Souveränität statt Sicherheit - Zukunftsforscher: Welche Eigenschaften ab jetzt absolut unersätzlich sind

 

Um mit Digitalisierung und Künstlicher Intelligenz synergetisch umzugehen, gibt es weitere mentale Instrumente: Dazu gehören natürlich technische Fähigkeiten, die man sich immer weiter aneignen sollte. Aber auch Themen wie Cybersicherheit, Datenschutz und digitale Ethik vermitteln Durchblick. Gerade auch die neuen Formen der digitalen und virtuellen Zusammenarbeit und der gezielten Informationsbeschaffung verbessern die Grundlagen von Problemlösung und Entscheidungsfindung.

Letztlich ist es eine persönliche und kollektive Entscheidung, ob man die Segnungen der KI für gute oder schlechte Zwecke nutzt. Dies gilt auch für den Ausflug in digitale Detox-Zeiten, in denen man sich um die mentale Gesundheit kümmert.

Welche Strategien können wir anwenden, um mit unvorhergesehenen Ereignissen und Unsicherheiten in der Zukunft umzugehen?

Einige Kompetenzen habe ich erwähnt, weitere Methoden sind zahlreich vorhanden. Verwunderlich ist, dass sie in den klassischen Bildungsangeboten nur spärlich auftauchen, die sozialen Medien dagegen überfluten. Diese Diskrepanz setzt sich in der individuellen und kollektiven Krisenprävention fort.

Eine Minderheit kennt sich aus, ob sie das Wissen immer nutzt, ist eine andere Frage. Die absolute Mehrheit beschäftigt sich lieber mit dem Thema Sicherheit als mit dem Erlernen von Souveränität im Umgang mit Unsicherheit. Die Strategien sind lange bekannt, werden fortlaufend aktualisiert, aber nur im Notfall zur Kenntnis genommen: Risikomanagement, Szenarioplanung, Skills-Diversifizierung, Resilienz-Training, Stressmanagement, Fehlerkultur, Achtsamkeit.

Der Umgang mit Präventionsstrategien ist ähnlich paradox wie Durst in der Getränkeabteilung zu haben. Alles ist da, aber man kann sich nicht, will sich nicht entscheiden oder will sich nicht verändern. Letzteres ist auch die Einschätzung aus Sicht der Zukunftspsychologie und unserer Studien.

Metaphorisch gesagt, ist der Rückspiegel unser Fernglas, also denkbar ungeeignet, um souverän mit dem Unvorhersehbaren umzugehen. Wir haben ein Programm entwickelt, das heißt „Prethinking the futures“. Es geht um eine präventive und schnelle Trainingsmethode, in Gruppen gemeinsam, definitiv und ultimativ die Lösung eines zukünftigen Problems umzusetzen. Der Gewinn liegt in der zunehmenden Entscheidungsbereitschaft, egal was passiert.

Sie sagen, wir können aus der Zukunft lernen. Wie können wir diese Lernprozesse in unsere psychologische Entwicklung integrieren?

Es gibt kaum eine Situation, deren Erscheinen wir nicht schon seit Jahren oder Jahrzehnten kennen. Ob demografischer oder ökologischer Wandel, beides ist uns seit mehr als sechzig Jahren bekannt. Auch die Optionen der Künstlichen Intelligenz wurde schon seit 1956 artikuliert. Keine Krise, kein Krieg fällt vom Himmel, kein Beziehungs- oder Familiendilemma, das sich nicht andeutet und keine Erkrankung, die nicht ihre Vorläufer hat.

Wir kennen die Zukunft immer vorher, aber wir ignorieren die möglichen Folgeerscheinungen, hoffen immer auf Besserung und treten hyperaktiv auf der Stelle. Nehmen wir ein aktuelles Beispiel: Taiwan.

Alle Welt weiß, was passieren könnte und ahnt, dass die Auswirkungen brutal sein können. Aber anstatt ultimativ als Weltgesellschaft eine Lösung oder eine Perspektive mit China auszuhandeln, liegen die Länder der Welt auf dem Rücken wie ein Maikäfer und hoffen. dass der Kelch des Grauens an ihnen vorübergeht. Die Zukunft wird absolut ignoriert. Dies bedeutet, es handelt sich um eine Lernverweigerung und einen Verzicht auf Prävention und vorausschauende Intervention.

Die psychologische Misere liegt in der Wahl der Passivität, anstatt proaktiv zu agieren. Wenn man wartet bis ein sich andeutendes, vorhersagbares und bedrohliches Phänomen eintritt, hat man alle Chancen der Umlenkung verpasst. Wir müssen viel früher handeln, viel früher entscheiden. Das führt zu Fehlern, aber daraus lässt sich schnell und trefflich lernen.

Angesichts der zunehmenden psychischen Erkrankungen, wie können wir unsere Psyche stärken und widerstandsfähiger für die Zukunft machen?

Die zunehmende psychische Belastung durch Überforderung und rasante Veränderungen ist keine Überraschung. Die daraus erwachsende Unzufriedenheit, Zerrüttung und Schuldzuweisung ist es auch nicht. Umso irritierender ist die Tatsache, dass Politik und mediale Öffentlichkeit nicht präventiv und gemeinschaftserzeugend agieren, sondern die Mühlen der Missgunst, der Schuldvergabe und des emotionalen Unfriedens ständig wässert. Diese unsouveräne und unempathische Kommunikation hat einen fundamentalen Anteil an der allgemeinen psychischen Befindlichkeit.

Ihre Frage richtet sich aber auf die individuelle Widerstandsfähigkeit, also jene Dimensionen, die wir selbst beeinflussen können. Das beginnt banal. Betrachtet man das Gefäß Deutschland als halb voll oder halb leer - damit ist die wesentliche Entscheidung für die Bewertung schon gefallen. Entweder gehören wir zu den führenden Ländern der Welt, die weiterhin in vielen Bereichen extrem erfolgreich sind oder wir sind in vielen Aspekten bereits Schlusslicht und kurz vor dem Zusammenbruch.

Daraus resultiert, ob wir an Zukunft, Gemeinsamkeit und gute Zeiten glauben oder das System am liebsten umstülpen würden. Die psychische Gesundheit ist einerseits extrem von konstruktiven Perspektiven abhängig und anderseits von einer Reduzierung von Stigmatisierung und Feindbildern. In der Wirklichkeit stehen wir weit besser und chancenreicher da als es das Sündenbock-Babylon suggeriert. Aber diese Bewertung ist für alle weitgehend subjektiv.

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