US-Haushalt: Trump wird ungewollt zum Atomkraft-Totengräber

Als die amerikanische Traditionszeitung "Washington Post" die Beziehung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem argentinischen Präsidenten Javier Milei "als komischste Bromance der Hemisphäre" bezeichnete, hätte wohl niemand gedacht, dass Trump nur wenige Monate später sich die metaphorische Kettensäge umhängen und an seinem eigenen Land ansetzen würde - zumindest nicht an einer Branche, als deren Champion er sich dargestellt hatte.

Denn dank des neuen Haushaltsgesetzes, dessen Klingen der Sparsamkeit nicht nur beim Gesundheitssystem oder der Bildung ansetzen sollen, sondern auch in der Kernkraftindustrie, könnte Trump zum unfreiwilligen Totengräber seiner eigenen Idee werden. 

Atomkraft in USA: SMR dank IRA

Kurzer Rückblick: Gleich mit Beginn seiner zweiten Amtszeit erklärte Trump Ende Januar einen „Nationalen Energienotstand“. Die schädliche Energiepolitik der Vorgänger-Regierung von Joe Biden, gedenke er, Trump, zu korrigieren – unter anderem durch den Ausbau der Atomkraft.

Denn obwohl die USA mit 95 Kernkraftwerken nach wie vor das größte Atom-Land der Welt stellen, sind seit Mitte der 1990er lediglich drei neue Kraftwerke ans Netz gegangen; häufig scheiterten neue Projekte an zu hohen Vorlaufkosten und langen Genehmigungsprozessen. Nach dem Willen Trumps soll sich das jetzt ändern. Erst Ende Mai erließ der US-Präsident ein neues Dekret, das die amerikanische Kernkraft mit einer Reihe von Maßnahmen endgültig entfesseln soll. 

Im Zentrum der Hoffnungen stehen die sogenannten „Small Modular Reactors“, kurz: SMR. Bei ihnen handelt es sich um Mini-Atomkraftwerke, die in Fabriken hergestellt und vor Ort montiert werden sollen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kernkraftwerken sollen SMRs schnell zu bauen und kostengünstig sein. 

Tatsächlich genießt die Atomenergie nicht nur unter Trump und seinen Republikanern, sondern auch unter den oppositionellen Demokraten viele Anhänger. Der demokratische Vorgänger-Präsident Biden hatte ebenfalls versucht, die Kernkraft Made in USA anzukurbeln – unter anderem mit Hilfe seines großen Klima-Pakets, dem Inflation Reduction Act (IRA).

Computergeneriertes Konzept des nun geplatzten NuScale-Projekts.
Computergeneriertes Konzept des nun geplatzten NuScale-Projekts. Screenshot: NuScale/YouTube

Trump und der Sargnagel für Atomkraft?

Bekannt ist der IRA vor allem durch seine Steuergutschriften und Subventionen für grüne Technologien, etwa Batterien, Windfarmen, Solarparks, Geothermie – und auch Atomkraft. Doch Trumps Republikanern ist das Biden-Klimapaket ein Dorn im Auge. Ein neues Haushaltsgesetz, das vergangene Woche nach erbitterten Debatten im US-Repräsentantenhaus durchgewunken wurde, will die Gutschriften und Subventionen daher sehr viel früher auslaufen lassen als geplant. Spätestens 2028, so sieht es der Entwurf vor, soll Schluss sein.

Und genau das könnte nun die „Nukleare Renaissance“ beerdigen. Denn viele Atomkraft-Unternehmen brauchen gerade jetzt Sicherheit hinsichtlich ihrer Fördermittel. SMRs haben einen Planungsvorlauf von etwa vier Jahren – Anlagen, die also nicht bereits geplant sind oder erst nach 2031 in Betrieb gehen, würden aller Voraussicht nach leer ausgehen. Gleichzeitig müssten sie die hohen Vorlaufkosten ohne die großzügigen Kredite der Regierung stemmen, und das auch noch zu wesentlich teureren Konditionen.

In der Industrie selbst ist die Stimmung daher vor allem gemischt. Maria Korsnick, Präsidentin des Branchenverbandes Nuclear Energie Institute (NEI), sprach während einer Konferenz davon, dass die IRA-Steuergutschriften amerikanischen Haushalten Milliarden von Dollar ersparen würden. "Die Zukunft unserer Industrie", so Korsnick, "liegt in den Händen des Kongresses und dieser Regierung. Das gilt auch für die Zukunft der amerikanischen Energiesicherheit."

Auch unter den Republikanern selbst herrscht Uneinigkeit: Wenige Tage vor der Abstimmung wandten sich mehrere republikanische Politiker per Brief mit eindringlichen Worten an den Vorsitzenden des Haushalts- und Finanzausschusses: Die Fördermittel seien effektiv und würden Milliarden an privaten Investitionen freisetzen. „Sie demonstrieren, dass es den USA ernst damit ist, sich als Weltmarktführer in der Kernenergie zu etablieren“, heißt es in dem Schriftstück.

Auch so haben SMRs ganz eigene Probleme

Die Kehrtwende würde nach derzeitigem Stand die meisten Kernkraft-Projekte treffen. Lediglich drei Projekte im ganzen Land sollen nach derzeitiger Planung vor 2029 an den Start gehen, der Rest folgt erst im Anschluss. Dabei war die Hoffnung auf einem kleinen SMR-Boom in den 2030ern groß, insbesondere weil Tech-Konzerne wie Meta mit ihrer KI-Offensive auf eine stabile Energieversorgung setzen

Doch SMR haben davon abgesehen auch viele hauseigene Probleme: Die Kosten steigen teilweise schon während der Planung auf astronomische Höhen, vom Bau und der späteren Inbetriebnahme ganz zu schweigen. Noch gibt es nämlich kein skalierbares Produktionsmodell, die Genehmigungsverfahren sind kompliziert und auch die Standortsuche gestaltet sich schwierig. 

Das neue Haushalts-Gesetz ist allerdings noch lange nicht in Kraft getreten, denn die Energiepolitik wird nicht als Einzige umgekrempelt: Die Abgeordneten haben nämlich auch eine Reihe an Vorschlägen für die Ressorts Gesundheit und Bildung ausgearbeitet - und die treffen wiederum auch viele republikanisch regierte Bundesstaaten, die bei den nächsten Wahlen möglicherweise abgestraft werden könnten. Als Nächstes verhandelt also der Senat über das Paket. Beobachter in Washington und zahlreiche US-Medien gehen davon aus, dass noch einige Änderungen hineinverhandelt werden. Bis das Haushaltsgesetz also tatsächlich verabschiedet wird, können noch Monate vergehen.