Wiesn-Geheimnisse gelüftet: „Ab 10.000 Euro ist es ein gutes Jahr“ – das verdienen Wirte und Bedienungen

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Wiesn von oben - Aussicht vom Riesenrad. Foto: Achim Schmidt, aufgenommen am 24.9.2023 © Frank Achim Schmidt

Die Wiesn ist großer Spaß – und großes Geld. Doch wie viel verdienen Wirte, Bedienungen und Co. wirklich? Wir verraten die Geld-Geheimnisse des Oktoberfests.

München – Ab Samstagmittag (21. September) fließt in München nicht nur das Bier, sondern auch das Geld. Vergangenes Jahr spülte die Wiesn rund 1,49 Milliarden Euro nach München: 618 Millionen Euro gaben die Besucher auf dem Oktoberfest aus, 874 Millionen in der Stadt, etwa für Hotels, Gastro und Einkäufe. Doch was verdient jeder Einzelne an der Wiesn? Die tz macht die große Wiesn-Rechnung auf.

Einnahmen im Millionenbereich auf der Wiesn: So viel verdient der Wirt

Nach tz-Infos machen die Wirte der 17 großen Zelte (1396 bis 8250 Innensitzplätze) in den zwei Wochen maximal acht bis neun Millionen Euro Umsatz (je nach Größe natürlich verschieden). Davon bleibt am Ende bis zu eine Million Euro Gewinn übrig – also jede Wiesn ein Reihenhäuschen, wie‘s so schön heißt. Vom Umsatz gehen Kosten für Bier, Essen, Kellner, Auf- und Abbau sowie Lagerung weg. Dazu Steuern und die Pacht an die Stadt. Die Zelte müssen auch erstmal abbezahlt werden – rund zehn Jahre soll es dauern, bis diese Investitionen wieder reingeholt werden. Kleine Wiesn-Zelte (60 bis 751 Innensitzplätze) machen nach tz-Informationen je nach Zeltgröße eine bis zwei Millionen Euro Umsatz.

Die Bedienung: Bessere und schlechtere Jahre auf der Wiesn

Mila (30 Jahre, Name geändert) bedient seit mehreren Jahren auf mehreren Volksfesten in der Region und auch auf der Wiesn. Sie erlebt lukrative und weniger lukrative Jahre. Sie erzählt, wie viel sie zuletzt verdient hat – anonym. Denn über Einkommen oder Verdienst dürfen Bedienungen in der Regel nicht reden. Eine Schweigepflicht ist teils in den Arbeitsverträgen festgehalten, die unserer Redaktion vorliegen.

„Im Jahr 2022 habe ich ungefähr 5.500 Euro netto in der Galerie eines großen Zelts verdient“, erzählt Mila. Verhältnismäßig wenig. In dem Jahr war die Wiesn aber auch so nass-kalt wie selten zuvor. 2019, also vor der Corona-Pause, lief‘s besser. Da kam sie – ebenfalls in der Galerie – auf etwa 8.000 Euro netto. „Ab 10.000 Euro ist es für mich ein gutes Jahr.“ Letztes Jahr hat sie das fast geschafft. Am Ende ging sie als Bedienung im Mittelschiff der Ochsenbraterei mit rund 9.800 Euro netto heim.

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Sie schuftet auf der Wiesn zum Teil weniger als bei anderen Volksfesten, erzählt sie. „Aber das Oktoberfest ist am lukrativsten.“ Ein Grund dafür: Mila hat Glück und kann in der Zeit quasi umsonst bei einer Freundin in München übernachten. Kollegen zahlen zum Teil bis zu 800 Euro allein für ein möbliertes Zimmer für rund zwei Wochen Wiesn. Mila: „Ich gebe meiner Freundin natürlich ein bisschen Geld oder einen Gutschein.“ So will sie das auch heuer wieder machen, da bedient sie im Paulaner-Festzelt.

