Schule mit Zündstoff: Bürgerversammlung zeigt verschiedene Standpunkte zum Sportgymnasium in Geretsried auf
Vertreter von Sportgymnasium, IG Wald und Stadt zeigten bei der Bürgerversammlung ihre unterschiedlichen Standpunkte zu dem umstrittenen Vorhaben auf.
Geretsried – Immer wieder wurden die Redner durch Zwischenrufe unterbrochen. Leicht hatten es weder die Vertreter der Stadt, noch die der IG Wald, noch die des geplanten Sportgymnasiums, als sie ihre Standpunkte zu eben diesem Vorhaben am Donnerstagabend in der Mensa der Karl-Lederer-Mittelschule präsentierten. Dass die Sportschule ein Thema mit gewissem Zündstoff ist, daran ließ auch die Besucherzahl der Bürgerversammlung keine Zweifel. Etwa 150 Gäste kamen – im vergangenen Jahr waren es 15.
Mit dem Sportgymnasium verfolgt die Stadt ihre im Stadtleitbild 2013 festgelegten Ziele. Das verdeutlichte Stadtbaurat Rainer Goldstein in seiner Präsentation. „Das ist unser Handbuch, mit dem wir arbeiten.“ So wird darin zum Beispiel die Errichtung von weiterführenden Schulen gefordert. „Wir haben viel Wald. Aber wenig Gemeinbedarfsflächen im Bereich Kinderbetreuung oder Bildungsangebote.“ Konkret sind 36 Prozent der Stadtfläche bewaldet. Überdurchschnittlich viel, wie der Stadtbaurat hervorhob. Ganz Geretsried sei schon immer im Wald gewachsen. In der Stadt gebe es kleinere, übrige Waldflächen. „Wir müssen schauen, was wir damit machen.“ Diese Flächen zeigte Goldstein auf einer Stadtkarte. Am Isardamm etwa wäre ein potenzieller Standort für eine Kita. Die könnte aber auch im Bereich Adalbert-Stifter-Straße Süd entstehen. Eine dritte Grundschule, die mutmaßlich erst in zehn bis 20 Jahren benötigt wird, wäre am Eisstadion denkbar, aber auch beim Saftladen.

Bleiben drei potenzielle Flächen für eine weiterführende Schule: erstens, der Waldpark. „Er soll eine innerstädtische Erholungsfläche bleiben“, so Goldstein. Zweitens, das alte Hallenbad: „Dort könnte man das Isarau-Stadion erweitern. Für eine Schule ist es nicht ausreichend groß.“ Und drittens die Fläche südlich des Hallenbads. Nur sie sei gut geeignet für die Schule, die Stararchitekt Daniel Libeskind entworfen hat. Auch, weil sie gut erreichbar wäre.
Aktuelle Nachrichten aus Geretsried lesen Sie hier.
Das Konzept der Sportschule
Das Konzept der Einrichtung präsentierte der künftige Schulbetreiber Florian Kurrle. Seine Familie betreibt seit 97 Jahren eine private Schule in Holzkirchen, die Wirtschaftsschule Pasold-Weißauer. Das Sportgymnasium wird eine gemeinnützige Einrichtung sein. Bedeutet, dass es keine Gewinne erwirtschaftet, sondern alles Einkommen in die Schule, etwa in Lehrmittel, investiert wird. Das staatlich genehmigte Gymnasium können auch Kinder besuchen, die einen schlechteren Notenschnitt haben, als den, der zum Übertritt auf ein Gymnasium berechtigt. „Das Schulgeld ist einkommensabhängig“, erklärte Kurrle, der auch Gesellschafter der München Süd Sportschule GmbH ist. Für Geschwisterkinder soll es Ermäßigungen geben. „Wir wollen eine Schule, die offen ist für jeden“, betonte er. In der Schule gebe es kein sportartenspezifisches Training. „Wir bieten den Talenten die Schule an, mit deren Unterstützung sie ihr Training ausüben können.“ Kurrle meint damit, dass die Kinder in der Sportschule darauf vorbereitet werden, ihre körperliche Leistungsfähigkeit abzurufen. Etwa mit Ausdauertraining oder mentalem Training. Aber sie bleiben in ihren jeweiligen Sportvereinen.
IG Wald verweist auf Gutachten zum Vorhaben
Als Nächstes ergriff IG-Wald-Sprecher Thomas Laumont das Wort und betonte: „Wir alle von der IG Wald denken, eine private Sportschule kann für Geretsried gut sein.“ Jedoch war er der Meinung: „Der Entwurf von Libeskind kann gar nicht so nachhaltig sein, dass er die Sünde, die er verursacht, wieder wettmacht.“
Meine news
Er zitierte aus Gutachten, die auf der Homepage der Stadt einsehbar sind. So bedeute der Schulbau beispielsweise einen massiven Eingriff in einen gesunden Mischwald. „Viele Gutachten und Stellungnahmen sind unvollständig“, monierte Laumont. Eine schalltechnische Beurteilung sei zum Beispiel angekündigt, aber noch nicht gemacht.

