Union und SPD wollen Mietpreisbremse scharf stellen – Mieterbund zerreißt Koalitionsvereinbarung

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Die Mietpreisbremse soll zunächst um vier Jahre verlängert werden. Bis Ende 2026 soll eine Expertengruppe eine Reform ausarbeiten. Was der Koalitionsvertrag vorsieht.

Berlin – Auf 144 Seiten haben Union und SPD unter dem Titel „Verantwortung für Deutschland“ aufgeschrieben, was sie als Koalition erreichen wollen. Es waren schwierige Verhandlungen, bei Themen wie Steuern, Migration oder Rente auf einen Nenner zu kommen. Auch bei den Themen Wohnen und Bauen soll sich einiges tun. Herausgekommen sind viele Kompromisse, die vielfach auch noch unter Finanzierungsvorbehalt stehen.

Was steht im Koalitionsvertrag zur Mietpreisbremse?

Die Mietpreisbremse soll zunächst um vier Jahre verlängert werden. Bis Ende 2026 soll eine Expertengruppe eine Reform ausarbeiten. Union und SPD wollen dafür sorgen, dass Vermieter sich besser an die Mietpreisbremse halten, also beim Umzug in eine beliebte Wohngegend nicht zu viel Miete verlangen. Dafür erwägen sie Bußgelder bei Verstößen. Die umstrittenen Indexmieten sollen nicht verboten, aber in angespannten Wohnungsmärkten strenger reguliert werden.

Mieterbund kritisiert Koalitionsvertrag

„Wir begrüßen die Verlängerung der Mietpreisbremse um vier Jahre und setzen darauf, dass sie so schnell wie möglich erfolgt“, erklärte DMB-Präsident Lukas Siebenkotten. Darüber hinaus seien vorgesehene Maßnahmen aber „enttäuschend“. Union und SPD hätten sich „auf keine konkreten Maßnahmen zur Begrenzung von Mieterhöhungen einigen“ können. Geplant seien „weder ein Mietenstopp oder Deckel, noch eine reduzierte Kappungsgrenze“. Auch eine Öffnungsklausel für solche Regelungen auf Ebene der Bundesländer sei nicht vorgesehen. Zusätzliche Schritte verlangte Siebenkotten im Bereich sozialer Wohnungsbau.

Mietpreisbremse – so funktioniert sie in der Theorie

Die Mietpreisbremse war 2015 ins Leben gerufen worden, um in angespannten Wohnungsmärkten wie etwa in München, Berlin oder Hamburg Mieter zu schützen und bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Dort, wo die 2015 eingeführte Mietpreisbremse gilt, darf die Miete bei der Wiedervermietung von Bestandswohnungen höchstens auf das Niveau der ortsüblichen Vergleichsmiete zuzüglich zehn Prozent erhöht werden. Die Landesregierungen werden durch das Gesetz ermächtigt, Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten auszuweisen, in denen die Mietpreisbindung gilt. Neubauten ab dem 1. Oktober 2014 sind jedoch von der Mietpreisbindung ausgenommen, ebenso wie die erste Vermietung einer Wohnung nach umfassender Modernisierung. 

Stadtwohnungen in Muenchen
Die Mietpreisbremse wurde 2015 ins Leben gerufen, um in angespannten Wohnungsmärkten wie etwa in München Mieter zu schützen und bezahlbaren Wohnraum zu sichern. (Archivbild/Symbolbild) © Sven Simon/Imago

Mietpreisbremse – „Zahnloser“ Tiger gegen Wuchermieten?

Ohne wirksame Durchsetzungsmechanismen bleibe die Mietenregulierung ein zahnloser Tiger, wie unter anderem Sozialverbände schon seit längerem kritisieren. Denn die Mietpreisbremse greift nicht automatisch – sondern ist im Mietrecht geregelt. Das bedeutet, wie BR 24 zur Einordnung berichtet hatte, wenn jemand zu viel Miete zahle, nur dann sein Geld zurückverlangen könne, indem er dagegen selbst etwas unternehme. Dies könnte zum Beispiel bedeuten, dass er seinen Vermieter verklagt. Einige Mieter dürften allerdings nicht gegen überhöhte Mieten klagen, weil sie es sich nicht mit ihrem Vermieter verscherzen wollen und froh sind, auf dem angespannten Wohnungsmarkt überhaupt eine Bleibe gefunden zu haben. Und: Viele wissen offenbar gar nicht, dass es die Mietpreisbremse überhaupt gibt. Zu diesem Ergebnis kam jedenfalls eine Studie der LMU München. 

Auch Wohnungseigentümer unzufrieden mit Koalitionsvertrag

Haus & Grund sieht im Koalitionsvertrag einen „Rückschritt für das Bauen und Wohnen in unserem Land“. Vorhaben wie die perspektivische Verschärfung der Mietpreisbremse oder Einschränkungen bei Mieterhöhungen nach Modernisierungen hätten sich „bereits als wirkungslos oder kontraproduktiv erwiesen“, erklärte Verbandspräsident Kai Warnecke. Die angedachten Maßnahmen führten zu einer Verschlechterung der Lage für private Vermieter und Mieter. „Der Koalitionsvertrag macht die ohnehin angespannte Lage noch schlimmer. Schon heute ist absehbar: In vier Jahren wird das Thema bezahlbares Wohnen noch dringlicher sein als heute“, kritisierte Warnecke. Positiv wertete er, dass Kosten für energetische Sanierungen geerbter Immobilien in Zukunft mit der Erbschaftssteuer verrechnet werden können.

GdW: Lob für geplanten Bau-Turbo „für mehr und schnelleren bezahlbaren Wohnraum“

Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie hingegen sieht in der schnellen Einigung zwischen Union und SPD ein „gutes Signal“. Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller äußerte die Hoffnung auf „neue Stabilität“ und „klare Entscheidungen“. „Die Weichen für den Bereich Bauen und Infrastruktur scheinen richtig gestellt.“ Das milliardenschwere Sondervermögen für die Infrastruktur und den Klimaschutz müsse nun schnell umgesetzt werden, forderte er weiter. „Die Kapazitäten in den Bauunternehmen, ad hoc mehr zu bauen, sind vorhanden, wir könnten sofort loslegen“, erklärte der Verbandspräsident. Es komme jetzt darauf an, dass die geplanten Vorhaben „mit Entschlossenheit“ angegangen werden.

Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW, sprach sogar von einem „riesigen Schritt nach vorne“. Der Koalitionsvertrag stehe etwa mit dem darin festgeschriebenen Bau-Turbo „für mehr und schnelleren bezahlbaren Wohnraum“. „Die Richtung stimmt“, befand auch Felix Pakleppa, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe.

Koalitionsvertrag: Union und SPD möchten Heizungsgesetz abschaffen

Was sieht der Koalitionsvertrag für Hausbesitzer vor? Wer eine klimafreundliche Heizung wie eine Wärmepumpe einbaut, kann weiter mit einer staatlichen Förderung rechnen. Doch völlig offen ist, wie hoch diese noch ausfällt. Denn das umstrittene Heizungsgesetz der Ampel-Regierung soll wieder abgeschafft und durch ein neues Gebäudeenergiegesetz ersetzt werden. „Die Sanierungs- und Heizungsförderung werden wir fortsetzen“, heißt es im Koalitionsvertrag. (ahu mit AFP und dpa)

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