Stiefenhofen: Allgäuer Gedächtnis-Weltrekordler gibt Tipps für den Alltag
„Früher konnte ich mir kaum etwas merken“, sagt Fabian Saal lachend, „heute kann ich von der Zahl Pi die ersten hundert Stellen nach dem Komma fehlerfrei aufsagen!
Stiefenhofen – Und zwar nicht einfach hintereinander, sondern in zufälliger Reihenfolge: „Das habe ich bei meinem Weltrekord in weniger als 36 Sekunden geschafft!“ Auch 180 Farben in 45 Viererkombinationen kann sich der 37-jährige Mediziner problemlos merken. Er ist zweifacher Gedächtnis-Weltrekordler und sagt: „Jeder kann mit bestimmten Techniken sein Gedächtnis verbessern.“
Vergesslichkeit betrifft jeden
Das kennt jeder von uns: Man vergisst seine PIN-Nummer für Konto oder Laptop-Zugang, hat den Namen alter Freunde oder neuer Geschäftspartner nicht mehr parat oder ärgert sich, weil man beim Einkaufen ohne wichtige Lebensmittel nach Hause zurückgekommen ist. Vergesslichkeit betrifft jeden. Fabian Saal hat etwas dagegen, er hat sich Techniken angeeignet, mit denen er sich die ausgefallensten Zahlen, Namen, Begebenheiten oder Fakten merken kann. Auslöser dafür war die Tatsache, dass er selbst als Schüler und Student Schwierigkeiten hatte, sich etwas zu merken. „Da habe ich angefangen, mein Gedächtnis zu trainieren und entsprechende Lerntechniken zu nutzen.“ Mit verblüffend schnellem Erfolg: „Nach etwa einer Woche konnte ich schon 50 Ziffern fehlerfrei aus meinem Kopf holen!“
Saal wendet vor allem Techniken an, die auf der Umwandlung von Zahlen und Namen in Bilder beruhen. Diese Bilder sollten möglichst ausgefallen sein: „Je skurriler sie sind, desto leichter merkt man sie sich.“ Und man legt diese Bilder nach der sogenannten „Loci-Methode“(Locus heißt auf Deutsch Ort) in „Gedächtnispalästen“ ab: „Das kann meine Wohnung sein, in der Küche lege ich Bilder zu einem Thema ab, im Wohnzimmer dann die zum nächsten und so weiter.“ Benötigt man die so abgespeicherten Zahlen, Namen oder Fakten, startet man gewissermaßen eine virtuelle Tour durch den Palast und kann sie abrufen.
Ohne die nötige Fantasie und Vorstellungskraft geht also beim Gedächtnistraining wenig voran. „Ich kann Sie beruhigen“, erzählt der gebürtige Unterfranke mit Wohnsitz im Raum Stiefenhofen bei Oberstaufen, „die Fantasie bringen von 100 Menschen 99 auf. Das kann also praktisch jeder.“
Visualisierung als Schlüssel
Neulich ist Saal in einer Fernsehshow gegen drei Promis angetreten. Er musste sich unter anderem unzählige Namen auf riesigen Klingelschildern merken, sollte Zahlen- und Farbkombinationen fehlerfrei wiedergeben. Um sich das alles einzuprägen hatte er nur wenige Sekunden Zeit: „Die Zeitknappheit macht den größten Stress“, stellt Saal fest, „das Merken ist nicht wirklich ein Problem.“ Dank seiner inzwischen erlangten Routine und Schnelligkeit konnte er die drei bekannten Gegenspieler Tim Mälzer (Koch), Elton (TV-Moderator) und Knossi (Youtuber) besiegen. „Man muss alles visualisieren, das ist entscheidend“, weiß der zweifache Gedächtnisrekordler. Also zum Beispiel den PIN-Code 1578 in folgende Bilder umsetzen: „1 = Gewehr, wegen der Form. 5 = fünf Finger einer Hand. 7 = die sieben Zwerge. 8 = Achterbahn“. Eine Eselsbrücke aus Bildern, abgelegt an vertrauten Orten. Das kann auch der Geldautomat sein, an dem man regelmäßig sein Bargeld zieht. Übrigens – die besten Gedächtnissportler der Welt kommen derzeit aus der Mongolei, China und Südkorea.
Fabian Saal hilft nun anderen
Nach den positiven Erfahrungen im persönlichen Bereich hat sich Saal entschlossen, damit sein Geld zu verdienen. So coacht er Schüler, Studenten und Berufstätige. Vor allem produziert er Merk-Videos für Medizinstudenten, die ihm aufgrund seiner Ausbildung besonders am Herzen liegen: „Medizin ist ein komplexes Studium mit wahnsinnig vielen Fakten, da hilft es sehr, das Gedächtnis zu trainieren.“ Daneben bietet er zusammen mit seiner Frau einen Gedächtniskurs für jedermann an – vergessene PINs, Namen und Lebensmittel müssen nicht sein, meint er. Dass die Menschen immer vergesslicher werden, das kann er nicht bestätigen. Allerdings fällt ihm auf, dass die Aufmerksamkeitsspanne immer kürzer wird: „Statt am Handy rumzuspielen, könnten wir ja unser Gedächtnis trainieren.“ Vielleicht wird dafür auch das Thema Demenz eines Tages relevant. Mediziner Saal kann sich das gut vorstellen. Vermutlich hat er diesen Komplex bereits mit irgendeinem skurrilen Bild in seinem Kopf abgelegt …
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