Desaster in Awdijiwka droht: Ukraine sucht nach Russland-Vorstoß letzten Ausweg

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Die Ukraine will Awdijiwka einfach nicht aufgeben, obwohl gegen die russische Armee dort die Einkesselung hunderter ukrainischer Soldaten droht.

Awdijiwka - Die Kleinstadt im Donbass gilt als die Festung der Ukraine im Osten des Landes schlechthin. Die Rede ist von Awdijiwka. Seit Spätsommer 2014 hält die ukrainische Armee hier dem Aufstand durch prorussische Separatisten und der völkerrechtswidrigen Invasion durch Russland vehement stand.

Awdijiwka: Russische Truppen schneiden offenbar ukrainischen Nachschub ab

Doch nun droht im Ukraine-Krieg der Verlust dieser hartnäckig verteidigten Bastion, weswegen Kiew militärisch zu immer drastischeren Maßnahmen greift. Wie russische Militärblogger am Mittwoch und am Donnerstag (15. Februar) berichteten, sollen die Truppen von Moskau-Autokrat Wladimir Putin die sogenannte Industriestraße im Nordwesten der Kleinstadt eingenommen und damit den ukrainischen Nachschub abgeschnitten haben.

Der für den Frontabschnitt zuständige ukrainische Armee-Sprecher Dmytro Lychowijx bestätigte am Donnerstag einen Teilweise-Rückzug von Einheiten auf „vorteilhaftere Positionen“. Wo im Stadtgebiet oder deren Hinterland sich diese befinden, ließ Lychowijx offen. „Der Nachschub für Awdijiwka und die Evakuierung aus der Stadt sind erschwert, doch jetzt wird eine rechtzeitig vorbereitete logistische Arterie genutzt“, erklärte er. Kartenmaterial des Institute for the Study of War (ISW) zufolge, zieht sich der russische Kessel bis auf eine wenige Kilometer breite Lücke westlich der ehemaligen Industriestadt zu.

Awdijiwka: Russische Truppen kontrollieren wohl Norden der ukrainischen Stadt

Russische Militärblogger behaupten bei X (ehemals Twitter), die Einheiten Moskaus würden – nach monatelangen verheerenden Verlusten – ganze Straßenzüge im Norden der Stadt kontrollieren. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Eine Aufgabe Awdijiwkas wäre für die Ukrainer ein herber Rückschlag, die ihre Stellungen hier schließlich seit rund neuneinhalb Jahren halten.

Um ihre Behauptungen zu unterstreichen, teilten russische Blogger in den sozialen Netzwerken indes ein Video, das angeblich zeigen soll, wie russische Soldaten über der früheren Kokserei von Awdijiwka die Fahne ihres Landes hießen. Kiew sucht derweil nach einem letzten Ausweg, um die symbolträchtige Stadt irgendwie noch zu halten - und geht dabei ein gewaltiges Risiko ein.

Awdijiwka

Awdijiwka ist eine Kleinstadt mit vormals 32.500 Einwohnern in der Oblast Donezk im Osten der Ukraine. Die einstige Industriestadt liegt knapp 15 Kilometer nördlich des Stadtzentrums der Großstadt Donezk (rund 920.000 Einwohner). Sie war für ihre Kokerei zur Herstellung von Koks und Rohgas aus Kohle bekannt. Im März 2023 wurde Awdijiwka durch russische Angriffe weitgehend zerstört, nachdem sie bereits seit 2014 immer wieder Ort des militärischen Konflikts im Donbass war - so auch seit Herbst 2023 wieder.

Awdijiwka im Donbass: Ukraine schickt jetzt auch bekannte 3. Angriffsbrigade

Denn: Wie zum Beispiel das amerikanische Nachrichtenmagazin Forbes berichtet, hat der Generalstab die in der Ukraine bekannte 3. Angriffsbrigade zur Hilfe nach Awdijiwka geschickt, die zu großen Teilen aus den berüchtigten „Asow“-Kämpfern bestehen soll. Im Juni und im Juli hatte die 3. Angriffsbrigade im Raum Bachmut die Russen wochenlang vor sich hergetrieben und, dokumentiert durch Live-Video-Aufnahmen von Kämpfen, Schützengraben um Schützengraben eingenommen.

Die „Asow“-Kämpfer, wie sie in ihrer Heimat genannt werden, werden in der Regel mit Schützenpanzern an die vordersten Frontlinien gebracht, um als Infanterie feindliche Stellungen einzunehmen und strategisch wichtige Punkte zu sichern. Ein Video, das bei X (siehe Tweet oben) geteilt wird, soll eine „Asow“-Einheit in Awdijiwka in einem amerikanischen MRAP zeigen, einem Mine Resistant Ambush Protected Vehicle. Also, in einem gepanzerten Truppentransporter, der unter anderem gegen Landminen schützen soll.

Ukraine-Krieg: 110. mechanisierten Brigade droht Einkesselung in Awdijiwka

Zu Beginn der Gegenoffensive im Sommer hatten die Ukrainer etlicher dieser Fahrzeuge verloren. Jetzt, im Februar, mehren sich die Berichte, wonach die ukrainischen Truppen im Verteidigungskampf gegen die russische Invasion absehbar mehrere Frontabschnitte aufgeben könnten, um neue Befestigungsanlagen tiefer im Landesinneren zu beziehen. Laut Süddeutscher Zeitung (SZ) berichten ukrainische Artilleristen, dass sie an manchen Tagen nur noch Rauchgranaten zur Verfügung hätten.

Zuletzt schickte die ukrainische Armee wohl sogar einzelne ihrer wenigen M1-Abrams-Kampfpanzer nach Awdijiwka - die USA hatten nur insgesamt 31 Exemplare davon geliefert. Die Stahl-Kolosse gelten wegen ihres enormen Gewichts von über 61 Tonnen als überschaubar geeignet für das Gefecht auf den verschlammten Böden des ukrainischen Winters. Und: Sie verfügen nicht über die abstandsaktiven Schutzsysteme modernerer Panzer, die gegen die gefürchteten russischen Lancet-Kamikaze-Drohnen helfen könnten. Die 110. mechanisierte Brigade soll seit Wochen in der Stadt schwer in Bedrängnis sein. Müssen die Ukrainer Awdijiwka bald ganz aufgeben, um dort die Einschließung hunderter Soldaten zu verhindern? (pm)

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