Kostet Deutschland 48 Milliarden Euro: So funktioniert der Investitionsbooster
Neben dem Bundeshaushalt wurde vergangene Woche im Bundestag auch der Investitionsbooster beschlossen. Wenig später stimmte dem auch der Bundesrat zu. Damit soll die Wirtschaft wieder angekurbelt werden, indem Unternehmen eine Reihe von Steuererleichterungen bekommen. Das Ganze ist langfristig angelegt, der Hauptteil der Maßnahmen greift aber bis 2029. In diesem Zeitraum soll das Gesetz rund 48 Milliarden Euro Steuereinnahmen kosten. Das wären pro Jahr rund 9,6 Milliarden Euro. Das ist eine Menge Geld, die hauptsächlich in Maßnahmen mit komplizierten Wörtern verschwindet. Hier also die Erklärung, was dahintersteckt.
Die Superabschreibung
Wenn ein Unternehmen sich zum Beispiel eine neue Maschine, Fahrzeuge, neue Server, eine Büroausstattung oder Werkzeuge kauft, dann darf es diese Kosten von der Steuer absetzen. Das bedeutet, dass es die Ausgaben für die so genannten Ausrüstungs-Investition von seinen Einnahmen abzieht. Dadurch mindert sich der Gewinn und da dieser für die Berechnung der Steuern entscheidend ist, sinkt auch die Steuerlast. Weil eine neue Maschine aber nicht nur im ersten Jahr die Einnahmen eines Unternehmens steigert, sondern im besten Fall über viele Jahre, wird auch die Abschreibung gestreckt. Statt die gesamten Anschaffungskosten im ersten Jahr abzusetzen, müssen Unternehmen sie über fünf Jahre verteilen. Jedes Jahr werden dann 20 Prozent der Anschaffungskosten vom Gewinn abgezogen. Das verhindert auch, dass Unternehmen in wirtschaftlich guten Zeiten ihre Steuerlast durch hohe Anschaffungen klein rechnen können.
Mit dem Investitionsbooster kommt jetzt aber eine Superabschreibung. Gemeint ist damit, dass Unternehmen bei allen Anschaffungen bis Ende 2027 in den ersten drei Jahren je 30 Prozent der Anschaffungskosten absetzen dürfen und im vierten Jahr die restlichen 10 Prozent. Das soll den Anreiz stärken, Investitionen zu tätigen. In der Logik der Bundesregierung führen höhere Ausgaben zu höherer Produktivität und damit zu höheren Umsätzen und Gewinnen – und deutschlandweit betrachtet zu einem höheren Wirtschaftswachstum. Solche Superabschreibungen gab es schon mehrmals in der deutschen Geschichte, etwa nach dem Zweiten Weltkrieg, der Wiedervereinigung, in der Finanzkrise und während der Corona-Pandemie. Sie hatten jeweils kurzzeitige, positive Effekte auf die Wirtschaft.
Niedrigere Körperschaftsteuer
Während die Superabschreibung nur einen temporären Effekt hat, soll die Senkung der Körperschaftsteuer langfristig wirken. Diese Abgabe wird auf den zu versteuernden Gewinn eines Unternehmens fällig – also den eigentlichen Gewinn abzüglich absetzbarer Ausgaben wie im vorigen Punkt erklärt. Der Steuersatz beträgt derzeit 15 Prozent und soll ab 2028 jedes Jahr um einen Punkt sinken, bis er zehn Prozent erreicht. Ein kleines Handwerksunternehmen, dass pro Jahr 50.000 Euro Gewinn macht, würde dadurch 2500 Euro Steuern sparen. Volkswagen als Deutschlands profitabelster Konzern mit voraussichtlich 14,5 Milliarden Euro Gewinn vor Steuern in diesem Jahr käme um 725 Millionen Euro besser weg.
Die Idee ist hier dieselbe wie bei der Superabschreibung: Haben Unternehmen mehr Geld übrig, investieren sie auch mehr in Expansion und schaffen so mehr Arbeitsplätze und Wertschöpfung. Die effektive Steuerbelastung von Unternehmen – sie zahlen auch noch die kommunale Gewerbesteuer – soll so von 30 auf 25 Prozent sinken. Damit würde sich Deutschland internationalen Durchschnitten angleichen. Laut OECD lag der die durchschnittliche Steuerbelastung in 143 untersuchten Staaten im vergangenen Jahr für Unternehmen bei rund 21 Prozent. In entwickelten Ländern sind es durchschnittlich 24 Prozent.
Die Senkung ist besonders teuer: Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) hatte die Einnahmeausfälle bereits Anfang des Jahres auf 20 Milliarden Euro pro Jahr berechnet. Sie werden aber erst ab 2032 in vollem Umfang fällig. Eine Gegenfinanzierung dafür gibt es bisher nicht.
