Putin mit neuen Vorwürfen: Der Westen hat Russland „ausgespielt“
Putin wirft dem Westen vor, sich nicht an das Minsker Abkommen gehalten zu haben. Man habe Russland ausgespielt, so das Narrativ des Kremlchefs.
Moskau – Der Ukraine-Krieg begann bereits im Jahr 2014 mit dem regionalen Konflikt auf der Halbinsel Krim, in dessen Folge Russland die Halbinsel völkerrechtswidrig annektierte. Damals habe der Westen das daraufhin geschlossene zweite Minsker Abkommen nicht umgesetzt, klagte der russische Präsident Wladimir Putin am Dienstag (19. Dezember) in einer Sitzung des russischen Verteidigungsministeriums in Moskau. „In diesem Sinne, wenn ich so sagen darf, haben sie uns ausgespielt“, so der Kremlchef weiter.
Putin wirft Westen vor, einen virtuellen Krieg auf der Krim begonnen zu haben
Der Westen habe sofort einen „virtuellen Krieg“ auf der Krim begonnen, sagte Putin in der Sitzung, wie das US-Magazin Newsweek berichtete. Zeitgleich zur völkerrechtswidrigen Krim-Annexion 2014 fanden im Donbass bewaffnete pro-russische Interventionen statt. „Wir haben nichts getan, aber allmählich mussten wir uns einmischen, um die Menschen zu schützen, damit sie dort nicht alle ausgerottet werden“, sagte der Präsident Russlands über die Ereignisse in den umkämpften ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk und die Invasion in die Ukraine 2022. „Das ist es, was zu geschehen begann“, behauptete Putin am Dienstag weiter und fügte hinzu, der Westen habe das Geschehen dort mit Freude verfolgt.
Das ist das Minsker Abkommen (auch Minsk II)
Die damalige deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, der damalige französische Präsident François Hollande, der damalige ukrainische Präsident Petro Poroschenko und der russische Präsident Wladimir Putin handelten das Minsker Abkommen aus, das im Jahr 2015 unterzeichnet wurde. Minsk II sollte den Separatistenkrieg in der Ostukraine beilegen, nachdem das 2014 unterzeichnete Minsk I Abkommen gescheitert war. Unter anderem sah Minsk II den beidseitigen Rückzug von schweren Waffen und die Entmilitarisierung von illegaler Kämpfer vor. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sollte die Einhaltung des Waffenstillstands überwachen. Wenige Tage nach Unterzeichnung griffen pro-russische Separatisten die strategisch wichtige ukrainische Stadt Debalzewe an und nahmen diese kurz darauf ein. Seitdem wurde Minsk II immer wieder gebrochen.
Kiew hatte Moskau nach dem Schluss des Minsker Abkommens vorgeworfen, entgegen den Vereinbarungen seine russischen Streitkräfte nicht aus dem Donbass abgezogen zu haben. Russland wies den Vorwurf hingegen zurück. Das Abkommen hatte auch vorgesehen, dass Donezk und Luhansk Teil der Ukraine bleiben und dort Kommunalwahlen abgehalten werden. Für bestimmte Gebiete war ein Sonderstatus vorgesehen.
Die Wahlen und den Sonderstatus hatte die Ukraine nicht umgesetzt, da Kiew argumentierte, Russland müsse zuerst seine verdeckte Militärpräsenz im Donbass beenden. Am 21. Februar 2022 hatte Putin verkündet, dass er keine Chancen mehr für die Umsetzung des Minsker Abkommens sehe und erklärte daraufhin die international nicht anerkannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk für unabhängig. Kurz darauf begann Russland am 24. Februar 2022 die Invasion in der Ukraine.
Weitere Vorwürfe Putins an den Westen: Kremlchef kritisiert wachsende Aktivität der Nato
Die Vorwürfe zu Minsk II waren nicht die einzigen, die Putin am Dienstag an den Westen hatte. In seiner Bilanz zum Ukraine-Krieg warf der Kremlchef den USA erneut vor, den Konflikt in der Ukraine bis zu einem Krieg getrieben zu haben. Es sei dem Westen stets nur darum gegangen, das Land als Instrument zur Zerstörung Russlands zu benutzen, so seine Behauptung. Erreicht hätten die USA „ihr Ziel“, auf dem europäischen Kontinent, Russland und die EU auseinander zu bringen. Der russische Präsident kritisierte auch die wachsende Aktivität der Nato vor den Grenzen Russlands – etwa in Finnland, das allerdings erst im Zuge von Putins Krieg Mitglied in dem Militärbündnis wurde.
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Putin hält Versuch des Westens gescheitert, Russland strategische Niederlage zuzufügen
Aus Sicht des russischen Präsidenten sei der Westen mit seinen Versuchen gescheitert, Russland eine strategische Niederlage in der Ukraine zuzufügen. Das Ziel sei zerschmettert worden durch die „wachsende Kraft unserer Streitkräfte und Rüstungsproduktion“, so Putin am Dienstag. Bereits am vergangenen Donnerstag (14. Dezember) hatte der Kremlchef auf einer Pressekonferenz zum Jahresende erneut die Kriegsziele Denazifizierung, Demilitarisierung und eine neutrale Ukraine betont. „Der Frieden kommt dann, wenn wir unsere Ziele erreicht haben“, so der Kremlchef weiter.
„Ich habe Putin lange nicht so selbstbewusst gesehen und so vor Kraft strotzend wie in dieser Pressekonferenz“, analysierte der ehemalige Nato-General Erhard Bühler in seinem Podcast „Was tun, Herr General?“ am vergangenen Freitag. Dieses Auftreten zeige auch in Russland Wirkung. Putin sei sich sicher, dass die Zeit für ihn arbeite, ergänzte der Militärexperte Sönke Neitzel in Anspielung auf die mühsamen Waffenlieferungen des Westens und die womöglich schwindende Unterstützung der USA und anderer Verbündeter. Am Mittwoch hatte Kremlsprecher Dmitri Peskow ausdrücklich erklärt, dass Russland nicht an Verhandlungen interessiert sei, wie die US-Denkfabrik Institute for the Study of War berichtete (bme mit dpa).