Sorge vor Israel-Iran-Konflikt: USA evakuieren Diplomaten – Lage „ernster als je zuvor“

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Im Nahen Osten wächst die Sorge vor einem militärischen Konflikt zwischen dem Iran und Israel. Wegen vermehrter Anzeichen ergreifen die USA Maßnahmen.

Erbil/Bagdad – Im Nahen Osten wächst die Sorge vor einem möglichen Angriff Israels auf den Iran. Aus Sicherheitsgründen reduzieren die mit Israel verbündeten USA ihr Botschaftspersonal in der irakischen Hauptstadt Bagdad sowie in der Hauptstadt Erbil des nordirakischen Autonomiegebiets. Befürchtet wird, dass die Führung der Islamischen Republik im Fall eines israelischen Angriffs auf den Erzfeind Vergeltungsschläge gegen US-Ziele in der Region anordnen könnte.

Auf das Botschaftspersonal angesprochen, entgegnete US-Präsident Donald Trump in Washington: „Sie werden abgezogen, weil es ein gefährlicher Ort sein könnte. Wir werden sehen, was passiert.“ Der Iran „kann keine Atomwaffen haben, das werden wir nicht erlauben“, sagte Trump. Ein hochrangiger US-Diplomat im Nahen Osten sagte gegenüber der Washington Post, man sei „besorgt“ und die Lage sei „ernster als je zuvor“.

Atomgespräche mit dem Iran: Trump „weniger zuversichtlich“ über Deal mit Teheran

Noch setzt Trump in dem Streit um das Nuklearprogramm auf Verhandlungen mit dem Iran, während Israel schon seit längerer Zeit auf der militärischen Option besteht. In einem Podcast mit dem Namen „Pod Force One“ sagte er jedoch: „Ich bin jetzt weniger zuversichtlich als noch vor ein paar Monaten. Etwas ist mit ihnen passiert, aber ich bin viel weniger zuversichtlich, dass ein Deal zustande kommt.“ Zuvor hatte er gesagt, der Iran sei „viel aggressiver“ in den Verhandlungen geworden. Trump hatte für die Verhandlungen mit Teheran ursprünglich einen Zeitraum von zwei Monaten abgesteckt, die aber bald vorbei sind.

Am Montag (9. Juni) hielt Trump ein Telefongespräch mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge soll er dort noch gesagt haben, dass er in naher Zukunft keine Genehmigung für einen Angriff auf den Iran erteilen werde und Netanjahu daher die öffentliche Debatte über das Thema zurückfahren müsse. Gleichzeitig soll er aber auch seine Frustration über den Iran zum Ausdruck gebracht haben.

Atomgespräche zwischen den USA und Iran könnten scheitern: Teheran droht mit Angriffen

Irans Verteidigungsminister Asis Nasirsadeh drohte den USA im Falle einer militärischen Eskalation mit Konsequenzen. Zugleich äußerte der Brigadegeneral die Hoffnung, dass die Atomverhandlungen mit Washington zu einem Ergebnis führen werden. „Aber wenn die Verhandlungen scheitern und uns eine Auseinandersetzung aufgezwungen wird, werden die Verluste der Gegenseite mit Sicherheit weitaus höher sein als unsere“, zitierte ihn die staatliche iranische Nachrichtenagentur Irna. Der Iran werde ohne Rücksichtnahme all ihre Stützpunkte in der Region ins Visier nehmen, warnte er.

Die Stützpunkte des US-Militärs am Persischen Golf, etwa in Bahrain und Katar, sind Luftlinie nicht sehr weit vom Iran entfernt und könnten im Falle einer Eskalation zu Zielen werden. In seinem Nachbarland Irak wiederum übt der Iran großen Einfluss aus, unter anderem über verbündete schiitische Milizen. Zudem verfügt die Regionalmacht über eine unbekannte Zahl unterirdisch gelagerter Raketen, die Israels Staatsgebiet erreichen können.

