Kommentar von Joachim Krause - Experte warnt: Wenn Trump schmutzig mit Putin dealt, hat Europa zwei Optionen

Die letzten Tage haben erkennen lassen, dass die US-Regierung von Präsident Donald Trump mit Wladimir Putin direkte Verhandlungen über einen Waffenstillstand in der Ukraine aufgenommen hat

Am 18. März wird nach einem Telefonat zwischen Putin und Trump möglicherweise Entscheidendes verkündet. Was ist davon zu erwarten?

Trump telefoniert mit Putin: Verhandlungslage und mögliche Reaktionen

Die Verhandlungslage ist eigentlich recht klar. Die USA haben zusammen mit der Ukraine Russland einen 30 Tage langen Waffenstillstand angeboten. Russland hat diesen Vorschlag zwar nicht vollständig abgelehnt, ihn aber mit so viel Bedingungen verbunden, dass es nicht dazu kommen wird, es sei denn, die andere Seite gibt nach. 

Die große Frage ist jetzt: Wie wird Trump auf Russlands Bedingungen reagieren? Die US-Nachrichtendienste haben dem US-Präsidenten in den vergangenen Tagen mitgeteilt, dass ihrer Einschätzung nach Putin nicht an einem Waffenstillstand interessiert sei, sondern weiterhin die vollständige Unterwerfung der Ukraine anstrebe. 

Geheimdienst-Information über Putins Pläne gelangte an die "Washington Post"

Damit diese Einschätzung nicht von der Koordinatorin der Nachrichtendienste in der Trump-Administration, Tulsi Gabbard, zurückgehalten wird, hat irgendjemand diese Information an die "Washington Post" durchgestochen. 

Denn Tulsi Gabbard scheint eine besondere Sympathie für brutale Diktatoren zu haben. Selbst wenn diese – völlig korrekte – Einschätzung der Nachrichtendienste zu Trump gelangt, heißt es noch lange nicht, dass er sich für die Ukraine einsetzen wird.

Über den Experten Joachim Krause

Prof. Dr. Joachim Krause ist Direktor Emeritus des Instituts für Sicherheitspolitik an der Universität Kiel und Chefredakteur von SIRIUS. Er war als wissenschaftlicher Mitarbeiter und später als Privatdozent tätig. Neben seiner akademischen Laufbahn hat er an internationalen diplomatischen Missionen teilgenommen. Seine Forschungsarbeit ist in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen dokumentiert.

Joachim Krause

Trump hätte zwei wirksame Maßnahmen, beide wird er nicht ergreifen

Zwar haben hochrangige Vertreter der Trump-Administration, die anonym bleiben wollen, in den vergangenen Wochen immer wieder angedeutet, dass „ein starker US-Präsident“ Russland mit Sanktionen überziehen und Putin zum Nachgeben zwingen könnte. Aber dies sind weitgehend hohle Drohungen. Der Handel zwischen beiden Ländern ist auf ein Minimum geschrumpft. Da ergeben weitere Handelshemmnisse oder Zölle keinen Sinn. 

Einige russische Oligarchen mehr auf Sanktionslisten setzen zu lassen, wird auch nichts bewirken. Wirklich wirksame Maßnahmen wären die Sperrung der Ostsee für Schiffe der russischen Schattenflotte oder aber die Entsendung amerikanischer und anderer westlicher Truppen in die Ukraine. 

Beides ist von Trump nicht zu erwarten. Die Entsendung von amerikanischen Truppen in die Ukraine hat er wiederholt abgelehnt.

Bedrohung durch einen schmutzigen Deal

Zwar kann man bei Trump niemals ausschließen, dass er dennoch harte Schritte gegen Putin vornimmt. Es ist aber viel wahrscheinlicher, dass er auf Putin zugeht und die Erreichung eines Waffenstillstands zu Bedingungen akzeptiert, die in der Ukraine (und nicht nur dort) als Knebelvertrag interpretiert werden – als eine Wiederholung der Fehler des Münchener Abkommens von 1938. 

Damals hatten die Westmächte Großbritannien und Frankreich wegen ein bisschen Frieden der Aufteilung und damit auch der Unterwerfung der Tschechoslowakei unter die Herrschaft Adolf Hitlers zugestimmt. Weitere Aggressionen Hitlers hat das nicht stoppen können.

