Wahl in Russland: Welche Rolle Russen in Deutschland spielen
Russlands Präsident Wladimir Putin steht vor der Wiederwahl. Auch in Deutschland lebende Russen können in Berlin und Bonn wählen. Mit welchem Ergebnis ist zu rechnen?
Berlin – Am Wochenende finden in Russland die Präsidentschaftswahlen statt. Für Staatschef Wladimir Putin ähnelt der Vorgang eher einer Krönungszeremonie als einer freien Wahl. Die Wiederwahl des Autokraten gilt schon deshalb als sicher, weil alle ernstzunehmenden Oppositionspolitiker es gar nicht erst auf den Wahlzettel geschafft haben. Trotz des andauernden Kriegs in der Ukraine können auch die etwa 280.000 in Deutschland lebenden russischen Staatsbürger an der Wahl teilnehmen. Am Sonntag (17. März) können die Wahlberechtigten zwischen 8 und 20 Uhr ihre Stimme in Berlin oder Bonn abgeben.

Putin kann bei Russland-Wahl auch auf Mehrheit aus Deutschland hoffen
Bei den beiden zurückliegenden Wahlen erhielt Putin auch aus Deutschland jeweils die Mehrheit der Stimmen. Dass die in Deutschland lebenden Russen trotz seiner diktatorischen Herrschaft für Putin stimmen, ist für Tatiana Golova vom Zentrum für Osteuropa- und internationale Studien in Berlin keine Überraschung. Das Wahlverhalten sei der Soziologin zufolge ein „relativ normales Phänomen“. Das liege auch daran, dass die in Deutschland lebenden Russen nicht die mit Putins Wiederwahl verknüpften Risiken tragen würden. „Das heißt, sie können autoritär abstimmen, ohne dass sie selbst oder ihre Kinder beispielsweise in den Krieg ziehen müssen, der von dem Regime entfacht wurde“, sagte Golova im Gespräch mit IPPEN.MEDIA.
Russische Präsidentschaftswahlen in Deutschland – Kreml mobilisierte gezielt Pro-Putin-Wähler
Trotzdem wählten die russischen Staatsbürger in Deutschland bei der vorletzten Wahl im Jahr 2012 noch vergleichsweise liberal. So erhielt der parteilose Kandidat Michail Prochorow knapp über 30 Prozent der in Deutschland abgegeben Stimmen – wesentlich mehr als in Russland selbst. Putin kam nach Zahlen der Washington Post auf 51 Prozent der Stimmen.
Für den Kreml offenbar kein gutes Bild. „Daraufhin wurde 2018 mit allen Mitteln versucht, konservative Wähler oder Pro-Putin-Wähler zu mobilisieren bzw. das Abstimmen für sie einfacher zu machen“, erklärte Golova. „Da wurden zum Beispiel viele Busse organisiert, welche die Menschen zu den diplomatischen Vertretungen gebrach haben.“ Knapp über 30.000 Wahlberechtigte in Deutschland gaben bei der Präsidentschaftswahl 2018 am Ende ihre Stimme ab. Auch durch die Bemühungen des Kremls hatten sich die Stimmen für Präsident Putin in Deutschland im Vergleich zu 2012 nahezu verdreifacht. Der Amtsinhaber landete in Deutschland bei 82 Prozent.
Für die Präsidentschaftswahl 2024 rechnet Golova allerdings nicht mit einer großen Anzahl an russischen Wählern in Deutschland. Das liegt schon alleine daran, dass Russland infolge des Ukraine-Kriegs viele seiner Vertretungen in Deutschland geschlossen hatte. Die Konsulate in Hamburg, Leipzig, München und Frankfurt wurden dicht gemacht. Wählen können die russischen Staatsbürger deswegen nur noch in den beiden verbleibenden diplomatischen Vertretungen in Berlin und Bonn. Der Effekt der Wählerstimmen wird sich aller Voraussicht nach also in Grenzen halten.
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Protestaktion gegen Putin zur Präsidentschaftswahl auch in Deutschland geplant
„Sie werden da keine quantitative Auswirkung haben, was sie aber haben, ist die qualitative Auswirkung, zum Beispiel in Form der Kampagne ‘Mittags gegen Putin’. Diese Aktion wird es am Sonntag auch vor der russischen Botschaft in Berlin geben“, sagte die Expertin. Russische Regime-Kritiker – darunter auch der mittlerweile verstorbene Alexej Nawalny – hatten im Rahmen der Aktion dazu aufgerufen, gegen Mittag in das Wahllokal zu gehen. Dadurch wollen die Regime-Gegner am Wahltag Präsenz zeigen.
„Die Idee ist, dass man die Aktion ‘Mittags gegen Putin’ auch mit anderen Protestformen verbinden kann. Zum Beispiel damit, den Wahlzettel ungültig zu machen. Das ist auch eine Option, für die viele Aktivisten und Oppositionelle sind“, führte Golova weiter aus. Auch wenn diese Aktionen wohl keine entscheidenden Auswirkungen auf die Ergebnisse der Präsidentschaftswahl haben werden, könnten sie doch wichtige Bilder hervorbringen.
Bereits im Vorlauf der Wahl hatten Gegner von Wladimir Putin in diversen russischen Städten Schlange gestanden, um Unterschriften für die Kandidatur von Boris Nadeschdin zu sammeln. „Das war, meiner Meinung nach, wirklich ein Moment, wo viele Menschen Hoffnung bekommen haben, weil sie gesehen haben, sie sind nicht alleine“, sagte Golova. „Bei der Präsidentschaftswahl hofft die Opposition auf einen ähnlichen Effekt” (fd)