Milliarden-Plan der deutschen Top-Ökonomen für Merz und Klingbeil: Jetzt soll es sehr schnell gehen
Die Sondierungen zwischen Union und SPD laufen im Turbogang. Zuerst will man die Finanzlage klären. Dabei hilft ein Vorschlag von Deutschlands Top-Ökonomen.
Berlin – Der Eklat im Weißen Haus hat die Welt wachgerüttelt. Europa will unter einer „Koalition der Willigen“ sofort reagieren und der Ukraine beistehen. Und auch für die Sondierungsgespräche in Deutschland hat der Vorfall zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj Folgen.
Friedrich Merz und Lars Klingbeil haben offenbar den Turbo in Sachen Sondierungsgespräche eingelegt. Schon am Freitag starteten die Gespräche. Eine Faschingspause soll es nicht geben. Jetzt sickern erste Details aus den Sondierungsgesprächen durch. Und die haben es durchaus in sich. So wollen Union und SPD offenbar gleich zu Beginn ihrer Gespräche die Finanzlage klären. Damit trägt man der Tatsache Rechnung, dass Deutschland sowohl beim Thema Sicherheit, als auch bei Investitionen vor sehr großen Herausforderungen steht.
Top-Ökonomen schlagen Merz und Klingbeil Milliarden-Plan vor: Für Bundeswehr und Infrastruktur
Nach einem Bericht der Agentur Reuters prüfen Union und SPD deshalb zwei milliardenschwere Sondervermögen: eines für Verteidigung und eines für Infrastruktur. Aus Verhandlungskreisen heißt es demnach, dass die Parteien aktuell Details ausarbeiten. Es würden zwar auch noch andere Wege geprüft. Allerdings gelte die Einrichtung zweier Sondervermögen noch mit dem alten Bundestag im März aktuell als die beste Variante. Daneben wolle man auch die Schuldenbremse grundsätzlich reformieren. Dies soll dann aber erst im Laufe der nächsten Legislaturperiode geschehen – falls sich Union und SPD auf eine Koalition einigen können.
Basis der Überlegungen ist demnach zum einen ein Vortrag vom aktuellen Finanzminister Jörg Kukies (SPD) über die Haushaltslage. Diesen beschrieben Teilnehmerkreise demnach als düster. Zum anderen orientieren sich Union und SPD an den gemeinsamen Vorschlägen von vier Top-Ökonomen. Teil dieser Runde sind Clemens Fuest (Präsident des Ifo-Instituts), Michael Hüther (Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft), Moritz Schularick (Präsident des Kieler IfW) und der Ökonom Jens Südekum.
Milliarden für Bundeswehr und Infrastruktur: Das schlagen die Top-Ökonomen vor
Laut dem Reuters-Bericht schlagen diese vor, das Sondervermögen der Bundeswehr aufzustocken und daneben ein weiteres Sondervermögen für die Infrastruktur zu schaffen. Für die Bundeswehr sehen sie einen Bedarf von weiteren 400 Milliarden Euro. Damit solle man demnach auch ein Zeichen in Richtung Wladimir Putin setzen. Für die deutsche Infrastruktur sollen Bund und Länder darüber hinaus 400 bis 500 Milliarden Euro bereitstellen. Für diese Sondervermögen müsse man die Schuldenbremse nicht verändern.
Daneben schlagen die Ökonomen vor, dass es auf EU-Ebene eine zusätzliche milliardenschwere Kreditlinie geben solle. Diese könnte sich an dem Next-Generation-Fonds orientieren, der geschaffen worden war, um die Folgen der Corona-Pandemie abzufedern. Diese Maßnahmen seien in der Vierergruppe unstrittig gewesen, hieß es. Die Gruppe kam demnach am Donnerstag auf Initiative des saarländischen Finanzministers Jakob von Weizsäcker zusammen.
Milliarden-Plan für Merz und Klingbeil: Warum soll es jetzt plötzlich so schnell gehen?
Basis der Überlegungen sind demnach lauter werdende Stimmen aus der deutschen Wirtschaft. So hatte die Wirtschaftsweise Monika Schnitzer sowie die Gruppe „Ökonomen für die Ukraine“, nach dem Trump-Selenskyj-Eklat die Politik zum schnellen Handeln aufgefordert. „Der aller Voraussicht nach künftige Kanzler muss sehr schnell ein starkes Signal senden, die Verteidigungsbereitschaft deutlich zu steigern“, sagte Schnitzer gegenüber Reuters. Das sei ihrer Ansicht nach nur möglich, wenn man das Sondervermögen Bundeswehr noch im alten Bundestag deutlich erhöhe. „Ein Zögern wäre fatal“, so die Wirtschaftsweise.
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Diesem Rat folgen Merz und Klingbeil nun offenbar und machen Tempo. In beiden Parteien herrscht die Meinung vor, dass man angesichts der neuen Töne aus den USA und der russischen Bedrohung in Europa deutlich mehr Geld für die eigene Verteidigung und für den Schutz der Ukraine ausgeben müsse.
Ökonomen geben Merz Tipps: „In einem perfekten Sturm“
In einem offenen Brief der Gruppe „Ökonomen für die Ukraine“ ist zudem von einem „perfekten Sturm“ die Rede. Deutschland müsse sich der Lage stellen. Der Ansicht der Ökonomen nach hat Europa die Ressourcen, um sich Russland zu stellen. Putins Wirtschaft mache nur ein Zehntel des BIPs der EU aus und sei zudem durch Korruption, Sanktionen und die hohen Militärausgaben geschwächt. Zudem würden Angriffe der Ukraine die russischen Produktionskapazitäten erheblich schwächen. Dies könnte durch eine Taurus-Lieferung noch beschleunigt werden.
Die Ökonomen schlagen vor, die deutsche Industrie mit Rüstungsaufträgen anzukurbeln. So würden Arbeitsplätze geschaffen, Abhängigkeiten verringert und Verbindungen mit den anderen EU-Staaten gestärkt. Zudem könne man die Steuerzahler schonen, indem man 300 Milliarden der eingefrorenen russischen Gelder beschlagnahme.
Doch warum sollen die Sondervermögen noch mit dem alten Bundestag beschlossen werden? Zum einen will man schnell auf die neue Lage reagieren. Andererseits besitzen AfD und Linke im neuen Bundestag eine Sperrminorität, da es für eine Aufstockung der Sondervermögen wie auch für eine Änderung der Schuldenbremse eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag braucht. Die Linken hatten verlauten lassen, dass man zwar eine Reform der Schuldenbremse mittragen könnte, nicht aber ein zusätzliches Sondervermögen für die Bundeswehr. Diesem Problem wollen Merz und Klingbeil nun wohl vorgreifen. (rjs)