Arzt spricht von Tsunami: Dramatische Grippewelle ist auf dem Höhepunkt – „viel intensiver und ziemlich böse“
In den Arztpraxen und Kliniken gibt es viele Fälle von Influenza. Die Grippe verläuft schwerer als sonst. Erkrankte sind oft drei bis vier Tage platt.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Wenn man gerade nicht selbst flach liegt, bekommt man es im Bekanntenkreis, am Arbeitsplatz oder im Klassenzimmer mit: In der Region ist die Grippewelle gerade auf dem Höhepunkt. Nach Zahlen des Tölzer Gesundheitsamts bewegt sich die Zahl der Infektionen auf einem ähnlichen Niveau wie im Vorjahr.
Alle Nachrichten aus Wolfratshausen lesen Sie hier.
Es ist die typische Entwicklung um diese Jahreszeit: „Wir behandeln gerade sehr viele Fälle von Influenza A und B“, berichtet der Tölzer Hausarzt Dr. Matthias Bohnenberger. „Man könnte es auch Tsunami nennen“, sagt Dr. Jörg Lohse, Arzt in der Gemeinschaftspraxis Münsing. „Im Vergleich zu sonst, ist die Grippe viel intensiver. Sie ist ziemlich böse.“
Fast wie aus dem Nichts schlägt sie zu. Lohse: „Dann ist drei bis vier Tage der Stecker draußen.“ Die Betroffenen haben neben den typischen Erkältungssymptomen wie Schnupfen häufig mit Kopfschmerzen, Gliederschmerzen und Energieverlust zu kämpfen. Was er zurzeit ebenfalls beobachtet: „Nach der Grippe kommt noch etwas hinterher, wie beispielsweise eine Mittelohrentzündung.“ Inzwischen sei der Höhepunkt jedoch überschritten, die Welle flache wieder ab.
In der Schule flacht die Welle ab
Das macht sich auch an der Grundschule Icking bemerkbar. „Die Zahl der Krankmeldungen der Kinder hat sich seit letzter Woche schon mehr als halbiert“, berichtet die Sekretärin Constanze Fuhrmann. Personelle Ausfälle gibt es am Geretsrieder Gymnasium. Schulleiter Thomas Wendl: „Das ist aber nicht dramatisch und führt schulseitig zu keinen organisatorischen Veränderungen.“ Die Vertretung der erkrankten Lehrer finde so statt, wie es das Konzept vorsehe.
Nach den Worten von Prof. Hans Ulrich Kreider-Stempfle, Chefarzt der Inneren Medizin an der Asklepios-Stadtklinik in Bad Tölz, ist die lokale Grippewelle aktuell „ein bisschen verspätet auf dem Peak“, also dem Höhepunkt. Und sie sei „ziemlich stark“. Gemessen an den Fällen, die in der Klinik landen, „ist es deutlich mehr als in den vergangenen beiden Jahren“, so sein Eindruck. Von den Infektionskrankheiten, die zurzeit im Krankenhaus behandelt werden, mache die Influenza rund 80 Prozent der Fälle aus. In der Asklepios-Lungenklinik in Gauting, wo Kreider-Stempfle ebenfalls tätig ist, gilt wegen der hohen Zahl von Influenza-Fällen für Besucher wieder Maskenpflicht.
Einige Influenza-Patienten müssen in der Klinik behandelt werden
Ein Fall für die Klinik kann Influenza insbesondere bei älteren und immungeschwächten Patienten werden, so Kreider-Stempfle – „wenn sie sehr geschwächt sind, nicht mehr richtig Luft bekommen, einen hohen Flüssigkeitsverlust haben oder es zu Bewusstseinseintrübungen kommt“.
Meine News
In einem frühen Stadium sei es je nach Einzelfall noch möglich, das antivirale Medikament Tamiflu zu verabreichen. Ansonsten bestehe die Behandlung vor allem darin, die Patienten mit genügend Flüssigkeit zu versorgen, das Fieber zu senken, Sauerstoff zuzuführen oder den Kreislauf zu stabilisieren, „damit das eigene Immunsystem arbeiten kann“. Im Fall einer bakteriellen Lungenentzündung als Begleiterkrankung könne die Gabe von Antibiotika angezeigt sein. „Im Regelfall ist die Grippe in den Griff zu bekommen“, sagt Kreider-Stempfle.
Aktuelle Nachrichten aus der Region Wolfratshausen/Geretsried lesen Sie hier
Corona dagegen spielt dem Tölzer Chefarzt zufolge im Klinikalltag keine so große Rolle mehr. „Da haben wir nur noch vereinzelte Fälle und nicht mehr in so starker Ausprägung“, so Kreider-Stempfle. Dies liege darin, dass mittlerweile viele Menschen geimpft seien.
Seit Weihnachten erkrankten über 300 Menschen
Zahlen des Tölzer Gesundheitsamts legt Landratsamts-Sprecherin Marlis Peischer vor. Diese gelten für den Zeitraum zwischen der Kalenderwoche 52 – also ungefähr seit Weihnachten 2024 – bis zur Kalenderwoche 6 (vergangene Woche). 2023 wurden in dieser Zeitspanne 141 Influenza-Fälle im Landkreis gemeldet, 2024 waren es 376 und heuer 325 (bis 5. Februar). Als wie stark die diesjährige Grippewelle einzustufen ist, lasse sich aber erst nach Ende der Saison beurteilen, so Peischer.
Nur noch wenige Meldungen gingen im Gesundheitsamt zu Corona-Infektionen ein. Im genannten Zeitraum waren es laut Peischer 44 – gegenüber 440 im Vorjahr und 1628 im Jahr 2023. Die Zahlen sind aber schwer vergleichbar, da 2023 noch viel getestet wurde beziehungsweise werden musste.
Uns gibt's auch auf Instagram! Unter „MerkurWolfratshausenGeretsried“ finden Sie immer die spannendsten Geschichten aus unserer Region.
Unter den Erregern von Atemwegserkrankungen spielt auch noch der Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) eine Rolle – heuer aber offenbar weniger stark als im Vorjahr. Hier registrierte das Gesundheitsamt 2023 in der genannten Zeitspanne 23 Meldungen, im Jahr darauf 60 und heuer nur 11.