Weltumsegler Paul Piendl aus Schondorf im Golf von Aden und im militärischen Sperrgebiet
Den Golf von Aden zwischen Jemen und Dschibuti, der wegen der Huthi-Überfälle als Hochrisikogebiet gilt, konnte der Weltumsegler Paul Piendl aus Schondorf mit Glück unbeschadet durchqueren. Umso ärgerlicher ein Mastbruch, der ihn zu einem Zwangsaufenthalt im militärischen Sperrgebiet des ägyptischen Hafens Port Berenice an der Westküste des Roten Meeres zwang.
Schondorf - Den Seglergruß „Mast- und Schotbruch“ kann Paul Piendl (25) wohl nicht mehr hören. Der Bootsbauer aus Schondorf ist seit Januar 2021 mit seinem 9,15 Meter langen Einmaster „Wasa“ auf Weltumseglung und hat das leidvoll erlebt. Der Mastbruch, ein Horror-Szenario für jeden Segler, ereignete sich 400 Seemeilen beziehungsweise 740 Kilometer vor Port Suez, der Einfahrt in den Suezkanal. Wie Paul seinem Vater Markus Piendl über Telefon schilderte, war er gerade unter Deck, als er plötzlich ein Knacken hörte. Der zwölf Meter hohe Mast war über dem ersten Querbalken, der Saling, gebrochen und samt Takelage ins Meer heruntergestürzt. Nur mit viel Kraft und einem ordentlichen Schub Adrenalin konnte Paul den Mast samt Segel und Rigg allein bergen und seine Familie mit einer SMS informieren.
Hilfe von der Küstenwache
Die ägyptische Küstenwache wurde von seinem Vater noch in der Nacht über die Leitstelle der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger, kurz DGzRS, alarmiert. Sie schleppte das Segelboot rund zwanzig Seemeilen in den militärischen Teil von Port Berenice, wo sich die Offiziere als sehr kooperativ zeigten. Paul wurde bestens verpflegt und konnte mit seinem Vater telefonieren. Er bekam für seine spätere Weiterreise sogar eine SIM-Karte geschenkt, die er nahe am Land nutzen kann. Normalerweise kommuniziert Paul mit seiner Familie via SMS über sein Satellitentelefon.
Das abgebrochene Mastoberteil wurde von den ägyptischen Helfern mittels einer Stahl-Manschette und einer Alu-Schweißnaht wieder mit dem Unterteil verbunden. Mit diesem Provisorium hat Paul Piendl inzwischen wieder abgelegt und hofft, dass Mast und Wanten bis Suez halten. Zur Sicherheit und für den Notfall haben ihn die Ägypter mit genügend Dieselkraftstoff ausgestattet.
Ziel dieser Etappe ist Zypern, wo das Boot an Land kommt. Dort bekommt es einen neuen Mast und wird auch gründlich durchgecheckt und überholt. Weil das alles ordentlich ins Geld geht, hat ein Segelkamerad von Paul eine Crowdfunding-Aktion gestartet. Unter www.gofundme.com/f/wasa-broken-mast kann man sich an den Kosten beteiligen. Aufgefrischt und mit neuem Mast will Piendl bis August/September am Startpunkt seiner Reise im portugiesischen Lagos ankommen und damit seine Erdumsegelung beenden.
Durch den Golf von Aden
Unvergesslich in seinen Erinnerungen wird ganz sicher die abenteuerliche Durchquerung des Golfs von Aden zwischen Jemen und Dschibuti bleiben. Diese Route über das Rote Meer und den Suezkanal nach Zypern und zum Endziel Portugal hatte der junge Segler schon lange vor dem Hamas-Überfall auf Israel am 7. Oktober letzten Jahres fest geplant. Niemand konnte damals ahnen, dass dieser Konflikt die jemenitische Huthi-Terrormiliz auf den Plan ruft.
Sie deklariert ihre Überfälle auf Handelsschiffe als Unterstützung der Palästinenser im Gaza-Krieg und als Druckmittel auf viele Staaten, eine Wende im Konflikt herbeizuführen. Immerhin wird ein Zehntel des Welthandels über die Passage vom Indischen Ozean zum Roten Meer abgewickelt. Eine alternative Route über das südafrikanische Kap der Guten Hoffnung ist gut 6.000 Kilometer länger.
Über einen kurzfristigen Wechsel auf diesen Weg hatte auch Paul Piendl nachgedacht. Dieser Umweg wäre zwar sicher gewesen, hätte aber ein Jahr Zeit gekostet. Also blieb Piendl bei seiner ursprünglichen Planung und segelte alleine los. Bei so langen Fahrten hatte er bislang oft Freunde mit an Bord. Diesmal aber kniffen sie, weil ihnen die Passage zu gefährlich erschien.
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Mittendrin im Funkverkehr
Sie hatten wohl recht. Denn die „Wasa“ von Paul Piendl befand sich beim Raketenangriff der Huthi auf das Handelsschiff „True Confidence“ gerade mal acht Seemeilen entfernt. So wurde der Weltumsegler am 6. März frühmorgens unfreiwillig Ohrenzeuge des Funkverkehrs zwischen dem Frachter und den Huthi, die sich als Kriegsschiff der jemenitischen Regierung ausgaben.
Über Funk erfuhr Piendl schließlich, dass die Huthi den Frachter mit einer Rakete beschossen hatten, wobei drei Seeleute starben und weitere verletzt wurden. Schiffe der indischen und US-Marine konnten die restliche Crew von dem brennenden Frachter retten. Paul Piendl wurde erschreckend klar, dass selbst Hubschrauber im Tiefflug und die hier patrouillierenden internationalen Kriegsschiffe, darunter die Bundeswehr-Fregatte „Hessen“, keine hundertprozentige Sicherheit bieten können.
Angespannt und mit dem Fernglas den Horizont beobachtend erreichte Piendl am 9. März schließlich den Hafen von Dschibuti, wo viele westliche Kriegsschiffe ankern. Er stockte seine Vorräte auf und brach zusammen mit zwei anderen Segelschiffen zur Meerenge Bab al-Mandab zwischen dem Golf von Aden und dem Roten Meer auf, die als besonders gefährlich gilt. So krachte es auch gewaltig mit Explosionen und Feuerbällen am Himmel, allerdings von amerikanischer Seite: US-Luftstreitkräfte gingen gegen die Huthi vor, was die Segler aber erst später erfuhren.
Nach dieser lebensgefährlichen Abenteuerfahrt fühlte sich der kurz darauffolgende Mastbruch zwar ärgerlich, aber geradezu harmlos an, wie Paul Piendl erleichtert feststellte.