Viermal häufiger: Scharlach-Fälle nehmen alarmierend zu
Die Zahl der Scharlach-Fälle steigt rasant an: Ein aktueller Krankenkassen-Report belegt, dass mittlerweile viermal so viele Kinder betroffen sind wie zuvor.
Die Zahl der Scharlachinfektionen bei Kindern hat in Deutschland 2023 einen alarmierenden Höchststand erreicht. Rund 439.500 Kinder waren betroffen – viermal so viele wie im Vorjahr. Das zeigt der aktuelle DAK-Kinder- und Jugendreport. Die Gründe für diesen dramatischen Anstieg liegen laut Experten in den Nachwirkungen der Corona-Pandemie.

Deutlicher Anstieg der Fallzahlen
Die Auswertung von Abrechnungsdaten der DAK-Gesundheit, die 5,5 Millionen Versicherte umfasst, zeigt: 2022 dokumentierten Ärztinnen und Ärzte 9,6 Fälle je 1.000 Kinder, 2023 waren es 39,1 Fälle je 1.000 Kinder – ein Anstieg von 308 Prozent. Besonders stark betroffen war die Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen, bei denen sich die Fallzahlen verfünffachten. „Die Ergebnisse des Kinder- und Jugendreports spiegeln die Realität in den Praxen eindrucksvoll wider“, betont Dr. Michael Hubmann, Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzt*innen e. V. (BVKJ) gegenüber der DAK.
Scharlach: Eine unterschätzte Kinderkrankheit
Scharlach ist eine hochansteckende bakterielle Infektion, die durch Streptokokken ausgelöst wird. Typische Symptome sind Halsschmerzen, Fieber, ein Hautausschlag sowie die charakteristische rote „Himbeerzunge“. Die Krankheit tritt vor allem in Kindergärten und Schulen gehäuft auf und lässt sich mit Antibiotika gut behandeln.
Diese Schilder zeigen, mit welchen Krankheiten sich Erzieherinnen und Erzieher konfrontiert sehen.
Nachwirkungen der Pandemie als Ursache
Die Pandemie hat laut Experten tiefgreifende Spuren im kindlichen Immunsystem hinterlassen. „Die pandemiebedingte ‚Infektvermeidung‘ hatte neben den schwierigen sozialen auch negative infektiologische Folgen“, erklärt Hubmann. Durch Lockdowns, Masken und Kontaktbeschränkungen wurden viele Kinder weniger häufig mit alltäglichen Krankheitserregern konfrontiert. Dadurch fehlt ihrem Immunsystem die nötige „Übung“, Infektionen zu bekämpfen. „Das kindliche Immunsystem braucht ‚physiologische‘ Infekte genau wie das ‚soziale Immunsystem‘“, so Hubmann weiter.
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Scharlach-Welle als Nachholeffekt
Während der Pandemie sanken die Fallzahlen von Scharlach und anderen Infektionskrankheiten stark, 2021 erreichten sie ihren Tiefpunkt. Seitdem nehmen sie jedoch wieder zu: Im Vergleich zum letzten Vor-Pandemie-Jahr 2019 wurden 2023 fast doppelt so viele Scharlach-Diagnosen gestellt. DAK-Vorstandschef Andreas Storm mahnt: „Der starke Anstieg bei Scharlach-Erkrankungen zeigt einmal mehr, dass die Nachwirkungen der Corona-Pandemie für Kinder noch nicht vorbei sind. Wir müssen die Entwicklung im Blick behalten.“
Was jetzt wichtig ist
Experten und Krankenkassen fordern gezielte Maßnahmen, um die Situation in den Griff zu bekommen:
- Aufklärung der Eltern: Eltern sollten über die Symptome und die Ansteckungsgefahr von Scharlach informiert werden.
- Hygieneregeln einhalten: Regelmäßiges Händewaschen und Hygienemaßnahmen in Gemeinschaftseinrichtungen können die Verbreitung der Krankheit eindämmen.
- Sichere Medikamentenversorgung: „Wir brauchen eine stabile Versorgung mit oralem Penicillin“, betont Hubmann.
Der deutliche Anstieg von Scharlach zeigt, wie sensibel die Gesundheit von Kindern auf gesellschaftliche Veränderungen reagiert. Das kindliche Immunsystem muss in den kommenden Jahren wieder gestärkt werden – durch Infekte, die zwar unangenehm, aber wichtig für die Entwicklung der Abwehrkräfte sind.