„Kleines europäisches Land unter US-Schirm“: Türkei-Minister fordert Frankreich wegen Syrien heraus

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Der türkische Außenminister Hakan Fidan. (Archivbild) © Tarek Wajeh/AP/dpa

Ein Vorschlag zur Stationierung französischer Truppen an der türkisch-syrischen Grenze stößt in Ankara auf Ablehnung. Erdogans Minister Fidan wird deutlich.

Ankara – Die Türkei verfolgt in Syrien auch nach dem Sturz von Assad immer noch ein Ziel als absolute Priorität: Die Zerschlagung des sogenannten „Autonomiegebiets“ im Norden des Landes, die unter Kontrolle der kurdisch geprägten YPG steht. Diese wiederum ist laut Ankara ein Ableger der PKK-Terrororganisation, die auch in der EU und den USA verboten ist.

Ilham Ahmed, eine politische Vertreterin der „Autonomie“, schlug in einem Interview zuletzt die Stationierung von französischen Soldaten an der türkisch-syrischen Grenze vor, um für Schutz zu sorgen. In der türkischen Regierung stieß dies auf Ablehnung und Kritik an den Absichten von Frankreich in Syrien.

Zukunft von Syrien: Kurdische YPG besorgt über möglichen US-Abzug während Trump-Amtszeit

Der designierte US-Präsident Donald Trump könnte die etwa 2000 amerikanischen Soldaten in Syrien sehr wohl abziehen. Er bezeichnete die Türkei bereits als die treibende und entscheidende Kraft in Syrien, die den „Schlüssel“ zur Zukunft des Landes halte. Auch den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan lobte er im Zusammenhang mit Syrien. Außerdem heißt es auch aus Trumps Umfeld immer wieder, man müsse sich endlich aus Syrien zurückziehen. Bei der YPG, die jahrelang unter amerikanischer Schirmherrschaft stand und nur so weitere türkische Militäroffensiven abwehren konnte, sorgt dies für Panik.

Genau deshalb sieht sie sich offenbar nach neuen Verbündete und somit neuem Schutz um, falls die USA Syrien tatsächlich verlassen sollten. Infrage kommt wohl Frankreich. Im Interview mit dem französischen Sender TV5 Monde rief Ahmed Paris dazu auf, französische Soldaten an die türkisch-syrische Grenze zu entsenden, um Bedrohungen abzuwenden. Eine weitere Vertreterin, Farhan Haj Issa, verlangte von Europa mehr Verantwortung in Syrien. Europa müsse mit der YPG gegen die „türkische Aggression“ stehen, hieß es.

Türkischer Außenminister schießt gegen Frankreich: „Wir werden sehen“

Der türkische Außenminister Hakan Fidan reagierte in einer Pressekonferenz auf den Vorschlag der YPG und französische Schritte zur Unterstützung des Autonomiegebiets. In der Vergangenheit wurden Vertreter der YPG sehr oft in Paris und sogar im französischen Parlament empfangen. Das sorgte für Empörung in der Türkei. Fidan, zugleich ehemaliger Geheimdienstchef und Vertrauter von Erdogan, bezeichnete Frankreich nun als „kleines europäisches Land“, das unter amerikanischem Schutz stehe.

„Die Politik von manchen kleinen europäischen Ländern, unter dem Schirm der USA Operationen in Syrien durchzuführen und dort etwas zu sagen, bringt weder für sie noch für die Region Vorteile mit sich“, hieß es von Fidan. Darauf folgte regelrecht eine Herausforderung gegen Paris in scharfem Ton und aussagekräftiger Wortwahl sowie Mimik: „Wenn sie denken, dass sie ohne die USA Operationen durchführen oder militärische Präsenz zeigen können – dann werden wir sehen.“

Frankreich nutze lediglich die Stärke der USA und verstecke sich hinter der amerikanischen Macht, so Fidan. Weiter sagte er, die USA seien in Syrien der einzige Ansprechpartner der Türkei. Anderen Ländern schenke man keine Beachtung.

Türkei will neue Bodenoffensive in Syrien starten: Kampfjets bombardieren YPG-Stellungen

In sozialen Medien in der Türkei wurde die Szene gefeiert. Einige Nutzer stellten eine Verbindung zum osmanischen Sultan „Suleiman dem Prächtigen“ her, der Frankreich zu seiner Zeit in einem Brief als ein Zeichen der Herabwürdigung als „Provinz“ bezeichnet hatte.

Fidan sagte zudem, die PKK-Terrorgruppe und dessen Ableger seien „am Ende“ und fügte hinzu: „Unsere Geschichte in Syrien beginnt erst jetzt richtig.“ In den vergangenen Tagen hat die pro-türkische Syrische Nationalarmee (SNA) dutzende Konvois an Frontlinien zur YPG nahe dem Tischrin-Staudamm geschickt. Dort laufen heftige Gefechte: Die pro-türkischen Truppen wollen in Richtung der Stadt Ain al-Arab (Kobane) vorrücken. Türkische Kampfjets und Drohnen bombardieren das Gebiet fast ununterbrochen. Die Türkei will offenbar bald eine weitere Bodenoffensive starten. (bb)

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