Mutmaßliches Trump-Symbol gehisst: Supreme-Court-Richter Alito für Amt ungeeignet?
Trump-Fans nutzen die umgekehrte US-Flagge, um den Wahlsieg von Biden infrage zu stellen. Auch vor dem Haus eines Richters ist sie zu sehen.
Washington, D.C. – Der erzkonservative Richter Samuel Alito vom obersten US-Gerichtshof (Supreme Court) ist in Bedrängnis geraten. Vor seinem Haus soll nach Donald Trumps Wahlniederlage im Jahr 2020 offenbar eine umgedrehte US-Flagge gehangen haben – ein unter Trump-Anhängern beliebtes Symbol, um den Wahlsieg von US-Präsident Joe Biden infrage zu stellen.
Einem Bericht der New York Times zufolge wurde die Fahne am 17. Januar 2021 vor Alitos Haus in Alexandria, Virginia gehisst. Das schrieb die Zeitung unter Berufung auf Aussagen und Fotos von Nachbarn des Richters. Der Beschuldige streite allerdings ab, etwas mit der Sache zu tun zu haben. „Ich war in keiner Weise an der Hissung der Flagge beteiligt“, habe in einer von Alito per E-Mail an das Blatt gesendeten Erklärung gestanden. Stattdessen habe laut Aussage des Richters seine Frau die umgedrehte Flagge gehisst. Aber nicht nur „als Reaktion auf die Verwendung von anstößigen und persönlich beleidigenden Ausdrücken auf Gartenschildern durch einen Nachbarn“.
Pro-Trump-Symbol vor Haus des Richters? Vorwürfe gegen Supreme Court-Richter
Brisant ist die Sache deshalb, weil die auf dem Kopf stehende US-Flagge ein Symbol jener Anhänger Trumps war, die im Nachgang der letzten Wahl fälschlicherweise behaupteten, Präsident Biden habe das Amt gestohlen. Auch bei dem Sturm auf das Kapitol in Washington D.C. am 06. Januar 2021 wurde die umgekehrte Fahne von den Randalierenden vielfach zur Schau gestellt. Bidens Amtseinführung war zu diesem Zeitpunkt nur drei Tage entfernt. Und nur elf Tage später wehte das Erkennungszeichen der Trump-Anhänger über dem Rasen eines oberen Bundesrichters.
In diesem Zusammenhang obliege es der Pflicht eines solchen Amtsträgers dafür Sorge zu tragen, dass keine Missverständnisse entstünden, wie Rechtsgelehrte und Ethiker der New York Times gegenüber betonten. Selbst der Anschein einer Voreingenommenheit sei zu vermeiden, da sonst die Unparteilichkeit des Richters infrage gestellt werden könne. Der bloße Eindruck einer politischen Meinung könne ein Problem darstellen. „Es mag sein, dass es sein Ehepartner oder jemand anderes ist, der in seinem Haus lebt, aber er sollte es nicht in seinem Garten als seine Botschaft an die Welt haben“, so die Rechtsprofessorin Amanda Frost in dem Bericht.

Die Ehefrau im Nachbarschaftsstreit – Bekenntnis zu Donald Trump trotz Richteramt?
Ein solches Kennzeichen zu hissen sei „das Äquivalent zum Anbringen eines ‚Stop the Steal‘-Schildes“ im Garten, so Frost weiter. Dieser Slogan – zu Deutsch „stoppt den Diebstahl“ – war die Losung jener Menschen, die für ihren ehemaligen Präsidenten das Kapitol erstürmten. Laut der Rechtsexpertin wird das spätestens dann zum Problem, wenn es sich um das Anwesen eines Richters handelt, der „über Fälle im Zusammenhang mit Wahlen“ entscheidet. Während die Flagge gehisst wurde, rang das Gericht noch immer mit der Frage, ob es den Vorwürfen zum Wahlbetrug bei der US-Wahl 2020 nachgehen solle. Alito sprach sich für die Anhörung der Argumente aus, war aber letztlich auf der Verliererseite.
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Tatsächlich geht laut dem Artikel aus Interviews mit Anwohnern hervor, dass die Ehefrau des Richters, Martha-Ann Alito, wegen eines Anti-Trump-Schildes auf ihrem Rasen Streit mit einer anderen Familie in der Nachbarschaft hatte. Angesichts des Zeitpunkts und der starken Bedeutung des Symbols hätten die Nachbarn die umgedrehte Flagge jedoch vornehmlich als eine politische Aussage des Paares gedeutet.
Am Supreme Court sind politische Zeichen tabu: Ist der Trump-Richter nicht für das Amt geeignet?
Der seit langem bestehende Ethikkodex für die unteren Gerichte der USA sowie der kürzlich vom obersten Gerichtshof verabschiedete Ethikkodex betonen die Notwendigkeit für Richter, unabhängig zu bleiben. Politische Äußerungen oder Meinungen zu Angelegenheiten, die ihnen vorgelegt werden könnten, sind zu vermeiden. Es ist den Mitarbeitenden des Gerichts nicht gestattet, ihre parteipolitischen Ansichten öffentlich zur Schau zu stellen. Auch das Anbringen von Schildern oder Autoaufklebern ist hierunter gefasst.
Für „Take Back the Court“, eine Gruppe, die sich gegen den konservativen Kurs wendet, den das Gericht in den letzten Jahren eingeschlagen hat, ein Beweis dafür, dass Alito nicht in das Gericht gehöre. „Sam Alito hat sich selbst für den legitimen Dienst am obersten Gerichtshof disqualifiziert“, sagte die Vorsitzende der Gruppe, Sarah Lipton-Lubet, laut der Website HuffPost in einer Erklärung. Es gebe wohl nichts, was einem erhobenen Mittelfinger an die amerikanische Öffentlichkeit so sehr gleichkomme wie „das stolze Zurschaustellen eines Überbleibsels eines gescheiterten Putschversuchs gegen das Land, dem man eigentlich dienen sollte, direkt in seinem Vorgarten“. (tpn)
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