Experte sieht bedrückende Ähnlichkeit: „Trump will Putin an seiner Seite“
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Trump und Putin wollen heute telefonieren. Ihre Ähnlichkeiten sind bedrückend. Der Philosoph Vittorio Hösle skizziert die Bedeutung für uns.
Der US-Präsident Donald Trump und der russische Präsident Wladimir Putin, die heute miteinander telefonieren wollen, ähneln sich auf bedrückende Weise. Der deutsch-italienische Philosoph Vittorio Hösle (64), der seit 25 Jahren an der University of Notre Dame in Indiana lehrt, skizziert, was das für uns bedeutet.
Stimmung in den USA ist angespannt – aber der Widerstand gegen US-Präsident Trump bleibt aus
Prof. Hösle, wie ist die Stimmung im Land nach fast zwei Monaten Trump?
Die ökonomischen Probleme des Landes werden immer größer, die USA bewegen sich auf eine Rezession zu. Das löst Ärger aus, genauso wie die maßlosen Stellenstreichungen in den Behörden. Denn die haben direkte Konsequenzen, zum Beispiel für die Bearbeitung von Krankenversicherungsanträgen. Es ist ein Grummeln zu spüren. Was mich aber insgesamt sehr bedrückt, ist die weitgehende Paralyse des Landes. Große Demonstrationen wie 2017 gibt es nicht. Trumps Gegner haben sich damit abgefunden, dass sie durch diese vier Jahre durchmüssen.
Seine Zollpolitik fällt ihm schon auf die Füße. Hat das einen Lerneffekt?
Er ist nicht der Typ, der aus Fehlern lernt. Stattdessen wird er etwas anderes tun: Ich befürchte, um von den wirtschaftlichen Problemen abzulenken, wird er außenpolitische Abenteuer unternehmen. Die Androhung, Grönland zu besetzen, ist absolut real. Man kündigt so etwas nicht ein paar Mal an, wenn man keine Pläne hat.
Trump könnte Drohungen wahr machen – Nato-Bündnis bereits durch US-Politik geschädigt
Sie glauben, er hat etwas in der Schublade liegen?
Selbstverständlich. Die Folgen wären natürlich grauenhaft, weil wir innerhalb der Nato einen Angriffskrieg hätten. Das wäre auch ein massives Problem für die EU. Grönland ist zwar kein EU-Mitglied, seine Bürger haben aber alle die dänische Staatsangehörigkeit, sind also EU-Bürger. Und die EU wäre im Falle einer Annexion vertraglich verpflichtet, ihnen zu helfen. Vergessen Sie übrigens nicht, dass Trump gerade Ministerien und Streitkräfte mit Loyalisten besetzt. Diese Leute werden tun, was er sagt.
Trump hat das westliche Bündnis von innen so beschädigt, wie es Putin kaum je geschafft hätte. Warum tut er das?
Dafür gibt es zwei sachliche Gründe: Europas Weigerung, die Kosten für die eigene Verteidigung zu übernehmen, hat bei sehr vielen Amerikanern großen Zorn erzeugt. Er herrscht das Gefühl, die Europäer seien teure Alliierte, die Amerika einem Risiko aussetzen, dem es besser aus dem Weg gehen sollte. Außerdem besteht völliger Konsens in den USA, dass sich die Zukunft der Welt eher in Asien abspielen wird. Bei Trump kommt aber dazu, dass er unglaublich von Ressentiment getrieben ist. Er will den Europäern, die seine Größe nicht ausreichend anerkennen, eine Lektion erteilen. Und er bewundert Diktatoren.
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Republikaner sind Russland auf den zweiten Blick nah – Trump ist verlässlich unverlässlich
Putin ganz besonders...
Das gilt auch für einen Teil der Republikaner. Sie sagen sich: Wenn man zwischen Russland und China wählen muss, dann ist Russland viel besser. Denn es ist ein christliches Land und die Russen sind im Grunde wie wir: Sie hassen alles Woke, den Feminismus, all dieses Zeug. Wenn es zu einem globalen Konflikt kommen sollte, dann wollen sie Putin an ihrer Seite. Das ist übrigens eine der wenigen konstanten Ideen in Trumps Denken. Um diese Allianz zu ermöglichen, ist er ohne jeden Zweifel bereit, die Europäer ihrem Schicksal zu überlassen.
Gleichzeitig ist er aber extrem wankelmütig.
