Eine neue Studie zeigt, wie viel Geld der Tourismus in Oberbayern in die Taschen der Bürger in der Region spült. Es ist viel mehr, als man zuerst meinen würde.
„Wir fischen immer ein bisschen im Trüben“, sagt Susanne Lengger, Chefin des Tourismusverbandes Pfaffenwinkel, im Redaktionsgespräch. Außer den blanken Übernachtungszahlen gibt es kaum Daten, die die wirtschaftlichen Effekte des Tourismus in der Region messbar machen. Deswegen wird die Studie, die das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut für Fremdenverkehr alle fünf Jahre im Auftrag des Oberbayern Tourismus e.V., der Dehoga und der IHK erstellt, beim Tourismusverband Pfaffenwinkel immer mit Spannung erwartet.
Denn die Studie weist nicht nur die Zahlen für Oberbayern, sondern auch für die einzelnen Regionen aus. Dieses Mal seien diese besonders interessant, so Lengger. 2019, also ein Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie, wurde die Studie letztmals durchgeführt, die neue widmet sich jetzt den Zahlen von 2024, also der Periode nach der Pandemie. Da könne man gut vergleichen.
„Festzustellen ist, dass sich der Tagestourismus leicht reduziert hat“, sagt Lengger. Ein Trend, den sie auf jeden Fall genau im Auge behält. Denn der Tagestourismus macht immer noch einen besonders starken Teil der Gesamtbesuche im Pfaffenwinkel aus und sorgt für 54,9 Prozent der Gesamtumsätze durch den Tourismus. 2024 wurden 5,6 Millionen Tagesreisen in die Region gezählt. „Wenn man sich Hotspots wie den Eibsee oder den Walchensee in den Nachbarregionen anschaut, wird man keinen großen Einbruch feststellen. Ich vermute, dass sich der Ansturm der Tagestouristen immer weiter an solchen besonders bekannten Plätzen konzentriert, weil sie halt auf Instagram dauernd zu sehen sind.“
So viel Geld wird dem Tourismus verdient: Millioneneinnahmen allein im Pfaffenwinkel
Im Pfaffenwinkel bleibt man von solchen Massenbewegungen eher verschont, was ein Fakt ist, mit dem der Tourismusverband aktiv wirbt: „Wer Ruhe sucht, ist bei uns richtig.“ Aber ein ganz kleines bisschen mehr Tourismus dürfte es in der Region dann doch sein, findet Susanne Lengger. Denn, das vergessen immer viele, das Thema „Tourismus“ ist komplex.
Da gibt es die reinen Übernachtungszahlen. Rund 890 000 Übernachtungen wurden da 2024 im Pfaffenwinkel registriert – inklusive Privatunterkünfte und Camper. Doch die reinen Übernachtungszahlen sind nicht alles, was Geld in den Landkreis bringt. Touristen sind unterwegs, zahlen Eintritte, gehen in Gasthäuser und Restaurants, kaufen im lokalen Einzelhandel ein. Und genau da schaut die Studie genauer hin.
Camper geben wenig aus, Hotelgäste dafür umso mehr
So ist zum Beispiel zu erfahren, dass Camper und Wohnmobilfahrer durchschnittlich 44,20 Euro pro Tag ausgeben. Macht bei 134 000 Übernachtungen am Ende 5,9 Millionen Euro Bruttoumsatz. 155 000 Übernachtungen wurden in Privatquartieren registriert. Diese Besucher geben im Schnitt 86,80 Euro pro Tag aus, macht unterm Strich 13,5 Millionen Euro. Gäste in Hotels und Pensionen mit mehr als zehn Betten lassen durchschnittlich 146,40 Euro pro Tag im Landkreis, was für Einnahmen in Höhe von 87,9 Millionen Euro sorgt. Obwohl sie im Schnitt nur 23,20 Euro pro Tag ausgeben, spülen die 5,6 Millionen Tagesgäste am Ende doch 130,5 Millionen Euro an Einnahmen in die Kassen der Gewerbebetriebe des Pfaffenwinkels.

Macht summa summarum 237,8 Millionen Euro, die mit Tourismus in der Region im Jahr 2024 eingenommen wurden. Tausende Arbeitsplätze hängen direkt an diesem Tropf, so Susanne Lengger. Der Bärenanteil dieser riesigen Summe – insgesamt 125,7 Millionen Euro, fließt in das Gastgewerbe. Der Einzelhandel profitiert von den Besuchern mit 55,8 Millionen Euro pro Jahr, Dienstleistungsbetriebe mit 56,3 Millionen Euro.
Millionen wandern auch in die Gemeindesäckel
Doch auch bevor die Touristen überhaupt ankommen, profitiert die Wirtschaft vom Tourismus. Beim Bau der Unterkünfte, deren Ausstattung und Möblierung, dem Einkauf von Lebensmitteln und Dienstleistungen – macht am Ende noch einmal 135,4 Millionen Euro pro Jahr im Pfaffenwinkel.
