„Schon glaubwürdig“ – Trumps USA wohl auf verdeckter Mission in Grönland: Zwischen Irrwitz und Sorge

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Sogar der dänische Inlandsgeheimdienst warnt: Die USA operieren offenbar im Stillen auf Grönland. Experte Tobias Etzold hält das für plausibel.

Erstaunlich wenig war zuletzt zu hören von Donald Trumps Ambitionen auf Übernahme Grönlands. Anlass zur Entspannung ist das nach Ansicht von Sicherheitskreisen in Dänemark – zu dem die arktische Insel völkerrechtlich gehört – aber nicht. Unter Berufung auf gleich acht anonym zitierte Offizielle berichtete der dänische Rundfunk DR am Mittwoch: Die USA führten weiter eine Operation zur „Infiltrierung“ und „Beeinflussung“ auf Grönland durch. Der Inlandsgeheimdienst PET bestätigte auch offiziell Kenntnis über „Kampagnen der Einflussnahme verschiedener Art“. Kopenhagen bestellte den US-Botschaftsleiter ein.

Donald Trump vor dem Panorama von Grönlands Hauptstadt Nuuk. (Montage)
„Go north“: Donald Trump vor dem Panorama von Grönlands Hauptstadt Nuuk. (Montage) © Steven Heap/Zoonar/Aaron Schwartz/Pool/CNP/MediaPunch/Imago

Agentengeschichten aus dem höchsten Norden kursieren spätestens, seit Trump verkündete, die USA würden Grönland schon bekommen, auf die eine oder die andere Weise. Ein Ex-US-Militär schilderte im Mai gar Indizien für eine mögliche Invasion. An diese maximale Eskalation glauben die Quellen von DR derzeit nicht. Und doch wirft der Bericht teils äußerst unangenehme Fragen auf. Das Kolportierte schillert zwischen Realsatire und möglicherweise ebenfalls sehr realem Grusel. Nordeuropa-Experte Tobias Etzold hält den Bericht dabei auch angesichts von Statements von PET und dänischer Politiker für durchaus glaubwürdig, wie er dem Münchner Merkur von IPPEN.MEDIA sagt. Etzold sieht Dänemark im Dilemma.

Trumps Griff nach Grönland: „Der logische nächste Schritt“

Das Ziel der US-Tätigkeit auf der Insel lautet DRs Informationen aus „zentralen Regierungs- und Behördenquellen“ zufolge: in Grönlands Gesellschaft einzudringen und Spaltung im Verhältnis zu Dänemark zu säen. Mindestens drei US-Amerikaner seien weiter auf Grönland tätig, heißt es. Eine der Personen gehöre zum engeren Umfeld Trumps, legt der Bericht nahe. Sie sei oft mit dem US-Präsidenten gesehen worden.

Eher in den Bereich des Skurrilen gehört, dass US-Leute auf Grönland angeblich gegen Dänemark in Stellung zu bringendes Material sammeln. Dabei sind sie laut DR (wenig überraschend) auf gravierende historische Verfehlungen der einstigen Kolonialmacht gestoßen. Etwa auf den Umstand, dass dänische Ärzte Inuit-Frauen in den 60er- und 70er-Jahren ohne deren Zustimmung, aber mit Kenntnis Kopenhagens Spiralen zur dauerhaften Verhütung eingesetzt haben sollen. Ein Skandal – der derzeit aber ganz offiziell aufgearbeitet wird. Trumps Leute hätten auch googeln können.

