Eine zum Politikum avancierte Clan-Größe ist an diesem Montag nicht nur Thema im Innenausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses, sein Fall wird auch im Milieu der bekannten Großfamilien diskutiert: Khalil El-Zein, 35 Jahre, wegen Gewalt- und Eigentumsdelikten vorbestraft.
Innensenatorin Iris Spranger (SPD) drängte auf eine Abschiebung El-Zeins, zumal der illegal eingereist sei. „Es müssen alle strafrechtlichen Sanktionen ausgeschöpft werden“, sagte Spranger im Abgeordnetenhaus. „Wir schieben diese Person wieder in den Libanon ab.“
Zudem werde geprüft, die Clan-Größe in Abschiebehaft zu nehmen. „Das ist eine Sanktionierung, um die er sehr genau weiß.“
El-Zein will in die Türkei: Clan dort besser vernetzt als im Libanon
Deshalb, heißt es in der Szene, werde El-Zein noch am Montag freiwillig ausreisen. Ein Flug in die Türkei sei seit Tagen gebucht.
Namhafte Angehörige seiner Großfamilie leben dort, der Clan gilt in der Türkei als besser vernetzt als im Libanon.
Am Montag gingen zwei Flugzeuge in die Türkei, eines nach Antalya, eines Istanbul. Der Tagesspiegel konnte nicht verifizieren, ob El-Zein in einer der Maschinen saß.
Am 15. März 2024 war El-Zein aus Berlin in den Libanon abgeschoben worden. Doch seit spätestens 13. Oktober war El-Zein wohl wieder zurück. Erstmals nannte Senatorin Spranger einige Details: Es gebe Hinweise, dass der Mann vom Libanon aus über Syrien und die Türkei mithilfe von Schleusern in das EU-Land Bulgarien gereist sei.
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Einreise über Bulgarien: "Ausländischer Mehrfach- und Intensivstraftäter“
Von Bulgarien aus soll er – wie Zehntausende allein in diesem Jahr – nach Deutschland gekommen sein. In anderen EU-Ländern habe er keinen Asylantrag gestellt, dann wäre der jeweilige Staat zuständig gewesen.
Die Polizei führt den 35-Jährigen als „ausländischen Mehrfach- und Intensivstraftäter“ – darunter wegen räuberischer Erpressung, Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung. Zehn Strafurteile sind im Bundeszentralregister vermerkt.
Asylunterkunft in Kreuzberger Oranienstraße, er lebte aber daheim
Am 21. Oktober ging er zum Ankunftszentrum für Flüchtlinge in Tegel und stellte ein Asylgesuch. Vier Tage später erschien er mit einem Anwalt im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), stellte dort seinen Antrag und wurde angehört: El-Zein bekam eine schriftliche Aufenthaltsgestattung.
Als Asylunterkunft wurde ihm ein Standort in der Kreuzberger Oranienstraße zugewiesen. Er lebte aber, wie all die Jahre zuvor, bei seiner Familie.
Das BAMF hat den Asylantrag bereits abgelehnt, weil dieser „offensichtlich unbegründet“ sei. Nach dem Termin wurde El-Zein festgenommen, er sollte in eine „Haft zur Vorbereitung der Abschiebungsandrohung“.
„Erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter"
Nur einen Tag später kam er jedoch wieder frei. Zwar bestätigte auch das Bereitschaftsgericht in seinem vierseitigen Beschluss, dass El-Zein gefährlich sei. Angesichts seiner kriminellen Karriere spreche einiges dafür, dass von ihm „eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter“ ausgehe.
Dennoch lehnte das Gericht den Antrag auf Gewahrsam ab. Der Grund: Der Asylantrag hat Vorrang, daran gebunden ist die Entscheidung, ob er abgeschoben wird.
El-Zein: Frau und vier Kinder in Berlin mit deutschem Pass
Außerdem sei sein Anwalt bevollmächtigt, die Bescheide der Behörden anzunehmen. Khalil El-Zein hat in Berlin eine Frau und vier Kinder mit deutschem Pass.
Senatorin Spranger sagte, dass die Innenverwaltung bereits nach der Einreise sofort eine Fallkonferenz einberufen habe. Ziel sei es, alle rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen, El-Zein „so schnell wie möglich wieder zurückzuführen“. Beteiligt waren auch die Bundespolizei, das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten, das BAMF und das Landesamt für Einwanderung.
Etliche Straftaten des El-Zein-Clans
Im Milieu wird über den deutsch-arabischen El-Zein-Clan (in einigen Papieren auch Al-Zein) seit Jahren gesprochen. In Berlin überfielen Familienmitglieder 2014 das KaDeWe, später wollte ein El-Zein einen Nebenbuhler töten lassen.
In Essen stritt sich der Clan 2017 mit irakischen Gangstern, in Düsseldorf wurden El-Zeins 2022 wegen Betrugs verurteilt. Und 2023 kämpften die El-Zeins im Ruhrgebiet gegen syrische Großfamilien. Zuletzt gab es dort Streit mit der „Mocro-Mafia.“
Im November 2019 wurde Khalil El-Zein in Nürnberg verhaftet, weil er mit zwei Komplizen eine Seniorin um Bargeld und Schmuck im betrogen hatte. Er war zuvor wegen räuberischer Erpressung, Diebstahl und Körperverletzung polizeibekannt.
Von Pascal Bartosz, Alexander Fröhlich
Das Original zu diesem Beitrag "El-Zein reist wohl bald freiwillig aus: Auf dieser Route kam der abgeschobene Clan-Straftäter zurück nach Berlin" stammt von Tagesspiegel.