Ministerpräsidenten lösen mit Ukraine-Gastbeitrag Entsetzen aus – steckt hartes Kalkül dahinter?

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In einem Gast-Beitrag preschen drei designierte Ministerpräsidenten aus Ost-Bundesländern mit einem Vorschlag zum Ukraine-Krieg vor. Spitzenpolitiker reagieren ungläubig.

Berlin – Friedrich Merz, der Vorsitzende der CDU, hat sich von führenden Politikern der CDU und SPD aus Ostdeutschland distanziert. Der Grund dafür ist ihre Forderung nach einer stärkeren diplomatischen Bemühung Deutschlands zur Lösung des Ukraine-Kriegs. Merz äußerte sich kritisch zu diesem Vorschlag und erklärte gegenüber der Süddeutschen Zeitung: „Die Ukraine kämpft um ihr schieres Überleben. Dabei müssen wir ihr auch in unserem eigenen Interesse weiter helfen. Friedensgespräche wird es nur geben, wenn beide Seiten dazu bereit sind.“

Ministerpräsidenten entsetzen mit Ukraine-Gastbeitrag – Forderung nach Verhandlungen mit Putin

Die Fehde ausgelöst haben die Ministerpräsidenten von Sachsen (Michael Kretschmer, CDU), Brandenburg (Dietmar Woidke, SPD) und der Thüringer CDU-Chef (Mario Voigt) mit einem Gastbeitrag in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zu Forderungen nach Friedensgesprächen im Ukraine-Krieg. Sie betonten: „Wir wollen eine aktivere diplomatische Rolle Deutschlands in enger Abstimmung mit seinen europäischen Nachbarn und Partnern“.

Voigt, Kretschmer und Woidke fordern Verhandlungen im Ukraine-Krieg – ihr Vorstoß sorgt für Aufregung. © dpa | Martin Schutt + dpa | Christoph Reichwein + dpa | Sebastian Gollnow

In ihrem Beitrag forderten sie, dass Deutschland und die EU durch eine „starke und geschlossene Allianz“ den russischen Präsidenten Wladimir Putin an den Verhandlungstisch bringen sollten. Sie kritisierten: „Deutschland und die EU haben diesen Weg noch zu unentschlossen verfolgt“. Ihr Ziel sei es, „einen Waffenstillstand zu erreichen und der Ukraine belastbare Sicherheitsgarantien zu bieten.“

Merz distanziert sich von Ukraine-Gastbeitrag – und hält Vorschlag für unrealistisch

Merz hält diesen Vorschlag jedoch für unrealistisch. Er argumentierte gegenüber der SZ, dass Putin erst zu Verhandlungen bereit sein werde, wenn er erkennt, „dass ein weiteres militärisches Vorgehen gegen die Ukraine aussichtslos erscheint“.

Auch innerhalb der Sozialdemokraten gibt es Kritik an den Forderungen. Michael Roth, SPD-Politiker, warnte in der SZ: „Sollte der Brief der drei designierten Ministerpräsidenten als Weichspüler für Koalitionsverhandlungen mit dem BSW gemeint gewesen sein, rate ich zu großer Skepsis“.

Harte Kritik an Ukraine-Gastbeitrag der Ministerpräsidenten – „Freiheitliche Werte auf Ramschtisch verscherbelt“

Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Europaabgeordnete, äußerte sich gegenüber der Rheinischen Post noch deutlicher. Sie sprach von einem „rückgratlosen Kotau der Ministerpräsidenten aus Brandenburg und Sachsen, assistiert von der BSW und CDU in Thüringen“. Sie fügte hinzu, dass sie das Gefühl habe, „die freiheitlichen Werte unseres Landes werden gerade für ein bisschen Machterhalt und Wahlkampf auf dem Ramschtisch verscherbelt“.

Ricarda Lang, die scheidende Vorsitzende der Grünen, äußerte auf X den Verdacht, dass der Gastbeitrag Teil der Koalitionsbedingungen sein könnte, die Sahra Wagenknecht den Ministerpräsidenten gestellt hat. Sie fragte: „War dieser Gastbeitrag Teil der Koalitionsbedingungen, die Sahra Wagenknecht den Ministerpräsidenten diktiert?“. Brisante Verdachtsmomente. Allerdings könnte dahinter auch hartes politisches Kalkül stecken.

Ukraine-Gastbeitrag rund um Koalitionsverhandlungen mit BSW – steckt hartes Kalkül dahinter?

Denn in allen drei Bundesländern verhandeln sowohl CDU als auch SPD mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Die neu gegründete Partei hat viele Wähler für sich gewinnen können. Ein zentrales Thema der neuen Partei ist ihre Haltung zu Russland und dem Krieg in der Ukraine.

Das Parteiprogramm des BSW betont beispielsweise, dass „Europa eine stabile Sicherheitsarchitektur benötigt, die längerfristig auch Russland einschließen sollte“. Zudem lehnt die Partei es ab, „dass immer mehr Ressourcen in Waffen und Kriegsgerät fließen, statt in die Bildung unserer Kinder, die Erforschung umweltschonender Technologien oder unsere Gesundheits- und Pflegeeinrichtungen“.

Für eine Koalition in den drei Bundesländern fordert die BSW-Chefin Wagenknecht, dass die Parteien sich für einen Waffenstillstand im Krieg zwischen Russland und der Ukraine einsetzen. Sie lobte den Beitrag der drei Politiker in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und bezeichnete ihn als einen Vorstoß, „der sich wohltuend abhebt von einer Debatte, die sich mit großer moralischer Attitüde immer nur um die Frage dreht, welche Waffen als nächste geliefert werden sollten, ohne irgendeine Perspektive für ein Ende des Krieges aufzuzeigen“. (nhi)

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