Gravierendere Sorgen könnte auslösen, dass die Akteure dem Sender zufolge etwa auch Namenslisten anfertigen – unter anderem von mutmaßlichen Gegnern Trumps auf der Insel. Angesichts all dieser Aktivitäten könnte es sich aktuell um „die Ruhe vor der Sturm“ handeln, sagte eine der zitierten Quelle. Das scheint nicht undenkbar: Sollte etwas an dem Bericht dran sein, dann könnte die Mission für die USA „der logische nächste Schritt sein“, sagt Politologe Etzold unserer Redaktion. Eine „Charmeoffensive“ Trumps hatten die Grönländer im Frühjahr auch an den Wahlurnen abgelehnt. „Jetzt wird womöglich ein wenig subtiler und sogar mit Geheimdienst-Methoden gearbeitet.“

Trumps „Charmeoffensive“ in Grönland zündete nicht – Dänemark steckt dennoch im Dilemma

Zu Jahresanfang waren US-Delegationen – unter anderem mit Donald Trump jr. – nach Grönland gereist. „Man hat Menschen zum Essen eingeladen, man hat versucht, sie davon zu überzeugen, dass sie bei den USA besser aufgehoben sind“, erinnert Etzold. Auch Gerüchte und Narrative zu Ungunsten Kopenhagens seien gestreut worden. Für die gebe es angesichts des nicht konfliktfreien Verhältnisses auch durchaus Ansatzpunkte. Ohnehin strebt das in vielen Bereichen bereits autonome Grönland nach vollständiger Unabhängigkeit. Aktuell braucht es allerdings weiter Finanzspritzen aus Kopenhagen.

„Aber mein Eindruck ist eher gewesen, dass diese Versuche der USA Dänemark und Grönland enger zusammengebracht haben, dass man wieder mehr miteinander spricht und gemeinsam Strategien entwickelt“, sagt Etzold. Bei der Parlamentswahl im März gewannen vor allem Parteien, die vorsichtig und auf längere Sicht eine Unabhängigkeit von Dänemark anstreben. Die schärfer separatistische Partei Naleraq – in der es auch US-freundliche Stimmen gibt, wie Etzold betont – wurde nicht Teil der Regierung.

Aus Sicht des Experten ist die dänische Regierung dennoch in einer schwierigen Lage. „Man braucht die USA als Sicherheitspartner, gerade auch in der Arktis. Auf der anderen Seite muss man klarmachen, dass gewisse Dinge nicht gehen; dass territoriale Integrität und das Völkerrecht gelten.“ Gegenüber Grönland wolle die Regierung von Sozialdemokratin Mette Frederiksen zu starke Einmischung vermeiden. Zumal Grönland Autonomie auch in Sachen innerer Sicherheit besitze – und dennoch auf Erfahrung und personelle Stärke von Geheimdienst und Behörden in Dänemark angewiesen sei.

Trump bleibt bei Grönland hartnäckig: Rohstoffe, Militär – und mangelnde Kenntnis?

Bleibt die Frage, warum der oft sprunghafte Trump das Thema Grönland augenscheinlich so hartnäckig verfolgt. Es gehe wohl um Rohstoffe und um Sicherheitsaspekte, sagt Etzold. Auf beiden Feldern gibt es aber gewisse Widersinnigkeiten.

Wahr ist: Die Insel liegt an einer strategisch wichtigen Stelle, wie auch Experte Michael Paul IPPEN.MEDIA erläuterte. Die USA besitzen aber bereits eine Basis. „Man hat ein bisschen den Eindruck, dass Trump und die Seinen nicht ganz im Bilde sind“, urteilt Etzold. So sei auch ein Sicherheitsabkommen nach wie vor gültig; sowohl Dänemark als auch die Grönländer hätten wohl nichts gegen eine freundschaftliche Kooperation mit dem Nato-Partner USA auf diesem Feld.

Und auch wirtschaftlich sei Grönland sehr offen für Kooperation auf Augenhöhe. Trump renne in dieser Hinsicht offene Türen ein, sagte Paul. „Man ist eigentlich froh über Investitionen, die nicht nur aus China kommen“, betont auch Etzold. „Aber man möchte eben nicht wieder abhängig werden, sondern vielfältige Beziehungen pflegen.“ Für Trump indes sind Seltene Erden, Lithium, Öl und Gas rund um die Insel attraktiv. „Und er hätte auch gar keine Hemmungen, diese Schätze zu heben – anders als die Grönländer selbst.“

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