Polen kündigt Grenzkontrollen zu Deutschland an – Hubig fodert: „Dobrindt muss nachliefern“
Nach dem Gerichtsurteil zu Zurückweisungen an deutschen Grenzen fordert Justizministerin Hubig eine Reaktion von Dobrindt. Polen reagiert mit Gegenmaßnahmen.
Warschau – Die neue Bundesregierung hat ihre Migrationspolitik verschärft. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CDU) hat unmittelbar nach seinem Amtsantritt nicht nur die Grenzkontrollen intensiviert, sondern auch die Möglichkeit geschaffen, Asylsuchende direkt an der Grenze abzuweisen. Bundesjustizministerin Stefanie Hubig fordert von Dobrindt eine Begründung für die umstrittene Praxis.
Nach Gerichtsurteil zu Grenzkontrollen: Hubig fordert Begründung für Dobrindts Zurückweisungen
Das Verwaltungsgericht in Berlin hat die Zurückweisung von drei somalischen Asylbewerbern an der Grenze zu Polen als rechtswidrig eingestuft. Trotz dieses Urteils hält Dobrindt an der Maßnahme fest und beruft sich auf Artikel 72 des EU-Rechts sowie den Schutz der öffentlichen Ordnung. Er strebt eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs an. Justizministerin Hubig fordert von Dobrindt eine zügige Reaktion auf die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts.
Gerichtsurteil zu Grenzkontrollen unter Bundesinnenminister Dobrindt
Das Berliner Verwaltungsgericht entschied am 2. Juni 2025, dass die Zurückweisung von Asylsuchenden an deutschen Grenzen rechtswidrig ist. Ohne Dublin-Verfahren dürfen sie nicht abgewiesen werden. Geklagt hatten drei Somalier, die am Bahnhof Frankfurt (Oder) zurückgewiesen wurden. Bundesinnenminister Dobrindt hält trotz des Urteils an der Praxis fest.
„Für mich ist klar: Der Bundesinnenminister muss nun sehr rasch die von ihm zugesagte Begründung nachliefern. Sollten unabhängige deutsche Gerichte dann immer noch zu der Auffassung gelangen, dass diese Zurückweisungen rechtswidrig sind, wäre es schwer vermittelbar, solange daran festzuhalten“, erklärte Hubig im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). „Der Bundesinnenminister hat die Zurückweisungen in eigener Verantwortung angeordnet“, fügte Hubig hinzu. Weitere Urteile seien aufmerksam zu verfolgen und könnten eine politische Neubewertung erforderlich machen.
Tusk kündigt polnische Grenzkontrollen an: Belastung für Grenzpendler und Touristen
Deutschlands Kurs in der Grenzpolitik hat auch in Polen für Unruhe gesorgt. Premierminister Donald Tusk reagierte darauf mit der Ankündigung, ab dem Sommer Kontrollen an der polnisch-deutschen Grenze einzuführen. „Ich habe unseren Nachbarn, nicht nur Deutschland, sondern auch anderen Nachbarstaaten, mitgeteilt, dass ich nicht zögern werde, vorübergehende Kontrollen einzuführen“, erklärte Tusk am Mittwoch während einer Regierungsbefragung im Parlament in Warschau.
Die Maßnahme werde in Kraft treten, „wenn die Lage an der Grenze angespannt und der Druck groß ist“. Zudem habe er die Bundesregierung gewarnt, dass Warschau „jeden Versuch, irgendeinen Migranten nach Polen zu schicken“, genau beobachten werde.
Tusk hob hervor, dass er eine vollständige Schließung der Grenze vermeiden wolle, da dies „Probleme für Hunderttausende von Menschen von Schlesien bis Stettin“ verursachen würde. Teilkontrollen seien jedoch wahrscheinlich, erläuterte der Premierminister im Parlament. Betroffen wären nicht nur Grenzpendler, sondern auch viele Touristen und Flugreisende, die in den Ferien den Flughafen Berlin-Brandenburg nutzen.

Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Polen: Sorge vor „Ping-Pong-Spiel“
In Deutschland stoßen Tusks Ankündigungen über mögliche Grenzkontrollen auf gemischte Reaktionen. Andreas Roßkopf von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht neben den Risiken für Pendler und den Warenverkehr auch potenzielle Vorteile: Migranten ohne Aufenthaltsberechtigung könnten früher gestoppt werden, sodass möglicherweise „weniger Menschen an unseren Kontrollen teilnehmen, die nicht berechtigt sind, nach Deutschland einzureisen“, äußerte Roßkopf gegenüber dem RND. Gleichzeitig warnt er jedoch vor einem „Ping-Pong-Spiel“, bei dem unerwünschte Personen zwischen beiden Ländern hin- und hergeschickt würden.
Knut Abraham (CDU), Polen-Beauftragter der Bundesregierung, mahnt zur Vorsicht. Grenzkontrollen sollten so gestaltet werden, dass sie die grenzüberschreitenden Alltagsbeziehungen nicht stören. Seit über 30 Jahren seien enge Verflechtungen zwischen den Regionen gewachsen, die es zu bewahren gelte, sagte Abraham dem RND. (dpa/lw)