Auch sprach er die „soziale Sprengkraft“ an, die das Projekt in seinen Augen mit sich bringe. Denn Eltern der Sportgymnasiums-Schüler hätten ein tendenziell gutes Einkommen. „Wenn ich eine solche Schule in die Nähe des Gymnasiums, der Realschule und in der Nähe zu Flüchtlingsunterkünften baue, sind Spannungen vorprogrammiert.“ Einige Besucher und Stadträte kommentierten das mit „lächerlich“. Laumont machte auch seinem Ärger über das von der Stadt initiierte Ratsbegehren Luft. „Wir haben circa 4800 Unterschriften abgegeben. Warum ignoriert der Stadtrat das Votum?“
Thomas Sichert von der IG Wald ging es um den Verkehr an der Adalbert-Stifter-Straße. Er forderte ein aktuelles Gutachten, ein Sicherheitskonzept und eine Risikoanalyse. Der von der München Süd Sportschule GmbH beauftragte Verkehrsplaner Tobias Giehl hatte eine Prognose für den Verkehr im Jahr 2035 dabei, mit und ohne Sportgymnasium. 2021 waren es noch 12 100 Fahrzeuge, die innerhalb von 24 Stunden auf der Adalbert-Stifter-Straße unterwegs waren. Im Jahr 2035 werden es ohne die Schule 13 300 Fahrzeuge, und mit ihr 13 600 sein. Um den Verkehr dort zu entlasten, sei eine eigene Hol- und Bringzone geplant, zudem soll der Lieferverkehr getrennt ablaufen. „Wir haben auch schon mit den Leitern der umliegenden Schulen für ein Schulwegsicherheitskonzept gesprochen“, so Giehl.
+++ Uns gibt's endlich auch auf Instagram! Unter „MerkurWolfratshausenGeretsried“ finden Sie immer die spannendsten Geschichten unserer Region. +++
Früherer Schulbeginn soll Verkehr entlasten
Projektleiterin Ute Hennekes ging ebenfalls auf das Thema Verkehr ein. Um das Gebiet um das Schulzentrum zu entlasten, wird der Unterricht im Sportgymnasium bereits um sieben Uhr beginnen. Auch auf den Standort, für viele wohl der entscheidende Knackpunkt an dem Vorhaben, kam Hennekes zu sprechen. „Er ist aus ökologischer Sicht prädestiniert“, sagte sie. Weil viele Sportstätten in unmittelbarer Nähe liegen, müsse man nichts neu bauen. „Wir versuchen, den Eingriff in die Natur minimal zu halten“, bekräftigte sie. Alle Wünsche und Bedenken aus dem Bürgerworkshop Mitte des Jahres habe man in die Planungen einfließen lassen.

Für die Geretsrieder soll der Wald um die Schule als öffentlicher Park erhalten bleiben. Doch auch vom Gebäude selbst profitieren nicht nur die Schülerinnen und Schüler. So soll etwa das Forum für Konzerte der Musikschule genutzt werden können, oder Teile des Dachs öffentlich zugänglich sein.