Deutsche Energiekonzerne fordern „Mondpreise“ von Verbrauchern: 973 Euro für einen neuen Stromzähler

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Seit Jahresbeginn sollen in Deutschland Haushalte mit neuen Stromzählern ausgestattet werden. Das ist ein wichtiger Baustein für die Energiewende. Doch die Messstellenbetreiber stellen sich quer.

München – Die deutsche Energiewende hakt an einer zentralen Stelle: Das Land hat es versäumt, mit den Nachbarn Schritt zu halten und die intelligenten Stromzähler, sogenannte Smart Meter, einzubauen. Während in anderen EU-Ländern schon zum Teil 90 Prozent der Haushalte mit diesen Geräten ausgestattet sind, haben hierzulande gerade mal zwei Prozent der Gebäude einen Smart Meter. Damit bleiben wichtige Vorteile der Energiewende, zum Beispiel durch flexibles Laden eines Elektroautos, für die meisten Haushalte ausgeschlossen.

Smart Meter werden für alle Haushalte nach und nach Pflicht: Solar-Besitzer müssen als erstes ran

Das soll sich jetzt aber ändern – zumindest nach dem Willen der Regierung. Seit 1. Januar 2025 müssen bestimmte Haushalte schrittweise mit intelligenten Stromzählern ausgestattet werden. Ein entsprechendes Gesetz hat der Bundestag am 31. Januar final verabschiedet. Bis spätestens 2032 sollen alle Haushalte mit Smart Metern ausgestattet werden. Zuerst sollen die Haushalte dran sein, die eine PV-Anlage haben oder eine andere steuerbare Einrichtung wie ein E-Auto oder eine Wärmepumpe nutzen.

Die Regierung hat auch beschlossen, dass es für die Smart Meter eine Preisobergrenze geben muss. Für Haushalte, die freiwillig einen intelligenten Stromzähler installieren lassen möchten, dürfen höchstens 100 Euro gefordert werden. Dazu gibt es noch eine jährlich zu entrichtende Grundgebühr, die je nach Stromverbrauch variiert.

Netzbetreiber verlangen absurde Preise für Smart Meter: Bis zu 973 Euro pro Einbau

Doch wie IPPEN.MEDIA nun erfahren hat, halten sich die zuständigen Messstellenbetreiber offenbar nicht an diese Preisobergrenzen. Eine Liste von Netzbetreibern, die von den Energieanbietern Tibber und Rabot Energy zusammengestellt wurde, zeigt Preise von teilweise über 900 Euro pro Smart Meter. Das ist der Preis, den das Westnetz in Nordrhein-Westfalen abruft (zwischen 112 und 973 Euro liegt der Preis). Das Westnetz versorgt 10,2 Prozent der deutschen Haushalte.

Smart-Meter-Gateway zur Übertragung der Daten von digitalen Stromzählern
Ein Smart-Meter-Gateway zur Übertragung der Daten von digitalen Stromzählern. © Markus Scholz/dpa

Folgende Netzbetreiber verlangen laut dieser Liste Preise über die vorgeschriebenen 100 Euro:

  • Westnetz GmbH: 112 bis 973 Euro
  • Bayernwerk GmbH: 148 bis 889 Euro
  • Netze BW GmbH: 115 Euro
  • Mitteldeutsche Netzgesellschaft: 105 bis 883 Euro
  • EDIS Netz GmbH: 111 bis 826 Euro
  • Avacon Netz GmbH: 111 bis 608 Euro
  • Syna GmbH: 117 bis 861 Euro
  • Schleswig-Holstein Netz AG: 111 bis 927 Euro
  • N-ERGIE Netz GmbH: 142 bis 580 Euro
  • LEW Verteilnetz GmbH: 105 Euro bis 825 Euro
  • e-netz Südhessen AG: 128 Euro
  • NRM Netzdienste Rhein-Main GmbH: 120 bis 521 Euro
  • Dortmunder Netz GmbH: 116 Euro
  • Stuttgart Netze GmbH: 116 Euro
  • Netz Leipzig GmbH: 155 bis 865 Euro
  • Pfalzwerke Netz AG: 133 Euro
  • ELE Verteilnetz GmbH: 114 bis 869 Euro
  • ED Netze GmbH: 117 Euro
  • energis-Netzgesellschaft mbH: 110 bis 881 Euro

Exorbitante Preise für Smart Meter: Zwei Betreiber werden abgemahnt

Einige Anbieter von dieser Liste haben nun eine Abmahnung bekommen. Wie die Smart-Meter-Initiative in einer Mitteilung schreibt, habe Stromanbieter Tibber an das Bayernwerk Netz eine Abmahnung geschickt, Rabot Energy hat LEW Verteilnetz GmbH abgemahnt. Sie werfen den Netzbetreibern vor, „bewusst unverhältnismäßig hohe Preise für den Einbau eines Smart Meter auf Kundenwunsch aufzurufen“ und dadurch „absichtlich“ den Einbau der Smart Meter auszubremsen.

„Es kann nicht sein, dass Verbraucher und Verbraucherinnen für den Einbau eines Smart Meters ein Vielfaches der gesetzlich vorgesehenen Kosten zahlen sollen. Diese überzogenen Preise verhindern den Zugang zu smarten und dynamischen Stromtarifen und stehen im Widerspruch zum Ziel einer bezahlbaren, digitalen Energiewende, die von den Kunden und Kundinnen getragen wird“, sagt Jan Rabe, Gründer und CEO von Rabot Energy laut Mitteilung.

In der Vergangenheit hat auch die Verbraucherzentrale höhere Preise für Smart Meter scharf kritisiert. „Den privaten Haushalten wird nicht nur der Zugang zu dynamischen Stromtarifen erschwert, sondern in der Folge auch der Überblick über den eigenen Stromverbrauch. Es braucht daher Maßnahmen, die dieser Verbrauchergruppe eine kostengünstige und sichere Teilhabe an der Energiewende ermöglicht“, sagte Tom Janneck, Leiter Energie und Bauen bei der Verbraucherzentrale Bundesverband, noch Ende Januar.

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