Wut auf Kindergrundsicherung: Jobcenter schreibt Brandbrief an Scholz – „Irreparabler Schaden“
Die Kindergrundsicherung wird seit Monaten scharf diskutiert. Das Jobcenter warnt in einem Brandbrief an den Bundeskanzler vor den Folgen.
Berlin/München – Die geplante Kindergrundsicherung von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) beunruhigt die Personalräte der Jobcenter. In einem Brandbrief an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) fordern sie Änderungen bei der Kindergrundsicherung. Sie befürchten, dass das Gesetz in der aktuellen Fassung Nachteile für bürgergeldberechtigte Familien sowie für den Sozialstaat bringe.
Kindergrundsicherung: Brandbrief an Scholz – Jobcenter warnen vor Paus-Reform
Geht es nach den Personalräten der Jobcenter, konterkariere der Gesetzentwurf die Ziele der Kindergrundsicherung „auf absurdeste Weise“, heißt es in dem Brief vom 19. April, der dem Spiegel vorliegt. Die Verwaltung der Sozialleistung sei „in dieser Form schlicht realitätsfremd und nicht umsetzbar“. Zudem werde die Kindergrundsicherung „ausgerechnet für die bedürftigsten Bürger:innen verheerende soziale und finanzielle Folgen“ haben, heißt es in dem Brief. Das Jobcenter warnt davor, dass der Sozialstaat „langfristig irreparablen Schaden nehmen“ wird.

Dabei werden die grundsätzlichen Ziele der Kindergrundsicherung wie die Bekämpfung der Kinderarmut und der Abbau der Bürokratie für die Antragssteller gutgeheißen. Doch laut dem Jobcenter werden diese Ziele nicht erreicht. Die Höhe der Auswahlbeträge würde „das grundgesetzlich festgeschriebene soziokulturelle Existenzminimum der Kinder und jungen Menschen nicht in Gänze abdecken“.
Jobcenter kritisiert Kindergrundsicherung: „Substanzielle Nachteile“
Für bürgergeldberechtigte Familien bringe der Entwurf „substanzielle und erhebliche Nachteile“. Die Kindergrundsicherung werde „aufgrund der extremen Komplexitätssteigerung sogar dazu führen, dass künftig weniger (grund-)gesetzliche Leistungsansprüche tatsächlich realisiert werden“, schreiben die Personalräte an den Kanzler in ihrem Brief zur Kindergrundsicherung. Zuvor kritisierte der Bund der Steuerzahler die Ausgaben von 750.000 Euro für den mit dem Inkrafttreten des Gesetzes neu eingerichteten „Familienservice“, der das Geld an die Familien auszahlen soll.
„Bürgergeldberechtigte Familien, die ihre Leistungen heute aus einer Hand im Jobcenter erhalten, [müssen] diese künftig bei bis zu fünf verschiedenen Behörden realisieren (Familienservice, Wohngeldstelle, Agentur für Arbeit, Kommune und Jobcenter)“, heißt es weiter über die Pläne von Paus zur Kindergrundsicherungs-Reform. Kritisiert wird auch die Ankündigung von Paus, weniger als die zuvor prognostizierten neuen 5000 Stellen für die Kindergrundsicherung zu benötigen. Für die Personalvertreter seien die Stellen zu gering bemessen.
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Kindergrundsicherung: FDP hält sich mit scharfer Kritik nicht zurück – Fraktionen beraten
Die Kindergrundsicherung gilt als sozialpolitisches Prestigeprojekt der Grünen und wurde bereits in der Ampel-Koalition lange diskutiert. Insbesondere die FDP kritisierte den Entwurf und forderte eine Überarbeitung. Die Vorlage sei „handwerklich schlecht, nicht zu Ende gedacht und hat juristische Lücken“, wetterte unter anderem der FDP-Vizefraktionschef Christoph Meyer im Gespräch mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND)
Nach der Verabschiedung im Kabinett beraten die Fraktionen im Bundestag über den Gesetzentwurf. Ob die Kindergrundsicherung wie geplant Anfang 2025 eingeführt wird, bleibt offen. (vk)