Nach Trump-Eklat mit Selenskyj: EU-Staatschefs suchen bei Ukraine-Gipfel Antworten
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Der Ukraine-Gipfel in London könnte die Zukunft der Ukraine bestimmen. Ausgewählte Staatschefs aus Europa sind vor Ort, doch die USA fehlen.
London – Der US-Präsident Donald Trump sorgte mit einem Eklat bei einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für Verunsicherung. In diesem Kontext richtet sich am Sonntag (2. März) die Aufmerksamkeit auf den Ukraine-Gipfel in London. Dieser soll ein Zeichen für die fortgesetzte Unterstützung der Ukraine setzen, die im Notfall auch ohne die USA auskommen muss.
Auf Einladung des britischen Premierministers Keir Starmer werden zahlreiche europäische Staats- und Regierungschefs erwartet. Neben dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz sind laut britischer Regierung auch Vertreter aus Frankreich, Italien, Polen und der Türkei eingeladen. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau, der nach seinem Rücktritt die Amtsgeschäfte noch bis mindestens Ende März weiterführt, reist ebenfalls nach London. Starmers Büro erklärte, das Ziel des Gipfels sei es, „jetzt die Position der Ukraine zu stärken“. Auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und EU-Ratspräsident António Costa sollen teilnehmen.
Heftige Auseinandersetzung im Weißen Haus: Beziehung zwischen Trump und Selenskyj bröckelt
Selenskyj und Trump gerieten im Weißen Haus in einen heftigen Streit, bei dem Trump, unterstützt von seinem Vizepräsidenten J.D. Vance, der Ukraine schwere Vorwürfe machte. Die geplante Unterzeichnung eines Rohstoffabkommens zwischen den USA und der Ukraine scheiterte. Viele europäische Länder solidarisierten sich nach dem Vorfall erneut mit der Ukraine und forderten entschlossene Unterstützung.
Am Samstag präsentierte Außenministerin Annalena Baerbock der Presse einen Sechs-Punkte-Plan, um die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine und Europas zu stärken. Einige Staats- und Regierungschefs forderten die Ukraine jedoch auf, die Verhandlungen mit den USA wieder aufzunehmen und die Beziehungen zu normalisieren.
Selenskyj bereits in Großbritannien: Treffen mit Starmer und König Charles vorm Ukraine-Gipfel
Der ukrainische Präsident Selenskyj wird beim Ukraine-Gipfel in London anwesend sein. Nach dem Vorfall im Weißen Haus reiste er direkt nach Großbritannien und traf sich am Samstag mit Premierminister Keir Starmer. Laut dem britischen Schatzamt, das von Reuters zitiert wurde, unterzeichneten beide Regierungschefs einen Vertrag über ein Darlehen in Höhe von 2,26 Milliarden Pfund für die Ukraine. Bereits in der kommenden Woche soll ein Teil des Geldes an die Ukraine ausgezahlt werden.
Selenskyj schrieb später auf Telegram, dass er mit Starmer auch über verlässliche Sicherheitsgarantien gesprochen habe. Am Sonntag wird Selenskyj zudem vom britischen König Charles III. auf dessen Anwesen Sandringham in Ostengland empfangen, wie die Zeitung The Sun berichtete. Der ukrainische Präsident deutete an, dass er die Hoffnung auf ein besseres Verhältnis mit den USA nicht aufgeben werde.

Frankreich-Präsident Macron mahnt zur Ruhe – und bringt Atomwaffen ins Gespräch
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron rief nach dem Vorfall im Weißen Haus zur Ruhe auf. „Jenseits der angespannten Nerven müssen sich alle beruhigen“, forderte er. Selenskyj habe ihm in einem Telefonat mitgeteilt, dass er bereit sei, den Dialog mit Trump wieder aufzunehmen. Allerdings könnte dies am US-Präsidenten scheitern, da Trump nach dem Eklat angab, vorerst keine Gespräche mit Selenskyj führen zu wollen.
Die Situation bleibt spannend, insbesondere, ob Europa neue Wege beschreiten wird. Macron zeigte sich gegenüber dem portugiesischen Sender RTP offen für Gespräche über eine mögliche europäische nukleare Abschreckung. Der voraussichtliche neue Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte zuletzt für solche Gespräche mit London und Paris plädiert. Sollte der Druck der CDU erfolgreich sein, könnte Merz sogar am Ukraine-Gipfel teilnehmen.
Scholz hatte mit ihm telefoniert, nachdem Trump seine Kehrtwende in der Ukraine-Politik deutlich gemacht hatte. Das Kanzleramt revidierte die Aussage, dass es vor dem Gipfel keine Abstimmungen mit Merz geben müsse. Ursprünglich war geplant, den CDU-Chef außenpolitisch nicht einzubeziehen. Scholz wird am späten Nachmittag in London vor die Presse treten.
Große Fragen beim Ukraine-Gipfel – vorerst ohne Beteiligung der USA
Die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni sieht in dem Streit zwischen Trump und Selenskyj eine Möglichkeit zur Schlichtung. Sie plädierte am Freitagabend für einen sofortigen Ukraine-Gipfel zwischen den USA und Europa. Die USA sind jedoch nicht zum Gipfel in London eingeladen. Die Türkei brachte sich erneut als möglicher Vermittler im Ukraine-Konflikt ins Spiel. Laut Berichten aus türkischen Diplomatenkreisen, die Reuters vorliegen, telefonierte Außenminister Hakan Fidan am Samstag mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow. Fidan wolle sich beim Ukraine-Gipfel zu seinen Friedensbemühungen äußern.
Der britische Premierminister Keir Starmer hat sich zum Ziel gesetzt, als „Brückenbauer“ zu agieren. Er telefonierte sowohl mit Selenskyj als auch mit Trump, um zu vermitteln. Neben der Unterstützung der Ukraine und der Reaktion auf die Kehrtwende der USA muss der Ukraine-Gipfel auch die grundlegende Frage der aktuellen globalen Ordnung klären: Wie steht es um die transatlantische Allianz und was kann getan werden, um weitere Brüche zu vermeiden? (lismah/AFP)