Moosburg plant Windrad bei Kirchamper: Deftige Debatte im Stadtrat - und ein deutlicher Beschluss

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Nahe Kirchamper will Moosburg die Planung für ein Windrad vorantreiben – zusammen mit der Bürger Energie Genossenschaft Freisinger Land. © Collage: afo/Fotos: Peter Kneffel, dpa/Bayerische Vermessungsverwaltung, Flaticon.com

Westlich von Moosburg will die Kommune ein Windrad auf den Weg bringen. Obwohl der Stadtrat mehrheitlich für das Projekt ist, wurde es nun teils deftig debattiert.

Moosburg – Insgesamt 1,8 Prozent der Landesfläche Bayerns sollen bis 2032 für Windenergieanlagen ausgewiesen werden, das ist Gesetz. Über regionale Planungsverbände (RPV) wählen Kommunen geeignete Vorrang- und Vorbehaltsgebiete aus. Im Kreis Freising und Umgebung sind derzeit per Vorabentwurf 2,24 Hektar Vorranggebiete ausgewiesen, für das Moosburger Stadtgebiet hat der RPV München dabei keine geeigneten Flächen festgestellt.

Weil aber die Stadt die Energiewende fördern will, hat sie unabhängig vom RPV eine eigene Studie in Auftrag gegeben. Dabei kamen drei mögliche Flächen heraus: eine mittig zwischen Kirchamper, Oberambach, Bergen und Inkofen; eine bei Thonstetten, wo allerdings 20 Prozent weniger Wind weht; und schließlich noch eine im Bereich des Stauweihers, wo ein Windrad aber das Wasservogelschutzgebiet bedrohen würde.

Grafik zu möglichen Windkraftzonen im Stadtgebiet Moosburg
Drei mögliche Windkraftzonen hat eine Machbarkeitsstudie im Auftrag der Stadt ergeben – doch nur die bei Kirchamper (A) wird als sinnvoll erachtet. © ENIANO GmbH

Wertschöpfung regional erhalten - „nicht dass einer aus Dubai kommt“

„Wir können die Energiewende nicht nur mit PV-Anlagen oder Biogas schaffen – an einem Tag wie heute ist ein Mix wichtig“, erklärte Bürgermeister Josef Dollinger (FW) am Montag im Stadtrat, während sich vor dem Fenster ein Gewitter entlud. Die Stadt wolle eine Anlage mit der Bürger Energie Genossenschaft Freisinger Land (BEG) umsetzen, „weil wir die Wertschöpfung regional halten wollen – nicht, dass einer aus Dubai kommt und bei uns Gewinne mit einem Windradl macht“. Außerdem verpflichte der Energiewendebeschluss von 2007 die Stadt zum Handeln.

Es ist keine schöne Sache, wie das Verfahren zustande gekommen ist.

In der Sitzung gehe es nun nur um den Beschluss, dass die Stadt dem RPV diese Fläche als Vorranggebiet vorschlage. „Das Projekt wäre dann schneller und einfacher zu realisieren“, hieß es in der Sitzungsvorlage. Was auch darin stand: „Die betroffenen Grundstückseigentümer wurden bereits informiert. Erfreulicherweise haben einige bereits zugesagt und den Gestattungsvertrag unterschrieben.“

Ortssprecher von Kirchamper erhebt Vorwürfe und äußert Ängste

Die positive Darstellung der Verwaltung wurmte Lorenz Huber (CSU): „Ich bin Ortssprecher von Kirchamper und Grundstücksanlieger. Es ist keine schöne Sache, wie das Verfahren zustande gekommen ist. Die Eigentümer sind eingeladen und informiert worden, dann sind Sätze gefallen wie: Entweder ihr unterschreibt’s und macht’s mit – wenn’s gebaut wird, kriegt ihr dann Geld. Oder ihr macht’s nicht mit und wenn’s gebaut wird, gibt’s kein Geld.“ Huber befürchtete außerdem brennende Rotorblätter, die anderswo komplette Ernten vernichtet hätten, weil sich Fetzen im Feld verteilten. Dann sagte er: „Wir haben die Verträge prüfen lassen: Andere Betreiber zahlen zwei Drittel mehr als die BEG. Wer sich an einem Windrad beteiligen möchte, kann das überall tun, egal ob in Kirchamper, Frankfurt oder Sachsen.“ Schließlich schimpfte Huber noch über „das gleiche Verfahren wie bei der Montessorischule, wo die Fläche einfach aus dem Naturschutz herausgenommen wird“ und der auf eine andere übertragen werde.

Du verzählst einen Schmarrn! Das sind Sachen, die nicht stimmen.

An der Stelle wurde es Josef Dollinger zu bunt. „Was hat das mit Naturschutz zu tun? Herr Huber, bleiben Sie bitte bei Tatsachen.“ Während Huber sich weiter erklären wollte und beide lauter wurden, schnitt ihm Dollinger das Wort ab, wechselte ins Du und polterte: „Es wird nichts aus dem Naturschutz herausgenommen. Einen Schmarrn verzählst, ’tschuldigung!“

Becher: „Wichtig, dass wir hier keine Legenden bilden“

Dann erhielt Johannes Becher (Grüne) das Wort. Der erinnerte Huber an dessen Schlüsselrolle als Ortssprecher und mahnte zur Sachlichkeit. Außerdem wollte er wissen, von wem die Aussage mit den Geldern stamme (was jedoch nicht aufgeklärt wurde). Becher: „Ich glaube, es ist ganz wichtig, dass wir hier keine Legenden bilden.“ Zum Thema Brände meinte er: „Wir haben aktuell über 30.000 Windräder in Deutschland, also eine große Erfahrung. Es gab fünf oder sieben Brände bei Windrädern, wie das halt bei technischen Anlagen so ist – allerdings seltenst an den Rotorblättern.“

Becher empfahl eine nüchterne Risikoabschätzung und bat, auf Basis von Fakten und Tatsachen zu diskutieren. „Nur das führt uns in der Demokratie in eine Debatte, wo wir zielführend agieren können, auch wenn der eine das so und der andere es anders betrachtet.“

Vier Räte stimmen gegen Vorhaben - Landtagsabgeordneter kontert Befürchtungen

Die Empfehlung zur Flächenausweisung bei Kirchamper wurde am Ende mit 18 Stimmen abgesegnet – gegen die vier von Manfred Tristl und Ludwig Haberl (CSU) sowie Gerhard-Michael Welter (AfD) und Reinhard Lauterbach (FW). Während Welter vor einem „Vogelschredder“ und schwieriger Entsorgung warnte, holte Lauterbach zur längeren Grundsatzkritik aus. Das Windrad werde 250 Meter hoch, verbrauche viel Material, erzeuge Feinstaub, müsse weit angeliefert und aufwändig recycelt werden. Obendrein fehle es an der nötigen Infrastruktur zur Stromeinspeisung.

Auch hier konterte Johannes Becher: Ja, das Netz und die Speicher müssten dringend ausgebaut werden, „aber das passiert bereits“. Bis sich das Rad einmal drehe, vergingen noch Jahre. Die Emissionen würden im Vorfeld im Verfahren geprüft. Der Landtagsabgeordnete empfahl Lauterbach einen Besuch in Fahrenzhausen, „wo es im Vorfeld ähnliche Befürchtungen gab und das Windrad nun sehr gut läuft“. Das Projekt mit der BEG sei gut, „weil wenn die Leute Anteile kaufen können, steigt die Akzeptanz: Immer wenn sich das Rad dreht, klimpert’s im Geldbeutel.“

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