Eine hochrangige iranische Quelle teilte der US-Zeitung New York Times mit, militärische und politische Vertreter hätten sich bereits getroffen, um einen Plan für eine Antwort auf Israel im Falle eines Angriffs zu entwerfen. Demnach wird damit gerechnet, dass der Iran ohne Verzögerung hunderte ballistische Raketen auf Israel abfeuern wird. Ein hochrangiger iranischer Beamter sagte der Nachrichtenagentur Reuters, jegliche militärische Aktion gegen die islamische Republik werde zu „ernsthaften Konsequenzen“ führen.

Atomgespräche mit dem Iran: Israel bereitet schon Angriff auf iranische Nuklearanlagen vor

Trump hat den Iran mehrfach gewarnt, dass es ohne eine Einigung zu einem Militäreinsatz kommen könnte. Er wolle das zwar nicht, sei aber dazu bereit, sagte der US-Präsident sinngemäß. Zudem könnte auch Israel einen Angriff auf seinen Erzfeind Iran beginnen – mit oder ohne Unterstützung der Verbündeten USA. Zuletzt soll Israel den USA jedenfalls versichert haben, dass man nicht für „Überraschungen“ sorgen und ohne Benachrichtigung der Trump-Regierung den Iran angreifen werde. Dies berichten israelische Medien übereinstimmend.

US-Medienberichten zufolge hat Israel eine mögliche Attacke auf die iranischen Atomanlagen bereits vorbereitet. Der Nachrichtensender CBS berichtete, US-Beamten sei mitgeteilt worden, dass Israel „vollständig bereit“ für eine militärische Operation gegen den Iran sei. Israelische Beamte sagten dem Nachrichtenportal Axios, die Armee sei seit mehreren Tagen im „höchsten Alarmzustand“, sollte es einen Angriffsbefehl geben.

Im vergangenen Jahr standen Israel und der Iran bereits mehrfach am Rande eines offenen Kriegs. Seit Jahrzehnten ruft die Führung in Teheran zur Vernichtung des jüdischen Staats auf. Der israelische Ministerpräsident Netanjahu hält einen Deal nur dann für akzeptabel, wenn er zur Zerstörung aller Atomanlagen im Iran führen würde. Wiederholt hat die Führung in Israel mit Angriffen auf die iranischen Atomanlagen gedroht.

USA evakuieren Diplomaten aus dem Irak: Iran wittert „Verhandlungsstrategie“ mit Drohungen

Der iranische Präsident Massud Peseschkian kritisierte indes die Haltung der USA bei den Gesprächen. Der religiöse Chef des Landes, Ayetollah Ali Chamanei, habe klargestellt, dass der Iran keineswegs eine Atomwaffe herstellen werde, zitierte die Nachrichtenagentur Tasnim den Präsidenten. Der Iran beruft sich dabei auf die Lehre des Islam und argumentiert, dass Massenvernichtungswaffen nicht erlaubt seien. Peseschkian beschwerte sich jedoch, dass die USA die komplette Zerstörung der Nuklearindustrie des Iran anstrebten.

„Das werden wir niemals tun“, so der Präsident. Schließlich nutze man die Nuklearanlagen für „wissenschaftliche Forschung“. Die USA würden aber wollen, erklärte Peseschkian, dass der Iran diese Forschung einstellt und die für die Industrie, Medizin, Landwirtschaft und andere Bereiche nötigen Nuklearmaterialien nur unter amerikanischer Aufsicht besorgt.

Iranische Beamte und Quellen gehen davon aus, dass es sich bei den Berichten über eine militärische Eskalation im Nahen Osten um eine Taktik der USA handelt, um den Iran bei anstehenden Gesprächen unter Druck zu setzen. „Militärische Drohungen sind schon immer Teil der amerikanischen Verhandlungsstrategie gewesen“, so der hochrangige iranische Beamte gegenüber Reuters. Unklar ist US-Medien zufolge, ob es etwa am Wochenende weitere Verhandlungsrunden zwischen den USA und dem Iran geben wird. (bb/dpa)

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