Neue Regelung für Passfotos: Fotografen sorgen sich um ihre Existenz

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Geretsried-Wolfratshausen
  4. Geretsried

Kommentare

Einbuße: Simone Boll fürchtet, dass vielen Fotografen mit Einführung der neuen, geforderten Passbildtechnik ein großer Umsatzposten wegbricht. Die Geretsriederin selbst bietet den Service an. © Sabine Hermsdorf-Hiss

Ab Mai müssen Passfotos digital eingereicht werden, um Manipulationen zu verhindern. Die Umstellung löst bei einigen Fotografen Existenzängste aus. Städte und Gemeinden prüfen derzeit, ob sie eigene Geräte anschaffen.

Geretsried/Bad Tölz-Wolfratshausen – Wer ab Mai einen Personalausweis oder Reisepass beantragt, kann die dafür erforderlichen Fotos nicht mehr wie bisher üblich in Papierform vorlegen. Hintergrund ist eine Änderung des Personalausweisgesetzes, die einer Manipulation von Passbildern entgegenwirken soll. Denn mithilfe des sogenannten Morphing lassen sich zum Beispiel mehrere Gesichter zu einem verschmelzen. Ab 1. Mai können die Passbilder daher nur noch in digitaler Form beim jeweiligen Einwohnermeldeamt beigebracht werden.

Das geht entweder über zertifizierte Fotostudios und Dienstleister, die über ein sicheres Verfahren die Fotos an die Ausweisbehörden übermitteln, oder die Rathäuser halten selbst eine entsprechende Technik bereit. Damit könnte jeder auch direkt im Passamt beim Beantragen des Ausweises ein Foto von sich anfertigen lassen. Eine Abfrage unserer Zeitung hat ergeben, dass die meisten Städte und Gemeinden ein entsprechendes Gerät anschaffen wollen, um den Service vor Ort anzubieten.

Aktuelle Nachrichten aus Geretsried lesen Sie hier.

Passfotos ein erheblicher Teil des Umsatzes

Bei einigen Fotografen löst das allerdings Existenzängste aus. Simone Boll betreibt seit 17 Jahren ein Fotostudio in Geretsried. Neben Porträts, Familienaufnahmen und Hochzeitsfotos seien die Ausweisbilder ein großer Posten, sagt sie. „Ohne Pass- und Businessbilder würde mir ein erheblicher Teil meines Umsatzes wegbrechen.“ Die Geretsriederin hat sich bereits ein Gerät zum Anfertigen der neuen E-Passfotos angeschafft und bietet als zertifiziertes Fotostudio die ab 1. Mai erforderliche digitale Variante an. Dabei, so Boll, sei es wichtig zu wissen, dass sie deutschlandweit an alle Einwohnermeldeämter die Fotos senden könne, also auch Bürger aus anderen Kommunen zu ihr kommen könnten.

Ihrer Meinung nach stehen nun die Städte und Gemeinden in der Verantwortung. Sie appelliert an die Rathäuser, das Gespräch mit den Fotografen zu suchen. Sie selbst habe bereits mit Bürgermeister Michael Müller geredet und ihn gebeten, dass das Passamt den Kunden ihr Fotostudio empfehle. Ein weiteres, das Passbilder erstellt, gibt es ihren Worten zufolge nicht in Geretsried. Man könne die digitalen Bilder wohl künftig auch im Drogeriemarkt dm anfertigen lassen. Müllers Antwort habe gelautet, die städtischen Mitarbeiter dürften keine Empfehlungen aussprechen.

Münsing leiht sich Apparat von der Bundesdruckerei

Nach Auskunft von Rathaus-Pressesprecher Thomas Loibl wird in der Verwaltung noch geprüft, ob man einen eigenen Passbildautomaten anschafft oder mit zertifizierten Partnern zusammenarbeitet. „Sobald wir uns für ein Verfahren entschieden haben, werden wir auf der städtischen Website über das neue Angebot informieren“, kündigt Loibl an. Im neuen, modernen Münsinger Rathaus hat man sich laut Anita Naß vom Einwohnermeldeamt dazu entschlossen, ein Gerät von der Bundesdruckerei auszuleihen. Die Gemeinde sei bereits im Besitz eines Fingerabdruck-Scanners von der Bundesdruckerei, und der funktioniere gut. „Uns Mitarbeitern wurde in einem Film gezeigt, wie der Passbildautomat zu bedienen ist. Anfang März soll er installiert werden“, so Naß.

Gerät von der Bundesdruckerei ausleihen

Egling wird nach Auskunft von Rathausmitarbeiterin Johanna Deißer ebenso einen Apparat bekommen wie Icking. Kristina Schumacher vom dortigen Einwohnermeldeamt ist nicht begeistert, die Rathaus-Kunden ab Mai in das Gerät einweisen zu müssen. „Ich bin keine Fotografin, und bei Babys wird das sicher nicht so einfach“, sagt sie. 

Auch die Stadt Wolfratshausen arbeitet mit der Bundesdruckerei zusammen. Aus System-Kompatibilitätsgründen, so erklärt Hubert Bernwieser vom Meldeamt, werde man ein Passfoto-Gerät von der Druckerei ausleihen, von der man bereits mehrere Geräte habe. Es handle sich um einen „Tischaufsteller“. Mit der neuen Technik müssten sich die Mitarbeiter dann erst einmal befassen. Ihm sei bewusst, dass sich viele Fotostudios um ihre Zukunft sorgten. „Ich bin mir aber sicher, dass die schon auch ihr Geschäft machen werden.“ Gerade Senioren, die nicht so technikaffin seien, würden wohl nach wie vor lieber in ein Fotoatelier gehen. Auch mit Babys und Kleinkindern sei dies womöglich einfacher. Wer Wert auf ein „schönes Bild“ lege, werde ebenfalls eher einen professionellen Fotografen aufsuchen. Darauf hofft Simone Boll: „Den Service eines Fotostudios werden die Rathäuser wohl nicht bieten können.“ 

(Unser Wolfratshausen-Geretsried-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.)

Kommunen im Süden wollen Geräte anbieten

Im südlichen Landkreis planen die Stadt Bad Tölz, die Gemeinde Lenggries sowie Reichersbeuern, Gaißach, Bad Heilbrunn, Kochel und Benediktbeuern, eigene Geräte anzubieten. Außer im Fotoatelier lassen bisher auch viele Menschen ihre Passbilder im Drogeriemarkt „dm“ anfertigen. „Wir setzen uns seit vergangenem Jahr für eine Lösung zur Umsetzung der neuen Richtlinie ein“, heißt es aus der Pressestelle des Unternehmens. „Und wir werden auch nach Mai weiterhin unseren Passbildservice in den dm-Märkten anbieten.“ von Tanja Lühr

Auch interessant

Kommentare