Das alles sei natürlich nicht mit den größeren Urlaubsgebieten wie Garmisch oder dem Tölzer Land zu vergleichen, aber dennoch unstrittig ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, so Lengger weiter. Rund 2,3 Prozent des Geldes, das im Landkreis Weilheim-Schongau verdient wird, kommt aus dem Tourismussektor. Da klingelt es natürlich auch in den Kassen des Staates: 22,4 Millionen Euro an Einkommens- und Mehrwertsteuer werden durch den Tourismus im Pfaffenwinkel erwirtschaftet. Dazu kommen noch Grund- und Gewerbe- sowie Zweitwohnungssteuern sowie Kurtaxe und Tourismusabgabe, die direkt in die Haushalte der Kommunen wandern.
Investitionen in den Tourismus kommen allen zugute
Die Zahlen könnten sicher gern ein wenig höher sein, so die Chefin des Tourismusverbandes. Aber die Entwicklung sei im Vergleich zu 2014 und 2019 in nahezu allen Bereichen positiv, die Zuwachsraten höher als in anderen Bereichen. Das sei auch wichtig. Denn auch wenn in Teilen der Bevölkerung ein zunehmender Tourismus durchaus skeptisch gesehen wird, „geht es am Ende nicht nur um das Geld“, so Lengger. „Wir haben – auch weil wir hier keinen Massentourismus haben – immer darauf geachtet, dass von den Angeboten Touristen wie Einheimische gleich profitieren“, erklärt sie. Es darf bezweifelt werden, dass die hervorragende Beschilderung der Radwege im Pfaffenwinkel in dieser Qualität vorhanden wäre, wenn nicht auch Touristen davon profitieren würden. Und auch die Wirtschaft im Dorf tut sich deutlich leichter zu überleben, wenn neben den Einheimischen auch die Touristen einkehren. Genauso wie der Bäcker im Ort oder der Laden um die Ecke in der Kreisstadt.
Gerade die Gastronomie durchlebe derzeit schwierige Zeiten, sagt Lengger. Sicher, jeder habe mittlerweile mitbekommen, dass es deutlich teurer ist, Essen zu gehen, als noch vor wenigen Jahren. „Dabei wissen die meisten aber nicht, dass die Gewinne bei vielen Gastronomen dennoch zurückgegangen sind“, so die Tourismuschefin. Denn noch stärker als die Preise seien die Kosten gestiegen. Nahezu alles, was die Gastronomie braucht, sei besonders stark von der Inflation betroffen gewesen: Personal, Energie, Lebensmittelpreise. Dazu sei der Wegfall der Mehrwertsteuerermäßigung gekommen.
Doch welche Schlüsse zieht man beim Tourismusverband Pfaffenwinkel nun konkret aus den Ergebnissen der Studie? „Dranbleiben“, sagt Susanne Lengger. Und das in ganz unterschiedlichen Bereichen. Auch in Zeiten knapper Kassen müsse weiterhin die touristische Infrastruktur gepflegt, die Entwicklung vorangetrieben werden.
Der Trend geht klar zu hochpreisigen Unterkünften
Nicht nur durch Kommunen und Landkreis, auch innerhalb des Gewerbes. „Man sieht deutlich, dass die Betriebe, die während der Corona-Krise investiert haben, besser rausgekommen sind“, berichtet sie. Die Erfahrung zeige, dass hochpreisige Unterkünfte besser laufen als niedrigpreisige. Weitere Übernachtungsmöglichkeiten wären natürlich immer schön. Der „Pöltner Hof“ in Weilheim als Hotel „tut uns wirklich gut“, aber auch die Pilgerherberge, die in Wildsteig eingerichtet wurde. Diese sei ein wichtiger Lückenschluss entlang einer vielbefahrenen Radwanderroute und werde dementsprechend gut genutzt.

Dass hier demnächst weitere große Hotels aus dem Boden sprießen, bezweifelt die Cheftouristikerin. Solche Investitionen in Multi-Millionenhöhe seien derzeit ohnehin schwierig. Und wenn sie angegangen werden, dann vor allem in A-Lagen in den ohnehin gut erschlossenen Tourismusgebieten im Süden oder in Großstädten wie München. Dennoch tue sich immer wieder etwas im Landkreis Weilheim-Schongau. Die Pläne für das neue „Smart Hotel“, das in Peißenberg geplant ist, freuen Lengger. Auch das sei wieder ein wichtiges Puzzlestück.
„Viele Menschen sparen nicht am Urlaub, sondern im Urlaub“
Zu guter Letzt gilt es, Ideen zu entwickeln, um einen durchaus besorgniserregenden Trend zu stoppen: „Die Menschen sparen nicht am Urlaub, sondern im Urlaub“, erklärt Lengger. Will meinen: Gebucht wird nach wie vor, aber im Urlaub gehen viele weniger Essen und wenn doch, dann bestellen sie eher das Schnitzel statt das Rumpsteak oder verzichten auf die Nachspeise. Bummeln vor den Schaufenstern ist okay, reingehen und einkaufen – darauf verzichten viele zunehmend.
Und das schlägt sich direkt auf die wirtschaftlichen Effekte des Tourismus in der Region nieder.