Super-Super-Abschreibung für Elektroautos
Wenn 30 Prozent als Superabschreibung betitelt werden, dann müssten die neuen Regeln für vollelektrische Dienstwagen noch superer sein. Hier dürfen Unternehmen – ebenfalls bis Ende 2027 – gleich 75 Prozent der Anschaffungskosten im ersten Jahr absetzen. Die restlichen 25 Prozent werden über fünf weitere Jahre verteilt, wobei der absetzbare Prozentsatz jedes Jahr sinkt.
Außerdem werden Dienstwagen jetzt bis zu einem maximalen Kaufpreis von 100.000 statt 70.000 Euro gefördert. Das bedeutet, dass Arbeitnehmer für Dienstwagen mit eben jenem Maximalwert nur 0,25 Prozent des Listenpreises pro Monat auf ihr Einkommen angerechnet bekommen. Erst darüber sind es 0,5 Prozent pro Monat. Ein Rechenbeispiel: Gibt Ihr Chef Ihnen ein vollelektrisches Auto im Wert von 100.000 Euro als Dienstwagen, wurden Ihnen davon bisher pro Monat 325 Euro als geldwerter Vorteil angerechnet, die Sie versteuern mussten. Nach dieser Änderung sind es nur noch 250 Euro.
Forschungszulage
Wenn Unternehmen eigene Forschung betreiben und so bestenfalls Innovationen hervorbringen, wird das vom Staat unterstützt. Letztendlich kommt es im besten Fall der ganzen Gesellschaft zu Gute. Die Unterstützung erfolgt über die Forschungszulage. Unternehmen können dabei anmelden, welche Projekte sie durchführen und welche Kosten diese verursachen. Förderfähig sind die Personalkosten, also die Löhne derjenigen, die am Forschungsprojekt mitarbeiten, sowie 60 Prozent der Kosten von Forschungsaufträgen, die ein Unternehmen zum Beispiel an andere Institute herausgibt. Der Clou dabei: Das Fördergeld bekommen Unternehmen in Form einer Steuergutschrift, die sie beim Finanzamt geltend machen können. Die Gutschrift wird direkt von der Steuerschuld abgezogen. War diese vorher kleiner als die Gutschrift, bekommen die Unternehmen also sogar noch Geld ausgezahlt. So soll sichergestellt werden, dass Unternehmen auch in wirtschaftlich mageren Zeiten in Forschung und Entwicklung investieren.
Diese Zulage wird jetzt ausgebaut. Bisher galt eine maximal Fördersumme von zehn Millionen Euro pro Jahr, künftig sind es zwölf Millionen Euro. Erstattet werden vom Staat 25 Prozent der förderfähigen Kosten. Die maximalen Ausgaben steigen also von 2,5 auf 3,0 Millionen Euro pro Jahr und Unternehmen.
Wie durch den Booster Kindergärten und Schulen gefördert werden
Insgesamt kostet der Booster wie gezeigt pro Jahr knapp zehn Milliarden Euro Einnahmen. Diese Verluste entstehen aber nicht komplett bei der Bundesregierung, die den Booster beschlossen hat. Ökonomen schätzen, dass zwei Drittel, also rund 6,7 Milliarden Euro, zu Lasten der Bundesländer und Kommunen gehen. Das liegt hauptsächlich daran, dass durch den Booster Unternehmen mehr Kosten absetzen können und damit weniger Steuern bezahlen. Die Einnahmen aus der Körperschaftsteuer werden etwa gleichermaßen zwischen Bund und Ländern aufgeteilt. Kommunen wiederum bekommen die Einnahmen aus der Gewerbesteuer, die ebenfalls auf den Unternehmensgewinn berechnet wird und deren Einnahmen so sinken werden.
Bundesländer und Kommunen haben sich deswegen lange gegen den Booster gesträubt und mit der Bundesregierung über Entschädigungen verhandelt. Da die Zustimmung der Länder erforderlich war für das Gesetz, haben sich beide Seiten schlussendlich geeinigt. Die Einnahmeausfälle der Kommunen – bis 2029 geschätzte 13,5 Milliarden Euro – werden vom Bund komplett erstattet, indem die Gemeinden mehr Geld aus den Einnahmen der Umsatzsteuer erhalten. Die Ausfälle der Bundesländer werden nur teilweise erstattet. Sie erhalten zusätzliche achte Milliarden Euro aus dem Sondervermögen Infrastruktur und Klimaneutralität. Dieses Geld soll zweckgebunden über Förderprogramme für den Bau und die Sanierung von Kitas, Schulen und Krankenhäusern ausgegeben werden.