In einem Innenhof der CIA-Zentrale im US-Bundesstaat Virginia steht die Skulptur Kryptos vom US-Amerikaner und Bildhauer Jim Sanborn, die vier verschlüsselte Botschaften enthält. Drei davon wurden bereits entschlüsselt, doch die vierte mit der Bezeichnung K4 gilt seit 1990 als unlösbares Rätsel. Wie die "New York Times" berichtet, haben zwei Personen einen geheimen Text entdeckt, der mit der Skulptur zusammenhängt.
Lösung in Archiv gefunden
Die Lösung entdeckte Jarett Kobek, ein Journalist und Romanautor. Er bat seinen Freund Richard Byrne, Sanborns Unterlagen im Archiv der Archives of American Art des Smithsonian anzufordern. Byrne fotografierte die Dokumente und schickte die Bilder an Kobek. Dabei fiel auf, dass einige kleine Papierstücke teilweise mit vergilbtem Klebeband zusammengehalten wurden.
Bei der Durchsicht der Unterlagen entdeckte Kobek einen Zettel mit den Worten "Berlin Clock" – ein Hinweis auf K4, den Sanborn bereits 2010 und 2014 veröffentlicht hatte. Außerdem fiel ihm die Phrase "East Northeast" auf, die 2020 als weiterer Hinweis freigegeben worden war. Gemeinsam mit Byrne setzte er die übrigen Fragmente des Klartextes zusammen. Am Ende ergaben die Papierschnipsel genau 97 Zeichen, die der Länge von K4 entsprechen.
Ursprünglich waren die Papierfetzen für die CIA bestimmt, doch Sanborn hatte sie vor rund zehn Jahren versehentlich in Archivordner des Smithsonian gelegt. Damals befand er sich in Krebsbehandlung und wusste nicht, wie viel Zeit ihm noch blieb.

Klartext soll verkauft werden
Sanborn konnte die Echtheit bestätigen. Dass der Klartext nun entdeckt wurde, könnte für ihn ungünstig sein. Denn der Bildhauer wollte ihn zusammen mit weiteren Unterlagen bei einer Auktion verkaufen. Der Wert des Geheimnisses wäre dadurch erheblich höher, wenn die Lösung weiterhin unbekannt bleibt.
Kobek und Byrne haben den Text jedoch nicht veröffentlicht. Sie wollten einerseits die Auktion nicht gefährden und andererseits nicht in rechtliche Schwierigkeiten geraten. Denn das Auktionshaus RR Auction hat laut der "New York Times" mit Klagen wegen Urheberrechtsverletzung und Vertragsstörung gedroht.
Code bleibt weiterhin ein Rätsel
Der Informatiker und Autor Klaus Schmeh erklärte dem "Spiegel", dass ihn die Entdeckung der Lösung von K4 nach 35 Jahren überrascht habe. "Ich hätte auch nicht damit gerechnet, dass der Klartext in einem Archiv auffindbar ist. Da hat Jim Sanborn wohl einen Fehler gemacht."
Trotz der Entdeckung im Archiv ist K4 weiterhin ungelöst. Kobek und Byrne haben zwar den Klartext gefunden, doch die Methode der Verschlüsselung bleibt ihnen unbekannt. Der Code selbst sei laut dem "Spiegel" also nach wie vor ein Rätsel.