Naher Osten in Flammen: Der Hamas-Terror des 7. Oktober ließ den Geist aus der Flasche

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Der Hamas-Angriff vom 7. Oktober zerrte den Nahen Osten in eine neue Gewaltspirale. © Baz Ratner/AP/dpa/Collage

Ein Jahr danach gedenkt Israel seiner 1135 Ermordeten. Der 7. Oktober ist die Geschichte einer monströsen Fehleinschätzung. Das Ende der Geschichte ist noch offen. Es könnte die geostrategische Neuordnung des Nahen Ostens sein. Ein Kommentar von Georg Anastasiadis.

München – Als Hamas-Chef Yahya Sinwar am Morgen des 7. Oktober 2023 seine Mordtrupps von Gaza nach Israel ausschwärmen ließ und sein Hisbollah-Kollege Hassan Nasrallah tags darauf aus „Solidarität“ den Raketenbeschuss Nordisraels anordnete, dachten beide und auch ihre Terrorpaten in Iran, damit ein weiteres der vielen regionalen Feuer entfachen zu können, das Israel Schaden zufügen, sich unter internationalem Drängen aber alsbald wieder löschen ließe.

Naher Osten im Krieg: Hamas-Terrorangriff auf Israel wird ein Jahr alt

Vor allem in Gaza war man sich sicher, Jerusalem werde so wie bisher immer rasch in einen Deal einwilligen, um die 250 Geiseln zu befreien. Das war, wie wir heute wissen, ein im Wortsinn selbstmörderischer historischer Fehler. Denn die für das Grauen Verantwortlichen bedachten ebenso wenig wie die nach „Deeskalation“ rufenden westlichen Freunde Israels, dass die grausame Ermordung von 1139 Israelis auf die traumatisierten Juden wie die Wiederkehr des Holocausts wirkte und überall Vernichtungsängste auslöste.

Die Regierung Netanjahu reagierte darauf mit derselben Härte und Entschlossenheit, wie israelische Regierungen zuvor auf die großen arabischen Kriegserklärungen von 1947 (Unabhängigkeitskrieg), 1967 (Sechs-Tage-Krieg) und 1973 (Jom-Kippur-Krieg) reagiert hatten: mit der Entfesselung einer umfassenden Offensive an allen Fronten. Seit dem 7. Oktober ist der Geist aus der Flasche, und niemand kriegt ihn mehr dorthin zurück.

Der Krieg hat schon jetzt Zehntausende getötet und Millionen in die Flucht getrieben – nicht wenige davon, so fürchtet man in den Hauptstädten der EU, mit dem Fernziel Europa. Und die finale Eskalation könnte erst noch bevorstehen. Trotz aller Mahnungen aus Washington ist nicht sicher auszuschließen, ob ein zum Äußersten entschlossener Premier Netanjahu nicht doch noch Irans Atomanlagen angreift.

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In Israel kursiert dafür das Bild, dass man dem Monster Iran, nachdem man schon seine Tentakeln Hamas und Hisbollah abgeschnitten habe, auf den Kopf treten müsse, um es von seinem Ziel der Auslöschung des Judenstaats abzubringen. Erst mit dem Sturz des Mullah-Regimes wäre aus israelischer Sicht die geostrategische Neuordnung des Nahen Ostens abgeschlossen, auf die insgeheim auch etliche arabische Regierungen hoffen, die die regionale Vorherrschaft des Iran ebenso fürchten.

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Merkur-Chefredakteur Georg Anastasiadis. © Marcus Schlaf

Den Europäern ist die brachiale Kriegspolitik Netanjahus ein Graus. Doch müssen sie sich, wenn sie ehrlich sind, eingestehen, dass ihre Strategie, die Mullahs durch Appeasement von ihren furchtbaren Atom- und Vernichtungsplänen abzubringen, längst krachend gescheitert ist. Ihr jahrelanges ängstliches Zurückweichen vor der bösartigen Religionsdiktatur (Deutschland mauserte sich sogar zu ihrem größten EU-Handelspartner) hat das Chaos in Nahost nicht beseitigt, sondern zu einer tödlichen Gefahr für die Region und weit darüber hinaus werden lassen. Den Preis dafür müssen viele unschuldige Menschen zahlen. Als erste die 1139 Israelis, die vor einem Jahr auf bestialische Weise ihr Leben verloren. Warum also sollte man in Jerusalem noch mal auf die Europäer hören?

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