Alternativen zu persönlichen Glückwünschen: Gemeinden finden kreative Lösungen

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Besuch aus dem Rathaus: Geretsrieds Senioreferentin Dr. Sabine Gus-Mayer (re.) beglückwünscht Jubilare, in diesem Fall das Ehepaar Gertrud und Gerhard Rottmeier zu dessen Goldener Hochzeit. © Sabine Hermsdorf-Hiss/Archiv

Die steigende Anzahl älterer Bürger und Jubilare macht es für Gemeinden schwierig, die Tradition der persönlichen Glückwünsche fortzusetzen. Daher setzen einige Gemeinden auf Seniorennachmittage und andere Veranstaltungen, um ihre älteren Bürger zu ehren.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Ab dem 65. Lebensjahr und ab der Silbernen Hochzeit dürfen sich die meisten Landkreisbürger über Glückwunschkarten von ihrer Stadt oder Gemeinde freuen. Ab 80 und der Goldenen Hochzeit bekommt man, wenn man möchte, sogar in vielen Kommunen Besuch vom Bürgermeister, seinen Stellvertretern oder den Seniorenreferenten. Allerdings macht sich der demografische Wandel bemerkbar, und in den Rathäusern kommt man kaum mehr hinterher mit dem persönlichen Gratulieren. Auch hat die Corona-Pandemie ihre Spuren in puncto Vorsicht hinterlassen. Einige Rathauschefs haben sich deshalb andere Lösungen einfallen lassen.

Die Gemeinde Münsing hat früher ab dem 80. Geburtstag und dann alle fünf Jahre sowie ab der Goldenen Hochzeit einen Vertreter geschickt. „Oft bin ich selbst zu den Jubilaren gefahren“, sagt Bürgermeister Michael Grasl. Doch da deren Anzahl „erfreulicherweise stark ansteigt“, seien mehrere Termine in einer Woche oder an einem Tag leider nicht mehr zusätzlich zum Alltagsgeschäft möglich. Man sei deshalb dazu übergegangen, die älteren Menschen bei Seniorennachmittagen im Rahmen von Zeltfesten zu ehren. „Davon machen immer einige 100 Gäste Gebrauch.“

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Lenggries lädt Jubilare in den Alpenfestsaal ein

In den Alpenfestsaal lädt die Gemeinde Lenggries ihre älteren Geburtstagskinder und lange Verheiratete jedes Jahr im Oktober zu Kaffee und Kuchen ein. Die Senioren erhalten bei der Gelegenheit ein kleines Geschenk. Das sei zum Beispiel einmal eine mit Pralinen gefüllte Lenggries-Tasse gewesen; heuer gebe es Kuscheldecken, verrät Sabine Schmöller aus dem Rathaus. Das Angebot werde gut angenommen, teilweise kämen bis zu 100 Besucher. Früher habe die Seniorenbeauftragte des Gemeinderats, Brigitta Opitz, die Mitbürger ab 85 Jahren besucht, doch es seien zu viele geworden. In Egling wird beides praktiziert – persönliche Besuche durch Seniorenreferent Max Hartl und Bürgermeister Hubert Oberhauser sowie Seniorennachmittage mit Ehrungen. „Da dürfen alle ab 65 dabei sein. Es gibt eine große Verlosung mit vielen Gutscheinen und Geschenke“, sagt Johanna Deiser vom Standesamt.

Vor Corona waren häufige Besuche an der Tagesordnung

Geretsrieds Seniorenreferentin Dr. Sabine Gus-Mayer erzählt, vor Ausbruch der Corona-Pandemie sei sie extrem viel als Glückwunsch-Überbringerin unterwegs gewesen. Ab dem 90. Geburts- und dem 50. Hochzeitstag sei sie auf Wunsch ins Haus gekommen, um Blumen und eine Urkunde der Stadt zu überreichen – und um meist länger zu bleiben, weil die Lebensgeschichten der Geretsrieder, gerade derer mit Fluchthintergrund, für sie „unglaublich beeindruckend“ seien. Nach einer Pause während der Pandemie werden die Senioren laut Pressestelle der Stadt wieder vom Bürgermeisteramt kontaktiert, ob sie Besuch wünschen. „Bisher haben sich alle über den Anruf und die Geste gefreut. Da begannen am Telefon schon die Überlegungen, welchen Kuchen und welchen Sekt man serviert“, schreibt Pressesprecherin Lena Kovacevic. Manche würden aber aufgrund von Abwesenheit, gesundheitlichen Einschränkungen oder anderen Gründen abwinken. Gus-Mayer sagt, dass die ältere Generation ihrer Erfahrung nach seit Corona vorsichtiger geworden sei, weil sie Ansteckungen befürchte. Hinzu komme in jüngster Zeit die Angst vor Trickbetrügern: „Wenn die Leute einen Anruf bekommen, bei dem sie die Stimme nicht kennen und das Gesagte aufgrund von Schwerhörigkeit nicht so gut verstehen, legen viele gleich wieder auf. Das haben ihnen ihre Kinder und Enkel so eingebläut“, so die Seniorenreferentin.

