Nach zwei Perioden im Moosburger Stadtrat drückt Jörg Kästl ab 2026 auf Pause. Obwohl er ÖDP-Einzelkämpfer war, verliert das Gremium mit ihm ein verbindendes Element.
Moosburg – Dass Jörg Kästl diszipliniert auf Ziele hinarbeitet, bewies er schon vor seinem Einzug in den Moosburger Stadtrat 2014: Um als ÖDP-Kandidat wählbar zu sein, stand er tagelang bei Wind und Wetter vor dem Rathaus und sammelte die nötigen Unterstützerunterschriften – mit Erfolg. Seine Wahl zum Bürgermeister schlug dann zwar fehl, immerhin fast jeder achte Moosburger wollten den Krankenkassenfachwirt aber letztlich im Stadtrat mitbestimmen lassen. Nach zwei Amtsperioden ist für den Mann, der bald seit drei Jahrzehnten mit Herzblut in kommunalen Ämtern aktiv ist, nun jedoch erst einmal Schluss.
Er habe lange überlegt, erklärt Kästl im Gespräch mit unserer Zeitung. „Aber ich musste die Reißleine ziehen: Zum einen habe ich mich beruflich verändert, ich bin bei der AOK nun stark verantwortlich für die Einarbeitung neuer Leute. Zum anderen gibt es auch privat Veränderungen.“ Das Stadtratsehrenamt sei „schon mit Arbeit verbunden“, betont der 55-Jährige. Aktuell kümmert sich der Finanzreferent des Gremiums parallel zu regulären Sitzungen noch mit Moosburgs Kämmerer um die Aufstellung des Haushalts der hochverschuldeten Stadt. Auch der Wahlkampf sei wegen der bunten politischen Landschaft sehr zeitintensiv.
Und dann ist laut Kästl auch noch das „Kernteam“ der Moosburger ÖDP zusammengeschmolzen: Die „fleißige Mitstreiterin“ Daniela Stangl sei nach Mauern gezogen. Dirk Schröder, der mit Kästl das Herzstück der bisherigen Liste bildete, stehe in dieser Konstellation auch nicht mehr zur Verfügung. „Nach reiflicher Überlegung hat er sich entschlossen, auf der Stadtratsliste der Freien Wähler für die anstehende Wahl aktiv zu werden“, teilten Kästl und Schröder in einer Pressemitteilung mit. „Aus [Schröders] Sicht passt das gut zusammen. Seine Schwerpunkte wie den Moosburger Bahnhof, die Digitalisierung und die Barrierefreiheit kann er dort sehr gut einbringen.“ Schröder rangiert bei den FW auf Listenplatz 5. Laut Kästl habe es kein Zerwürfnis gegeben, Schröder lobt er als Teamplayer.
Als alleiniger ÖDP-Stadtrat war Kästl in beiden Amtsperioden auf dem Papier zwar Einzelkämpfer. In der Realität gelang es ihm allerdings, durch regen Austausch mit anderen Räten seinen Themen Gehör zu verschaffen und mit fraktionsübergreifenden Anträgen aktiv mitzugestalten. Anders als mancher Konkurrent machte Kästl dabei regelmäßig seine Standpunkte klar. Seine Reden waren stets geprägt von Respekt, Höflichkeit und Sachlichkeit, was gerade in scharfen Debatten herausstach. Nicht selten waren es Kästls konstruktive Änderungs- oder Vertagungsanträge, die aus verfahrenen Diskussionen heraushalfen. In den jüngsten Monaten sei das Arbeitsklima im Stadtrat aber ohnehin „von sehr viel Zusammenarbeit“ geprägt gewesen, sagt Kästl. Eine Ausnahme bilde „die blaue Alternative“, mit der er „aus grundsätzlichen und inhaltlichen Erwägungen“ nicht zusammenarbeite.
Gemeinsame Sache für die Stadtratswahl: In Freisings ÖDP steckt jetzt auch VOLT
Sie bezeichnen es selbst als „kleinen Paukenschlag in der Freisinger Kommunalpolitik“: Die ÖDP und VOLT treten am 8. März 2026 mit einer gemeinsamen Liste an.
Auf die Frage nach politischen Erfolgen erinnert Kästl zuerst daran, „dass die ÖDP die erfolgreichste außerparlamentarische Opposition ist“. Die Partei initiierte die Volksentscheide zur Abschaffung des Senats, zum Rauchverbot in der Gastronomie und zum Schutz der Artenvielfalt (“Rettet die Bienen“). Auf Stadtebene ist er unter anderem stolz darauf, dass man als Rat gemeinsam mit der Stadt den Hallenbadbau gestemmt habe. Schwierig sei gerade für ihn als Finanzreferent dabei der Spagat gewesen zwischen Notwendigkeit und Finanzierbarkeit. „Vor dem Hintergrund der Finanzen habe ich nicht immer zugestimmt.“ Gleichzeitig könne man „die Gestaltung einer Kleinstadt nicht nur auf Pflichtaufgaben zurückfahren, man muss auch das Gemeinwohl fördern“.
Und ist für Jörg Kästl ein Comeback im Stadtrat denkbar? Er sagt: „Das will ich mir offenhalten.“