Richter hoffen auf KI: Rekordzahl an Klagen von Fluggästen gegen Airlines

Die Zahl der Klagen gegen Fluggesellschaften an deutschen Gerichten ist auf ein Rekordhoch gestiegen. Laut dem Deutschen Richterbund wurden im vergangenen Jahr etwa 131.000 Fälle verhandelt, etwa 6000 mehr als im Vorjahr. Die meisten Klagen betreffen ausgefallene oder verspätete Flüge.

Das Amtsgericht Köln verzeichnete mit rund 41.300 Verfahren im Jahr 2024 das höchste Aufkommen, ein Plus von elf Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Köln ist auch der juristische Hauptsitz von Lufthansa.

Steigende Reiselust als Grund für Rekordhoch bei Klagen gegen Airlines

Das Amtsgericht Frankfurt/Main und das Amtsgericht Königs Wusterhausen für den Hauptstadtflughafen BER verzeichneten ebenfalls hohe Fallzahlen. Fluggäste können am Firmensitz der Airline oder am Abflugort klagen. Der Anstieg der Beschwerden wird auf die neue Reiselust nach der Pandemie zurückgeführt.

Die Schlichtungsstelle verzeichnete 2024 einen Anstieg der Beschwerden um 14 Prozent, meist wegen annullierter Flüge und Verspätungen. Streiks, Extremwetter und IT-Ausfälle trugen dazu bei. In über 80 Prozent der Fälle konnte eine Einigung erzielt werden.

Richterbund fordert schnellere Einführung von KI-Programmen

Laut dem Deutschen Richterbund sind Portale, die Fluggästen bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche helfen, ein wesentlicher Grund für den Anstieg der Klagen. KI-Assistenzprogramme werden bereits an größeren Amtsgerichten getestet, sind aber noch nicht flächendeckend verfügbar.

Laut dem Portal AirHelp ist der Gang vor Gericht weder für Fluggäste noch für Airlines ideal. Gerichtskosten sind im Voraus zu zahlen, und bei Nichterfolg droht die Übernahme der Kosten der Gegenseite. 

Das Portal EUflight berichtet von Verfahren, die bis zu einem Jahr dauern können. KI könnte bei der Darstellung des Sachverhalts und der Strukturierung der Rechtsprechung helfen, die endgültige Entscheidung bleibt jedoch beim Gericht.

Welche Rechte haben Passagiere?

In Deutschland genießen Flugpassagiere umfassende Rechte, die durch die EU-Fluggastrechte-Verordnung geschützt sind. Diese Verordnung gewährt bei Verspätungen ab drei Stunden und kurzfristigen Flugabsagen Entschädigungen, die je nach Strecke zwischen 250 und 600 Euro pro Passagier liegen.

Ein genauer Überblick über die Passagierrechte findet sich in der EU-Verordnung, die online verfügbar ist. Reagiert die Fluggesellschaft innerhalb von zwei Monaten nicht oder lehnt die Entschädigung ab, können sich Passagiere an die Schlichtungsstelle Reise & Verkehr wenden. Diese prüft Fälle von Flugärger kostenlos und macht gegebenenfalls einen Schlichtungsvorschlag. Wichtig ist, dass die Airline Mitglied bei der Schlichtungsstelle ist – dies trifft auf viele in Deutschland operierende Airlines, wie Lufthansa, Condor und Ryanair, zu.

(nm)