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Nicht alle Jubilare wollen einen Besuch

In Bad Tölz bekommen laut Pressesprecherin Birte Stahl alle Bürgerinnen und Bürger mit Hauptwohnsitz in der Kurstadt ab dem 70. Geburtstag ein Glückwunschschreiben des Bürgermeisters, danach alle fünf Jahre. Wer das gesegnete Alter von 90 Jahren erreicht, darf damit rechnen, dass ein Mitglied des Stadtrates nach Voranmeldung vorbeischaut. Ab dem 100. Geburtstag erfolgt dieser Besuch jährlich, sofern gewünscht. Dasselbe gilt für die Goldene Hochzeit, die Platin-Hochzeit (55 Jahre), die Diamantene (60), die Eiserne (65) und die Gnaden-Hochzeit (70). Allerdings, so Stahl, lehnt etwa die Hälfte der Angeschriebenen das Angebot ab oder meldet sich nach dem Brief nicht zurück. „Die andere Hälfte zeigt sich von dieser Art der Wertschätzung meist hocherfreut. Die Gratulanten berichten von zahlreichen sehr berührenden und persönlichen Begegnungen.“

Gerne empfangen werden Bürgermeister Klaus Heilinglechner und sein Stellvertreter Günther Eibl von den Wolfratshausern an deren Ehrentagen. Wie Chefsekretärin Helga Hacibekiroglu mitteilt, erhalten die älteren Bürger mit 75, 80 und 85 Jahren Glückwunschkarten, die die Amtsbotin ihnen überbringt. Falls der Jubilar zu Hause ist, übergebe sie zusätzlich für die Damen eine Schachtel Pralinen und für die Herren ein Set von zwei Weinflaschen.

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Ab dem 90. Geburtstag schreibe die Stadt die Geburtstagskinder an, ob sie einen Besuch des Bürgermeisters wünschten. Selbiges gelte für Ehejubiläen. Es werde also niemand angerufen. Die Jubilare meldeten sich bei der Stadt, womit Verwechslungen ausgeschlossen seien. Ob die Presse eingeladen werde, würden ebenfalls die Jubilare selbst entscheiden. Hacibekiroglu sagt: „Die meisten Jubilare freuen sich, wenn jemand kommt. Es gibt aber auch Personen, die bei uns anrufen und uns mitteilen, dass sie auf keinen Fall einen Besuch wünschen.“

Tourismusgemeinden ehren ihre treuen Gäste

In den Tourismusgemeinden werden zudem langjährige Gäste geehrt. „Das macht bei uns der Gastgeber selbst, und die Gemeinde steuert Urkunden und Präsente bei“, berichtet Münsings Rathauschef Grasl. Maria Bader von der Tourist-Info Lenggries erzählt, früher hätten Gäste, die seit mehr als fünf Jahren kämen, immer donnerstagnachmittags in der Tourist-Info Sekt und Geschenke bekommen. Heute wollten die meisten lieber flexibler sein. Also könnten sie auch an einem anderen Tag vorbeikommen, um sich ein Brauneck-Buch und einen Einkaufsgutschein abzuholen. „Wir haben zum Beispiel einen Gast aus einer unserer Partnergemeinden in der Bretagne, der seit über 40 Jahren in Lenggries Urlaub macht“, so Bader.

Der Stadt Bad Tölz sind ihre treuen Gäste ebenfalls etwas wert. Ab dem fünften Aufenthalt und dann immer in Fünfer-Schritten werden sie von Kur- und Tourismusdirektorin Brita Hohenreiter zu einem Umtrunk eingeladen, erhalten ein Geschenk und ein Dankesschreiben sowie im Anschluss ein Foto als Erinnerung an das Treffen, das ihnen zugeschickt wird. Von Tanja Lühr

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