Ryanair kappt weitere Verbindungen aus Deutschland – „Regierung ohne Plan“
Der Ryanair-Chef ist sauer – Luftverkehrssteuern und andere Widrigkeiten machen deutsche Flughäfen unattraktiv für sein Geschäftsmodell. Er will weitere Verbindungen von Deutschland aus vom Flugplan streichen.
Berlin – Ryanair-Chef Eddie Wilson hat sich in einem aktuellen Interview mit dem Fokus über die Bedingungen an den deutschen Flughäfen ausgelassen. Für ihn ist Deutschland im Flugverkehr das wettbewerbsschwächste Land in Europa und er wird weitere Flugrouten aus Deutschland im Winterflugplan streichen. Die Gründe hierfür sind vielfältig.

Deutsche Steuern und Gebühren sind für Ryanair nicht tragbar
Wilson erläuterte im Interview, dass insbesondere die deutschen Luftverkehrssteuern, Flugsicherheitsgebühren und Flughafengebühren für sein preiseffizientes Geschäftsmodell nicht akzeptabel sind. 55 Euro fallen automatisch dafür an, die natürlich in den Flugpreisen kalkuliert werden müssen. Wilson hält das für skandalös, da keinerlei Leistung dafür geboten wird. Flugkunden müssen höhere Preise bezahlen und haben weniger Verbindungen zur Auswahl.
Deutschland hat im Flugverkehr als einziges Land in Europa noch nicht wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. Wilson führte aus, dass der Flughafen in Berlin als Hauptstadtflughafen der größten Volkswirtschaft in Europa 50 Millionen Passagiere abfertigen könnte, im vergangenen Jahr war es aber gerade einmal die Hälfte. Selbst Dublin im kleinen Irland hätte es auf 35 Millionen Abfertigungen gebracht.
Kapazitätsaufbau nach der Corona-Krise findet nicht in Deutschland statt
Die abgebauten Kapazitäten während der Corona-Krise werden von den Fluggesellschaften jetzt dort wieder aufgebaut, wo sie die höchsten Erträge erwirtschaften können, erklärte Wilson. Nur die Flughafen- und Zugangskosten für Starts und Landungen seien dabei variabel. Weitere Kosten für Personal hingegen seien in Europa recht einheitlich. Die Flughafenkosten, Flugsicherungsgebühren und Steuern machen deshalb Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern eindeutig unattraktiv. Deshalb sei auch das Flugangebot geschrumpft. Lufthansa fliegt nur noch von München und Frankfurt, andere deutsche Anbieter gibt es nicht. Der Rest wird von Ryanair und easyJet bedient, aber auch easyJet reduziert die Flüge in Deutschland, Ryanair verkleinert sich hier und Norwegian ist gar nicht mehr am Start. .
Nach Wilson hat die deutsche Politik nicht verstanden, dass der Flugstandort nicht mehr wettbewerbsfähig ist. Als positive Beispiele führt er Schweden, Ungarn und Regionen in Italien an, die ihre Luftverkehrssteuern wieder abgeschafft haben, um Wachstum im Flugverkehr zu schaffen.
Deutschland hat die höchsten Flugpreise in Europa wegen den hohen Zugangskosten
Nach Wilson hat die deutsche Regierung „keinen Plan“, obwohl auch Wirtschaftsinstitute in Deutschland, der Flughafenverband ADV und der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) die hohen Zugangskosten anprangern. Die Regierung bleibt untätig und billigt damit, dass Deutschland die höchsten Flugpreise in Europa hat. Wenn hier keine Maßnahmen kommen sollten, wird Deutschland weiterhin mit reduzierten Kapazitäten und weniger Flugverbindungen leben müssen, so Wilson.
Ryanair habe der deutschen Regierung angeboten, Flugzeuge und Passagierzahlen in Deutschland zu verdoppeln, wenn die Steuern abgeschafft und die Gebühren für die Flugsicherheit und die Sicherheitskontrollen halbiert werden würden. Das Unternehmen habe aber keinerlei Antwort auf seinen Vorschlag erhalten. Deshalb würde Ryanair nun auch Prioritäten in anderen Ländern setzen.
Ryanair wird zum Winter weitere Flugverbindungen aus Deutschland streichen
Wilson hat angekündigt, bereits zum Winter hin weitere Flugverbindungen aus Deutschland zu streichen, die „einschneidend“ sein werden. Zwar ist noch nicht entschieden, welche Flughäfen das betreffen wird, aber er bezeichnete sowohl Berlin als auch Hamburg, Köln und weitere kleinere Flughäfen als ineffizient. Er betonte, dass das Geschäftsmodell von Ryanair nur bei niedrigsten Kosten und Preisen funktionieren kann. Ryanairs durchschnittlicher Preis lag im letzten Jahr bei 50 Euro vor Zusatzkosten für einen Flug - das kann natürlich bei 50 Euro Zusatzkosten in Deutschland nicht funktionieren. Wilson mahnt an, dass die deutschen Flughafenkapazitäten dann wohl nicht mehr ausgelastet sein werden.
Für Ryanair sind auch die deutschen Fluglotsen ein Problem
Für Wilson ist auch die deutsche Flugsicherung mit die schlechteste in Europa. Seinen Angaben zufolge haben zwei Millionen Ryanair Passagiere dieses Jahr bereits unter dem Missmanagement und dem Personalmangel bei der deutschen Flugsicherung zu leiden gehabt. Ryanair hat eine extra Beschwerde-Website eingerichtet, auf der die Fluggesellschaft Passagiere dazu aufruft, Beschwerden über die Flugsicherung bei den jeweiligen Verkehrsministern einzureichen. Allerdings sei auch in Frankreich die Flugsicherung ein Problem. So dürfe der französische Luftraum gar nicht überflogen werden, wenn dort die Flugsicherung streikt. Das ist für Wilson vollkommen unakzeptabel. Auch bemängelt er die fehlenden Personalkapazitäten der Flugsicherung zu den Ferienzeiten in den europäischen Ländern.