„Sensationeller Fund“ bei Bad Tölz: Förster entdecken vom Aussterben bedrohte Mini-Birken

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Eine wichtige Entdeckung machte jetzt das Inventur-Team der Fachstelle Waldnaturschutz Oberbayern im Ellbach-Kirchseemoor. Es fand ein größeres Vorkommen der vom Aussterben bedrohten Strauchbirke. © H. Hofmeier, FSW, AELF Ebersberg-Erding

Das Tölzer Land ist Lebensraum für viele seltene Tiere und Pflanzen. In den Ellbach- und Kirchseemooren bei Bad Tölz fanden Förster nun ein Relikt aus der Eiszeit.

Bad Tölz – Ob an der Isar, in den Bergen oder den Moorlandschaften: Im Landkreis gibt es eine Reihe von Naturparadiesen, in denen seltene Tier- und Pflanzenarten beheimatet sind. Dabei sind noch nicht einmal alle dieser Naturschätze vollständig bekannt, neue Entdeckungen weiterhin möglich. Einen „sensationellen Fund“ meldet jetzt das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) aus den Ellbach- und Kirchseemooren. Hier stießen Förster auf Mini-Birken. Sie gelten als Relikt aus der Eiszeit.

150 Exemplare der Strauchbirke gefunden

Laut einer Mitteilung des AELF Ebersberg-Erding machten Experten die Entdeckung bei Geländearbeiten zur Erstellung des FFH-Managementplans „Ellbach- und Kirchseemoore“. Wie berichtet erheben Fachleute aktuell in diversen FFH-Gebieten den Erhaltungszustand von Lebensräumen und der darin vorkommenden Arten. In den Waldgebieten in den Ellbach- und Kirchseemooren erledigen dies Förster der „Fachstelle Waldnaturschutz Oberbayern“. Dabei fanden sie an 13 verschiedenen Standorten insgesamt rund 150 Exemplare der Strauchbirke – botanische Bezeichnung auf Latein: „Betula humilis“.

Ein Zweig der Strauchbirke einen Zweig mit kleinen verholzten weiblichen „Zäpfchen“.
Ein Zweig der Strauchbirke einen Zweig mit kleinen verholzten weiblichen „Zäpfchen“. © H. Hofmeier, FSW, AELF Ebersberg-Erding

Gerhard Märkl, Experte der Fachstelle, zeigt sich geradezu begeistert. „Das ist wirklich bemerkenswert“, sagt er. „Nach der Eiszeit haben Strauch-Birken nur an wenigen, verstreuten Orten überlebt.“ Die Art sei auf kühl-feuchte Moorstandorte angewiesen. Die Bäumchen seien offenbar eine Delikatesse für das Wild, „da es sie besonders gerne frisst“.

Strauchbirke hat eiförmige rundliche Blätter

Märkl unterstreicht die Bedeutung der Entdeckung: „Diese Art ist stark gefährdet und wird auf der Roten Liste Bayerns geführt.“ Die Verbreitungskarte der Bayernflora (einzusehen auf www.bayernflora.de) dokumentiere einen deutlichen Rückgang der Art sowohl nach 1945 als auch nach 1990.

Zu erkennen seien die Mini-Birken an ihrer niedrigen Wuchshöhe zwischen 50 Zentimetern und 2,50 Metern und an ihren eiförmig-rundlichen, spitzzähnigen Blättern. „Eine weitere Eigenschaft, insbesondere an jungen Trieben, sind zahlreiche Drüsen, die die rutenförmigen Zweige spürbar rau machen“, erklärt Märkl.

Aktuell finde man die Strauchbirke hauptsächlich in Bayern. Vereinzelte Vorkommen seien aber auch in Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern zu verzeichnen. In Bayern ist die Strauchbirke nahezu ausschließlich im Südwesten des Alpenvorlands anzutreffen. Bisher waren in Bad Tölz-Wolfratshausen nur wenige Vorkommen bekannt, während im Landkreis Miesbach keine zu verzeichnen sind. Die jetzige Entdeckung sei vor diesem Hintergrund „umso erfreulicher“, so Märkl.

Bemerkenswerter Bestand an Eiszeit-Relikten

Zu finden seien die Mini-Birken hauptsächlich entlang der Gehölzränder in den Übergangsbereichen von moorigen Streuwiesen oder in lichten Bereichen von Moorwäldern. Die langjährigen Schutzmaßnahmen und eine naturnahe Bewirtschaftung haben laut AELF „maßgeblich dazu beigetragen, dass sich dieser bemerkenswerte Bestand der Eiszeit-Relikte entwickeln konnte“. Märkl betont die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den Waldbesitzern, der zuständigen Unteren Naturschutzbehörde und dem Bereich Forsten am AELF Holzkirchen, um den überregional bedeutsamen Strauchbirken-Bestand zu erhalten und seine Zukunft zu sichern.

„Dieses Kleinod aus längst vergangener Zeit verdient unseren bestmöglichen Schutz“, erklärt auch Korbinian Wolf, Bereichsleiter Forst am AELF Holzkirchen. „Wir werden daher bei unseren Beratungen die Waldbesitzer hierfür sensibilisieren und auf die besondere Bedeutung dieser Baumart hinweisen.“

Das Ellbach- und Kirchseemoor ist nach dem Loisach-Kochelsee-Moor und dem Murnauer Moos das drittgrößte Moorgebiet Bayerns. Es zeichnet sich durch seine große Vielfalt an Moortypen und dem damit verbundenen Artenreichtum aus. Einige Bereiche sind noch weitgehend ursprünglich erhalten und kaum zugänglich. Große Flächen, vor allem die Streuwiesen, werden seit Jahrhunderten nur extensiv genutzt. Deshalb haben zahlreiche vom Aussterben bedrohte Pflanzen und Tiere hier eines ihrer letzten Rückzugsgebiete. (ast)

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