Eklat bei Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union – „bis ins Mark frustrierend“

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Die Union beschreibt zähe Verhandlungen mit der SPD im Finanzarbeitskreis. SPD-Vertreter sollen den Raum verlassen haben.

Berlin – Die Finanzarbeitsgruppe in den Berliner Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Union sorgt am Samstag für Schlagzeilen. Die SPD habe den Raum nach einem Wortgefecht verlassen, die Union beschreibt die Arbeit mit der SPD in der AG als „deprimierend“ und „bis ins Mark frustrierend“, die Gespräche seien „zäh“, „verhakt“ und „vermint“. Das berichtet die FAZ.

Gerungen wird zwischen den beiden Parteien um die Entlastung der Mittelschicht, wie die FAZ erfahren haben will. Dabei sei die SPD für die Vermögenssteuer, eine Einführung der Finanztransaktionssteuer und das Abschaffen des Ehegattensplittings eingetreten.

Im Detail soll es an einem Punkt zum Eklat gekommen sein, infolgedessen die SPD den Raum verlassen habe. Dabei sei es um eine Auseinandersetzung zwischen der rheinland-pfälzischen Finanzministerin Doris Ahnen (SPD) und der CSU-Politikerin Mechthilde Wittmann gegangen, die die unterschiedlichen Auffassungen zum Ehegattensplitting ihrer Parteien vertraten. Außerdem stelle sich die SPD aus Sicht von CDU und CSU zu stark gegen eine Entlastung von Unternehmen und setze wohl eher auf Anreizprämien für Investitionen in Deutschland.

Finanzpaket nimmt am Samstag letzte Hürde – Verhandlungen gehen weiter

Noch am Samstagvormittag hatte das milliardenschwere Finanzpaket die allerletzte Hürde genommen: Mit der Unterschrift von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier waren die von Bundestag und Bundesrat beschlossenen Grundgesetzänderungen in Kraft getreten.

Die rheinland-pfälzische Finanzministerin Doris Ahnen (SPD, rechts im Bild) soll mit CSU-Politikerin Mechthilde Wittmann über das Ehegattensplitting aneinandergeraten sein. © Felix Zahn/imago/Helmut Fricke/dpa/Montage

Die Geldprobleme einer neuen Regierung sind damit aber nicht gelöst – denn zum einen haben CDU, CSU und SPD bereits einige teure Vorhaben beschlossen, darunter die Ausweitung der Mütterrente, die Anhebung der Pendlerpauschale und eine Steuersenkung für die Gastronomie. Außerdem darf das Geld aus dem Infrastrukturtopf nur eingesetzt werden, wenn gleichzeitig im normalen Haushalt angemessen investiert wird. Merz hat deshalb schon angekündigt, nun müsse an anderer Stelle gespart werden.

Nach bisherigem Zeitplan sollen alle 16 Arbeitsgruppen der Koalitionsverhandlungen nun bis Montagnachmittag ihre Ergebnisse vorlegen. Danach kümmern sich übergeordnete Gruppen um die weitere Ausarbeitung des Koalitionsvertrags.

Wirtschaftsverbände fordern von Union und SPD mutige Reformen

Wirtschaftsverbände hatten Union und SPD am Samstag aufgefordert, in ihren Koalitionsverhandlungen nicht nur auf Schulden, sondern auch tiefgreifende Reformen zu setzen. In einem Schreiben forderten die Präsidenten der vier großen Wirtschaftsverbände BDI, BDA, DIHK und ZDH „eine mutige Reformagenda“. Das Schreiben ging an Spitzenpolitiker, die an den Verhandlungen beteiligt sind. Eine wirtschaftliche Dynamik müsse „selbsttragend“ und dürfe „nicht nur schuldenfinanziert sein“, heißt es nach AFP-Informationen in dem Brief. Das Sondierungsergebnis von CDU/CSU und SPD liefere dafür „noch nicht die ausreichende Grundlage“.

„Die geplanten Entlastungen bei den Energiekosten sind richtig“, schreiben die Verbandspräsidenten mit Blick auf das Sondierungsergebnis weiter. „Darüber hinaus bleiben viele Punkte vage. Die dringend notwendigen Strukturreformen in den Sozialversicherungen werden gar nicht angepackt.“ Arbeitgeber, Industrie, Handelskammer und Handwerk verlangten neben konkurrenzfähigen Energiepreisen und Bürokratieabbau insbesondere auch eine spürbare Senkung der Steuerbelastung von Unternehmen. Doch hierzu gab es auch nach einem Bericht des Spiegel in der zuständigen Arbeitsgruppe bei den Koalitionsverhandlungen keine Einigung.

Koalitionsverhandlungen: Das haben Union und SPD bereits beschlossen – und das nicht

Bereits beschlossen ist im Hinblick darauf: Zur Entlastung von Unternehmen und privaten Haushalten soll die Stromsteuer auf den in der EU erlaubten Mindestwert sinken. Das soll zu Entlastungen um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde führen. Union und SPD wollen daneben die Übertragungsnetzentgelte halbieren, ein Bestandteil des Strompreises. Außerdem: Wer in der Rente noch freiwillig weiterarbeitet, soll bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei dazuverdienen können. Die sogenannte Mütterrente soll zudem ausgeweitet werden.

Nach demonstrativer Einigkeit rund um das Milliardenpaket und die Grundgesetzänderungen dürften sich die Debatten zwischen Union und SPD nun auf Wirtschaftsangelegenheiten zuspitzen: Haben die zwei beziehungsweise drei Parteien darin doch teils konträre Ansichten. Während die Union als unternehmensnah gilt, setzt die SPD auf Entlastungen von Arbeitnehmern oder auch auf eine Stärkung von Müttern als Arbeitnehmerinnen. Genau das trifft wiederum auf Widerstand in der Union, die sich immer wieder für ein traditionelles Familienbild starkmacht. (AFP/kat)

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