Stimmt, das macht die Situation so unübersichtlich. Sein ehemaliger Sicherheitsberater John Bolten sagte mal, Trump habe das Niveau eines zehnjährigen Kindes, wenn es darum geht zu verstehen, was das Sicherheitsinteresse eines Landes ist. Es ist völlig unverständlich, dass Europa es verpasst hat, sich darauf vorzubereiten.
Aufrüstungswelle in Europa – aus der USA kommt dennoch Kritik
Europa will massiv aufrüsten. Kommt das zu spät?
Ich hoffe nicht. Aber ich fürchte, eines ist noch nicht begriffen worden: Es hilft nichts, immer neue Superprogramme mit immer mehr Geld in die Wege zu leiten. Man muss eine Armee mit Soldaten haben, die bereit sind, zu töten und zu sterben. Sonst kann man einen Krieg nicht gewinnen. Mentalitätsmäßig fehlt da sehr viel, besonders in Deutschland.
Trumps Vize JD Vance warf Europa kürzlich abwertend vor, keine Kriegserfahrung zu haben...
Prinzipiell stimmt das, Kriegserfahrung ist entscheidend. Das ist einer der Gründe, warum Aggressoren vorher auf kleineren Gebieten üben lassen. Die Beteiligung Russlands in Syrien war eine Übung für einen großen Konflikt. Und ich glaube auch, dass die nordkoreanischen Soldaten, die mit Russland kämpfen, auf Größeres vorbereitet werden sollen. Um es ganz klar zu sagen: Die Möglichkeit eines Weltkrieges mit China, Russland, Iran und Nordkorea gegen die westliche Ordnung ist eine absolut reale.

Erschreckende Zukunftsszenarien: Russlands langer Atem – genug für einen weiteren Angriffskrieg?
Ist das nicht eine sehr theoretische Gefahr? Iran ist geschwächt, Russland durch seine hohen Verluste auch.
Das stimmt so nicht. Russland hat ein Volk mit einer außerordentlichen Hartnäckigkeit und Leidensfähigkeit. Ja, die Verluste im Krieg gegen die Ukraine sind hoch. Aber wenn Putin sich zur Generalmobilmachung entscheiden sollte, kriegt er zwei Millionen Soldaten. Und es ist nicht einfach, so eine Armee zu stoppen. Deswegen braucht es Abschreckung und einen militärischen Geist, der natürlich nur zu Verteidigungszwecken eingesetzt werden darf.
Es gibt jedenfalls sehr konkrete Warnungen, dass Putin bis 2030 einen Nato-Staat angreifen könnte.
Ich und andere glauben, dass Putin die Ukraine schon 2020 angreifen wollte, aber Covid dazwischenkam. Als es 2022 so weit war, stieß er mit Joe Biden auf einen USA-Präsidenten, der sehr entschlossen war, der Ukraine zu helfen. Er wird jetzt ganz sicher nicht zum zweiten Mal die Gelegenheit einer Trump-Präsidentschaft verstreichen lassen. Ich bin fest überzeugt, dass er vor 2028 ein anderes Land angreifen wird. Vielleicht wäre er 2029 besser vorbereitet. Aber es geht in der Politik nicht um das, was man an sich hat. Macht ist eine Relation: Ich muss mehr Waffen und mehr Willen haben als meine Gegner.
Moldawien oder Georgien im Visier – USA könnte wohl Europa im Stich lassen
Wie sieht Ihr Szenario aus?
Ein Angriff auf Moldawien oder Georgien scheint mir wahrscheinlich, Putin könnte so noch mal testen, was passiert. Ich glaube aber, der Angriff, an dem sich ein großer Krieg entzünden könnte, wird in der Ostsee passieren. Das Baltikum ist symbolisch sehr wichtig für die Russen. Peter der Große hat es Russland endgültig einverleibt und sein Verlust ist für Putin besonders schwer zu verwinden. Selbst Hitler wusste, dass das Baltikum identitätsrelevant für die Sowjetunion ist, und überließ es 1939 Stalin.
Glauben Sie, die USA würden Europa in so einem Fall hängen lassen?
Das ist absolut möglich. Das schlimmste Szenario ist, dass Putin Trump bei einem Treffen zu überzeugen versucht, sich Grönland einzuverleiben. Das würde nicht nur einen endgültigen Keil zwischen Amerika und Europas Staaten treiben, sondern auch China ermutigen, mit Taiwan kurzen Prozess zu machen. Die USA würden sich dann auf China konzentrieren, und Europa wäre auf sich gestellt.