Trump hat zudem eine schwer nachvollziehbare Affinität zu Putin, die Anlass zu einer Reihe an Spekulationen gibt. Möglicherweise stellt er sich vor, er könnte durch eine Annäherung an Moskau das Bündnis zwischen Russland und China aufbrechen. Das aber ist völlig unrealistisch und dürfte eher mit dem Kollaps des atlantischen Bündnisses enden.

Schmutziger Deal über die Ukraine am wahrscheinlichsten

Vergegenwärtigt man sich die Meldungen der vergangenen Tage, so spricht viel für die Vermutung, dass Trump einen schmutzigen Deal mit Russland über die Ukraine treffen wird. 

Trump hat seinen Beauftragten für die Verhandlungen über die Ukraine, Keith Kellogg, abberufen, nachdem Putin den Mann abgelehnt hat. Kellogg habe zu sehr die Position der Ukraine vertreten. 

Stattdessen verhandelt nun Steven Witkoff mit Putin, ein Immobilienkaufmann aus New York. Witkoff versteht nichts von internationaler Politik und diplomatischen Verhandlungen. 

Er ist ein enger Freund von Trump und hat schon 2022 sein Unverständnis über Sanktionen gegen Russland zum Ausdruck gebracht. 

Dadurch würden doch „phantastische Geschäfte“ durch die Lappen gehen, sagte er. Daneben verhandelt der völlig unerfahrene und profillose US-Außenminister Marco Rubio mit dem gewieften Sergei Lawrow. Trumps jüngste Äußerungen, wonach man mit Russland über gewisse „Assets“ und über Kraftwerke verhandele, untermauern diese Befürchtung.

Wie könnte ein Waffenstillstand aussehen?

Wie kann so ein schmutziger Waffenstillstand also aussehen? Eine Einigung würde in der teilweisen oder sogar weitgehenden Erfüllung von Putins Forderungen bestehen. Putins Forderungen lauten: Sofortige Abtretung von vier ukrainischen Provinzen an Russland, darunter auch Gebiete, die unter der Kontrolle Kiews sind. Des Weiteren fordert er die weitgehende Auflösung der ukrainischen Streitkräfte, die derzeit die stärkste und beste Armee Europas westlich Russlands darstellt. Außerdem will er eine dauerhafte Verpflichtung haben, wonach die Ukraine nicht der Nato beitreten dürfe. 

Und natürlich will er, dass die Sanktionen aufgehoben werden. Und nicht zum Schluss will er einen Machtwechsel in Kiew, um dort ein ihm genehmes Regime zu etablieren. Trump könnte ihm entgegenkommen und das als großen „Deal“ verkaufen, indem er lediglich die Abtretung derjenigen Gebiete an Russland vereinbart, die ohnehin von Putins Truppen besetzt sind. 

Trump könnte auch einem „Rüstungskontrollregime“ über die ukrainischen Truppen zustimmen. Den Beitritt der Ukraine zur Nato hat er ohnehin schon ausgeschlossen. Und er könnte mit Putin darin übereinkommen, dass nach einem Waffenstillstand in der Ukraine Wahlen abgehalten werden. 

Europa steht wohl vor der Wahl zwischen zwei Wegen

In diesem Deal würde es keine Sicherheitsgarantien für die Ukraine gegen neue Aggressionen Russlands geben.

Das einzige Problem dabei ist die Aufhebung der Wirtschaftssanktionen. Das ginge nicht ohne die Europäer. Und die gegenwärtige Stimmungslage in den europäischen Hauptstädten ist klar gegen die Aufhebung der wegen Russlands Angriffskrieg verhängten Sanktionen. 

Aber was wäre, wenn Trump den Europäern androht, dass er beim Festhalten an den Sanktionen nicht nur seine Friedensbemühungen beenden würde, sondern auch die militärische und wirtschaftliche Hilfeleistung für die Ukraine? 

Die Europäer stünden dann vor der Wahl: 

  • Entweder klein beigeben und auf einen Waffenstillstand vertrauen, der genauso wackelig sein wird wie das Abkommen von München 1938
  • Oder die Verteidigung der Ukraine gegen die russische Aggression zu ihrer eigenen machen und in der Verteidigungspolitik unabhängig von den USA werden. 

Die zuletzt genannte Option ist realisierbar und sie wäre die Beste, wollte man einen großen Krieg in Europa vermeiden. Aber darüber einen Konsens zwischen den europäischen Hauptstädten herzustellen, wird außerordentlich schwierig sein.