz Bärensee im Main-Kinzig-Kreis aus der Krise führen. Die Entscheidung fällt in der nächsten Stadtverordnetenversammlung.

Bruchköbel – Die Stadt Bruchköbel will sich vom Campingplatz Bärensee trennen. Das rund 270 000 Quadratmeter große Areal soll für einen symbolischen Preis von einem Euro verkauft werden. Grund für den Symbolpreis ist der hohe Investitionsstau, den die Stadt dem Käufer hinterlassen wird. Dieser wird auf acht bis zehn Millionen Euro geschätzt.

Der Bärensee soll an einen privaten Betreiber verkauft werden. Dies  hat die Stadt Bruchköbel jetzt auf Anfrage unserer Zeitung bestätigt.
Bärensee soll an einen privaten Betreiber verkauft werden. © Axel Haesler

Bereits in der nächsten Stadtverordnetenversammlung am Dienstag, 25. März, wird die Verwaltung dem Parlament eine Beschlussvorlage vorlegen. Stimmen die Stadtverordneten diesem Antrag mehrheitlich zu, soll der Platz zum 1. Januar 2026 an den neuen Besitzer übergehen. Diese Entwicklung sei positiv für alle Beteiligten, erklärt Bürgermeisterin Sylvia Braun (FDP) auf Nachfrage. „Es ist erfreulich, dass der Interessent aus den Reihen der Camper kommt“, so die Bürgermeisterin weiter. Er habe sich bereiterklärt, das Brandschutzkonzept umzusetzen und den Campingbetrieb als Familienunternehmen weiterzuführen.

Käufer von Bärensee hat Betriebskonzept bereits im Magistrat vorgestellt

Der Käufer hat den Informationen zufolge bereits der Eigenbetriebs-Kommission und dem Magistrat sein Betriebskonzept vorgestellt, außerdem gebe es dazu ein Testat eines Wirtschaftsprüfers. „Er kennt die Strukturen und die Menschen vor Ort sehr gut und will seine unternehmerischen Visionen verwirklichen. Wir geben den Campingplatz in gute Hände“, glaubt die Bürgermeisterin. „Für die Camper bedeutet das den von ihnen geforderten Fortbestand des Campingplatzes.“ Die Stadt müsste hingegen keine Steuergelder mehr in eine Aufgabe investieren, die keine kommunale Pflichtaufgabe sei. Als kommunaler Eigenbetrieb dürfe der Campingplatz kein dauerhaftes Zuschussgeschäft sein, so Braun. Angesichts von rund acht bis zehn Millionen Euro, die die Stadt in die Modernisierung des Brandschutzes und der Infrastruktur stecken müsse, sei der nun geplante Verkauf zum symbolischen Kaufpreis von einem Euro an einen Privatunternehmer die beste Lösung.

Die Verkaufsabsichten der Stadt hatten sich abgezeichnet. Bereits zu Jahresbeginn hatte die Bürgermeisterin in einem Interview mit unserer Zeitung nicht ausgeschlossen, den Platz zu veräußern. Sie sagte damals, in Zeiten, in denen Kommunen Schwimmbäder schlössen, weil die kommunalen Haushalte in Schieflage seien, stünden alle freiwilligen Leistungen auf dem Prüfstand.

Campingplatz Bärensee war bisher eine gute Einnahmequelle für Bruchköbel

Der Campingplatz Bärensee mit mehr als 1000 Stellplätzen war viele Jahre lang eine gute Einnahmequelle für die Stadt. Allerdings wurde das Geld offenbar nicht in die Infrastruktur reinvestiert. Seit ein paar Jahren jedoch ist das Areal zu einem Zuschussgeschäft geworden. Der Grund sind steigende Kosten bei stagnierenden Einnahmen. Der Campingplatzes liegt auf Hanauer Gemarkung. Bewirtschaftet wird er jedoch schon seit jeher von der Stadt Bruchköbel.

 bha-20240127_104628.jpgBärensee Bruchköbel Wasserrohrbruch
Der Investitionsstau ist groß am Bärensee: Vor allem müssen Kanäle und Stromleitungen erneuert werden. Im Winter 2023/2024 war der Platz einige Wochen ohne Wasser, weil gleich an mehreren Stellen Wasserrohre gebrochen waren. Die Camper mussten mit Wasser von außen versorgt werden. © privat

Zu einer großen Auseinandersetzung zwischen Stadt und Campern führte 2023 ein Beschluss des Bruchköbeler Stadtparlaments, mit der die sogenannte Nachfolgepachtregelung gestrichen wurde, die den Campern bis dahin ermöglicht hatte, ihre Aufbauten weiterzuverkaufen.  Zudem war eine deutliche Erhöhung der Pacht beschlossen worden. Im Winter 2023/2024 musste der Platz darüber hinaus für mehrere Wochen wegen gleich mehrerer Wasserrohrbrüche geschlossen werden. Dies stellte vor allem Dauercamper auf eine harte Probe. Zwar ist eine ganzjährige Nutzung des Campingplatzes eigentlich nicht erlaubt. Doch ist es ein offenes Geheimnis, dass am Bärensee eine nicht unbeträchtliche Zahl von Menschen das ganze Jahr über lebt.

Campingplatz Bärensee: Mitarbeiter werden von der Stadt übernommen

Die Stadt setzt nun offensichtlich darauf, dass nach den turbulenten Jahren ein neuer Betreiber die Situation auf dem Platz verbessern kann. Er habe durch eine andere Betriebsstruktur und auch durch eine gute Vernetzung auf dem Platz flexible Möglichkeiten, die Umsetzung der notwendigen Maßnahmen anzugehen. Die Bürgermeisterin berichtet, dass „alle wichtigen Informationen, um eine fundierte Entscheidung zu treffen“, der Betriebskommission, der interfraktionellen Arbeitsgruppe, dem Magistrat und nun allen Stadtverordneten zur Verfügung gestellt worden seien. Sie hofft deshalb auf eine breite Mehrheit im städtischen Parlament.

bha-IMG_2115.jpgBärensee BruchköbelCampingplatz
Nicht alle Parzellen sind so gut in Schuss wie diese: Auf dem Platz befinden sich viele Behausungen in einem bedenklichen Zustand. Offen ist, ob die Aufbauten unter einem neuen Besitzer weiterverkauft werden dürfen, wie es viele Jahre Praxis war. © Weber-stoppacher, Holger

Die Mitarbeiter der Stadt Bruchköbel, die seit Jahren auf dem Campingplatz arbeiten, sollen von der Stadt übernommen und in anderen Bereichen eingesetzt werden. Auch sämtliche Fahrzeuge und Gerätschaften sollen im Eigentum der Kommune verbleiben, wie unsere Zeitung erfuhr. (Holger Weber-Stoppacher)

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