Auch er profitiert von der Wiesn: Der Kiosk-Mann neben der Theresienwiese

Die wahre Wiesn-Rechnung: Betreiber Serkan Temizsoy verrät uns, wie viel zusätzlichen Umsatz er während des Oktoberfests in seinem Backshop weiß-blau (Landwehrstraße, München) macht.
Die wahre Wiesn-Rechnung: Betreiber Serkan Temizsoy verrät uns, wie viel zusätzlichen Umsatz er während des Oktoberfests in seinem Backshop weiß-blau (Landwehrstraße, München) macht. © Yannick Thedens

Direkt neben der Paulskirche betreiben Serkan Temizsoy (39) und seine Frau Arzu ihren Backshop weiß-blau. In der Landwehrstraße liegen sie auf dem Weg vieler Wiesn-Besucher – das zeigt sich auch am Umsatz. „Wir verkaufen an Oktoberfest-Gäste vor allem abends Bier und Wasser“, erzählt Arzu. An Wiesn-Freitagen und -Samstagen machen die Temizsoys ein Plus von jeweils 2000 Euro, sagt Arzu. Das ergäbe für dieses Jahr ein Plus von 10.000 Euro. „An den anderen Tagen sind es ungefähr 500 Euro zusätzlich.“ Nach dieser Rechnung kämen sie heuer auf weitere 5.500 Euro extra. Also 15.500 Euro bei 16 Wiesn-Tagen. Sie haben während der Zeit auch mal bis 2 Uhr nachts und wieder ab 5 Uhr morgens geöffnet. Bier haben sie schon ausreichend bestellt, und das Lager wird immer wieder aufgefüllt.

Der Taxler: Ständig unterwegs während der Wiesn

Taxifahrer Gazanfer Celik am Bayerischen Hof in München.
Taxifahrer Gazanfer Celik am Bayerischen Hof in München. © Charlotte Forst

Zur Wiesn-Zeit liegt das Geld auf der Straße – zumindest für Taxifahrer Gazanfer Celik. Um mehr als 2000 Euro steigt sein normaler Umsatz in den zwei Wochen an. Er kommt damit insgesamt auf eine mittlere bis hohe vierstellige Summe. Seit mehr als 40 Jahren kutschiert er schon Menschen durch die Stadt. Weil es für die vielen Fahrer während des Jahres nicht leichter werde, freut sich der 61-Jährige umso mehr aufs Oktoberfest – und auf die zusätzliche Finanzspritze, die es bringt. Dafür fährt der Taxler während der Wiesn tagsüber die großen Hotels ab, abends steht er am Taxistand in der Poccistraße. „Ganz einfach: Wenn‘s hell ist, bringt man die Leute hin, da will keiner gehen; nachts holt man sie wieder ab!“

Der Rikschafahrer: Wiesn ist der Umsatzbringer des Jahres

Falk Hilber, Rikschafahrer.
Falk Hilber, Rikschafahrer. Aufgenommen April.2020 © Archiv

„Für unsere Branche ist die Wiesn einer der Umsatzbringer des Jahres – sozusagen die fünfte Saison“, sagt Falk Hilber, der Gründer von Rikschaguide.com. Während des Oktoberfests sind für ihn zehn Fahrer rund ums Festgelände im Einsatz. Und die können richtig viel Geld machen: „Zwischen 5.000 und 9.000 sind während des Festes möglich“, sagt Hilber. Die Topverdiener arbeiten teils sehr lang – von zehn bis zu maximal 16 Stunden am Tag.

„Gute Fahrer können in der Stunde 30 bis 35 Euro verdienen“, sagt Hilber. An normalen Tagen während der Saison seien 20 bis 25 Euro drin. Klar: Die Rikscha ist bei Wiesn-Gästen sehr beleibt: „Sie ist ja das Fahrgeschäft, das nach 23 Uhr noch offen hat.“ Die Preise für eine Fahrt variieren je nach Wochentag und Uhrzeit – anders als in anderen Branchen gibt es keine Preisbindung. So kann eine Fahrt von der Wiesn zum Hauptbahnhof zwischen zehn und 30 Euro variieren.

Der Vermieter: Extreme Preise während der Wiesn auf Plattformen wie Airbnb

1.174 Euro pro Nacht am Auftaktwochenende der Wiesn – so viel verlangt ein Vermieter für ein Zimmer mit Doppelbett in der Maxvorstadt. Platz sei für zwei Personen. Auf der Buchungs-Plattform Airbnb werden während des Oktoberfests teils extreme Preise abgerufen. Über 1.000 Euro wie im Beispiel sind aber auch während des Fests Ausnahmefälle. Billigere Bleiben gibt es am ersten Wiesenwochenende auch schon teils ab 100 Euro – etwa für ein Altbau-Zimmer in der Ludwigsvorstadt. Doch auch das sind Ausnahmen. Deutlich mehr Angebote liegen zwischen 300 und 700 Euro. Wie viele Wohnungen über Airbnb während Wiesn vermietet werden? Da gibt die Plattform keine Auskünfte.

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