„Ausweitung der Kampfzone“ in Los Angeles: „Trump möchte Bürgerkrieg auf Amerikas Straßen“
Donald Trump schickt Soldaten, die Lage in Los Angeles eskaliert: Der Präsident verfolgt mit seinem Vorgehen eine Agenda, sagt US-Experte Alexander Görlach.
Ob Ukraine-Krieg, der bedrohliche Aufstieg Chinas oder die außenpolitische Kehrtwende der USA unter Donald Trump: Unsere Welt ist im Umbruch. Autoritäre Regime haben Aufwind, westliche Demokratien geraten in der Defensive. Für IPPEN.MEDIA blickt Alexander Görlach in der Videokolumne „Görlachs Weltgeschehen“ regelmäßig auf die Brennpunkte dieser Welt. Görlach ist Geopolitik-Experte und unterrichtet an der New York University. In dieser Woche geht es um die Ausschreitungen in Los Angeles und die Entsendung der Nationalgarde durch Donald Trump in die Stadt an der US-Westküste.
Herr Görlach, wie konnte es zu der Eskalation in Los Angeles kommen?
Donald Trump möchte den Bürgerkrieg auf Amerikas Straßen. Das Entsenden der Nationalgarde und der Marines, angeblich um eine Situation zu deeskalieren, hat erst zu der Eskalation geführt. Eine Mehrheit der US-Amerikaner ist zwar dafür, dass der US-Präsident die Außengrenzen des Landes schützt. Allerdings halten die Mehrheit der Amerikaner nichts davon, Kinder auf dem Schulweg oder Arbeitnehmerinnen auf dem Weg zur Arbeit zu inhaftieren und in ein Hochsicherheitsgefängnis oder in den Keller eines Federal Buildings zu sperren.
Donald Trump misst hier ganz deutlich mit zweierlei Maß. Er nennt die Demonstrierenden, die ja in überwältigender Zahl friedlich demonstrieren, Aufständische. Das erinnert an den 6. Januar. Damals hat er die Leute, die das Kapitol stürmten und dabei Polizisten verletzten und auch es zu Todesfällen kamen, die hat er als liebende Mitmenschen bezeichnet. Wohingegen die friedlichen Demonstrierenden jetzt in Los Angeles und auf anderen Straßen der Vereinigten Staaten, die bezeichnet er als Aufständische, damit er sozusagen eben auch juristisch rechtfertigen kann, dass er die Nationalgarde auf diese Menschen nun loslässt.
Proteste in Los Angeles: „Donald Trump will Unruhe stiften“
Welches Ziel verfolgt Trump?
Donald Trumps Ziel ist es, die Städte in den USA, die ja meistens von den Demokraten regiert werden, zu diskreditieren, Unruhe zu stiften und die in ein Chaos zu stürzen. Es war sein erklärtes Ziel, es sind seine erklärten Feindbilder, und es zeigt ganz deutlich, dass der Präsident eben der Seite der weißen Supremacists, also der weißen Rassisten zuneigt. Das hat auch schon belegt, dass er jetzt zum Beispiel Übersetzer, die für die US-amerikanische Armee in Afghanistan Dienst geschoben haben, nicht mehr ins Land einreisen lässt, aber weiße Siedler aus Südafrika, die angeblich verfolgt werden, die dürfen in die USA einreisen.
Also hier ist ganz klar, wes Geistes Kind der Präsident ist, also durchaus ein weißer Rassist, beziehungsweise er lässt sich von diesen Gruppen unterstützen, und er unterstützt auch deren Agenda. Das bedeutet für uns in Europa, auch nochmal deutlich und mehrfach hinzuschauen, denn J.D. Vance, sein Vize, der reist ja unter anderem durch Europa und unterstützt die Alternative für Deutschland. Also hier wird ein höchstgradig rassistisches, weißes Netzwerk gestärkt. Und das geht in Amerika jetzt nach innen vor, gegen die größten Opponenten, die Oppositionspartei, die Demokratische Partei, deren Politikerinnen ja die meisten Städte, die Großstädte in den USA leiten.
Zur Person
Professor Alexander Görlach unterrichtet Demokratie-Theorie und -Praxis an der New York University. Der Geopolitik-Experte hatte verschiedene Positionen an der Universitäten Harvard und Cambridge inne. Unter anderem erschien von ihm „Alarmstufe Rot: Wie Chinas aggressive Außenpolitik im Westpazifik in einen globalen Krieg führt“ (2022).
„Trump will Ausweitung der Kampfzone“: Ausschreitungen in Los Angeles eskalieren
Drängen sich Vergleiche zu den Ausschreitungen 1992 auf?
Manche ziehen ja schon Vergleich zu den letzten großen Riots, Ausschreitungen in Los Angeles. Soweit ist es im Moment noch nicht. Damals wurden 12.000 Menschen inhaftiert in Los Angeles, im Moment sind es rund 60. Allerdings muss man sagen, dass die Agenda des Präsidenten, so wie es jetzt aussieht, eine Ausweitung der Kampfzone vorsieht. Eben nicht nur Los Angeles, sondern alle anderen demokratisch geführten Großstädte, die sollen jetzt mit einem ähnlichen Aufmarsch der Nationalgarde und auch der Marines rechnen. Der Präsident sagt, diese Städte, die Leute, die da regieren, die wollen seine Immigrationsagenda nicht durchsetzen.
Die Wahrheit ist, dass Amerikas Reichtum in den letzten Jahrzehnten auch auf der Arbeit der illegalen Einwanderer gewachsen ist. Das ist durchaus auch eine andere Geschichte als bei uns in Europa. Hier in Amerika hat man mit diesen Illegalen gerechnet. Sie haben auch in die sozialen Sicherungssysteme eingezahlt, Steuern gezahlt. Das sind jetzt komplizierte Wege, wie das funktioniert hat. Allerdings zu behaupten, dass diese Menschen alles Kriminelle und Vergewaltiger seien, wie Donald Trump es ja tut, das geht vollkommen an der Realität vorbei. Donald Trump selber hat auf seinen Baustellen illegale Einwanderer beschäftigt.
Also von daher ist das alles ein großer, wie soll ich sagen, Marketing-Gag fast, wenn es nicht so traurig wäre, es so zu bezeichnen. Aber es ist auf jeden Fall Showbusiness für den Präsidenten zu zeigen, diese starken Bilder seinen Wählern zu zeigen, dass er das umsetzt, was er im Wahlkampf versprochen hat. Und gleichzeitig ist es so, dass eine Mehrheit der Amerikaner, also auch Leute, die ihn gewählt haben, eben dieses Vorgehen im Inneren des Landes, diese Bürgerkriegs-ähnlichen Szenarien, die er da provoziert, eben nicht wünscht.