„Es könnte sich in die Umgebung einordnen“: Debatte um umstrittenes Bauvorhaben in Hebertshausen vor Gericht

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Den Blick aufs Ganze gerichtet: Bürgermeister Richard Reischl (links), Hausbesitzer Josef Wörmann (Zweiter von rechts), die Richter sowie weitere Prozessbeteiligte beim Augenschein vor der Villa in der Straße Am Eichenberg in Hebertshausen. © Norbert Habschied

Die Debatte um das umstrittene Bauvorhaben in Hebertshausen geht weiter. Die Gemeinde hatte das als Schwarzbau begonnene Projekt zunächst untersagt. Nun prüft der Verwaltungsgerichtshof München die Entscheidung.

Hebertshausen – Über der Villa von Josef Wörmann junior kreist ein Greifvogel, aus einem Zimmer heraus blickt eine Siamkatze gelangweilt auf das gute Dutzend Menschen, das umherläuft und sich ein Bild vom Haus, der Terrasse, dem Infinitypool und dem stilvollen Aufenthaltsraum samt Bar macht. Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts München, Rechtsanwälte sowie Gemeinde- und Behördenvertreter waren gestern in der idyllisch gelegenen Hebertshauser Straße Am Eichenberg zusammengetroffen, um darüber zu befinden, ob der Gesellschafter-Geschäftsführer des europaweit agierenden Anhänger-Spezialisten Wörmann vom Landratsamt Dachau zurecht eine nachträgliche Genehmigung zum Bau von Terrasse, Pool, Aufenthaltsraum und Mauer erhalten hat. Die Gemeinde klagte dagegen.

Zur Erinnerung: Das Projekt war höchst umstritten, weil Wörmann – wie mehrfach berichtet – zunächst schwarz zu bauen begann und dabei einige große Bäume fällte. Seinen nachträglichen Antrag lehnte die Gemeinde ab, doch das Landratsamt überstimmte die Kommune (siehe Kasten).

Rechtliche Bewertung und Tendenzen: Der Blick des Gerichts auf das Bauprojekt und die Umgebung

Dass Wörmann ohne jegliche Befugnis loslegte, „spielt für uns keine Rolle“, ließ der Vorsitzende Richter Johann Oswald nach dem Augenschein bei der mündlichen Verhandlung noch vor Ort wissen, „es geht nur um die Prüfung der Baugenehmigung“. Und diesbezüglich galt es für das Gericht, das gesamte Anwesen zu betrachten und darüber hinaus auch die Häuser in der Nachbarschaft. Ein Urteil wird erst für den heutigen Freitag erwartet. Aber eine „Tendenz“ gebe es schon, so Oswald.

Der Kammer-Vorsitzende sprach zwar von „mehreren Problemen“ in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Baugenehmigung, er ließ aber letzten Endes durchblicken, „dass man möglicherweise zu einem Ergebnis kommen kann“, dass sich das gesamte Ensemble „nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Umgebung einordnet“.

Nach dem Augenschein kommen der Vorsitzende Richter Johann Oswald (mit Hut), seine beiden Kolleginnen (links daneben) sowie weitere Prozessbeteiligte die Auffahrt herab.
Nach dem Augenschein kommen der Vorsitzende Richter Johann Oswald (mit Hut), seine beiden Kolleginnen (links daneben) sowie weitere Prozessbeteiligte die Auffahrt herab. © Norbert Habschied

„Was stört die Gemeinde?“, fragte Oswald schließlich. Neben der Tatsache, dass Wörmann schwarz baute und sich das Vorhaben nach Meinung der Gemeinde eben nicht in die Umgebung einfüge, so Hebertshausens Bürgermeister Richard Reischl, habe der Bauherr in einem „hochwertigen Bereich mit großem Baubestand“ einfach einige Bäume gefällt.

Wörmanns Argumente und die Standpunkte der Gemeinde

Es habe Habitat-Untersuchungen gegeben, und er habe ein Gutachten erstellen lassen, verteidigte sich Josef Wörmann. „Es war kein riesen Biotop mit 100 Bäumen.“ Und: „Wir haben Ersatzpflanzungen gemacht. Das Zwanzigfache wie vorher. Meine Frau und ich lieben Pflanzen.“ Klar, wie sein Anwesen aussehe, sei „Geschmackssache“, fuhr Wörmann fort. Aber es „kommen Leute vorbei, die sind begeistert“. Die Gemeinde, so der Villenbesitzer, „soll einen Gang runterschalten“.

Die Baugenehmigung zu verweigern sei ein Gemeinderatsbeschluss gewesen, so Bürgermeister Reischl, „das war unser gutes Recht“. Beim Fall Wörmann „erkennt man ein gewisses System“. Und da stelle sich für die Gemeinde die Frage: „Wo sollen wir eine Grenze setzen? Was ist erlaubt, was nicht?“

DER FALL WÖRMANN-VILLA AM EICHENBERG

Josef Wörmann junior, Gesellschafter-Geschäftsführer des europaweit agierenden Anhänger-Spezialisten Wörmann, hatte wie berichtet im Herbst 2020 ohne jegliche Genehmigung auf seinem Villen-Grundstück Am Eichenberg in Hebertshausen eine neue Terrasse, einen Swimmingpool und vor allem eine 20 Meter lange und vier Meter hohe Stützmauer errichten lassen. Dazu ließ der Bauherr einige Bäume auf seinem Grundstück fällen.

Das Landratsamt verfügte bald darauf eine Baueinstellung. Und der Gemeinderat Hebertshausen verwarf zwei nachgereichte Bauanträge Wörmanns, wobei der erste nicht den Tatsachen entsprochen haben soll, so die Gemeinde. Wäre nach ihm gebaut worden, wäre die Abstandsfläche zum Nachbargrundstück nicht eingehalten worden. Die Mauer sei 40 Zentimeter höher als eingezeichnet. Und der Hang sei viel steiler als in der Planskizze vermerkt.

Die endgültige Entscheidung über die Baugenehmigung oblag jedoch dem Landratsamt, das im Sommer 2021 dem Vorhaben zustimmte, weil „die Mauer in der Höhe den Höhen der anderen Mauern in der Gegend angepasst wurde“, so die Begründung. Mit anderen Worten, der Bau konnte hinterher genehmigt werden, weil er sich in die Umgebung einfügt; kurz, weil es Bezugsfälle gebe. Einen Bebauungsplan für das Gebiet um den Eichenberg gibt es nicht. Die Gemeinde Hebertshausen reichte in der Folge im Februar 2022 Klage ein, weil ihrer Ansicht nach das Bauwerk wegen seiner Art und Massivität eben nicht vergleichbar sei mit umliegenden Mauern. Manche Bürger vergleichen den Bau mit Fort Knox in den USA. Weil die Klage keine aufschiebende Wirkung entfaltete, durfte Wörmann fertig bauen. Auf einen Eilantrag verzichtete die Gemeinde und setzte stattdessen auf eine klärende Ortsbegehung, die gestern stattfand.

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