Weber zu Besuch in den USA: „Rüstet euch gut für Trumps Deals“

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CSU-Vize Manfred Weber. (Archivbild) © Philipp von Ditfurth/dpa

CSU-Vizechef Manfred Weber hat die USA besucht. Im Gespräch mit Merkur äußerte er sich zu den Plänen des nächsten US-Präsidenten Donald Trump.

Washington – Es ist eine heikle Frage, auf die Manfred Weber diese Woche in Washington Antworten gesucht hat: Wie schlimm wird‘s mit Donald Trump? Der Fraktions- und Parteichef der EVP hat sich in der US-Hauptstadt mit Professoren, Politikern, Stabschefs und Journalisten getroffen, um den erratischen Bald-Präsidenten und seine Pläne besser einschätzen zu können. Er besuchte moderate Republikaner ebenso wie die härtesten Trump-Fans in der Stadt. Im Interview erzählt der CSU-Vizechef (52), womit er sofort nach Trumps Amtsantritt rechnet.

Drei Tage zwischen Trump-Verstehern und Trump-Verehrern: Kommen Sie besorgt oder beruhigt zurück nach Europa?

Am 20. Januar wird politisch eine neue Zeit beginnen. Trump geht diesmal vorbereitet ins Amt, wird seine Agenda abarbeiten und uns vor gewaltige Herausforderungen stellen. Wir müssen uns früher und ernsthafter vorbereiten. Mein Gefühl sagt mir am Ende dieser Reise: Das ist machbar.

Was droht konkret: Zölle? Ein Handelskrieg?

Wir müssen davon ausgehen, dass Trump genau das umsetzt, was er angekündigt hat: 20 Prozent Zölle auf europäische Produkte werden sehr bald möglich sein. Darauf muss Europa sich vorbereiten: mit Selbstbewusstsein, wir sind wirtschaftlich ungefähr gleich groß wie die Amerikaner, vertreten beide je über 20 Prozent der Weltwirtschaftsleistung – auch wir sind zu Gegenmaßnahmen fähig. Allerdings wollen wir keinen Handelskrieg, sondern enge transatlantische Beziehungen. Dafür müssen wir ein Angebot an Trump in der Tasche haben: Wie können wir unseren Handel fair und einfacher gestalten?

Donald Trump gewinnt US-Wahl - und hat heikle Pläne für seine zweite Amtszeit

Wir müssen ein bisschen drohen und ein bisschen mit „Deals“ locken? Auch wenn das so gar nicht unser Politik-Stil ist?

Wir müssen offensiver planen statt nur bang auf den 20. Januar zu warten. Dazu gehört: EU und die USA brauchen eine gemeinsame Antwort, wie wir der Wirtschaftsmacht China Grenzen aufzeigen. Der Westen müsste jetzt eine Art Wirtschafts-Nato aufbauen, ein Gegenkonzept zum erdrückenden chinesischen Machtanspruch. Diesen Plan sollten wir Trump auf den Tisch legen.

Mit Nato hat er‘s ja schon beim Militär nicht so. Haben Sie nun Anzeichen für einen schleichenden Rückzug der Trump-USA aus dem Verteidigungsbündnis?

Nein. Aber uns muss schon selbst klar sein: 330 Millionen Amerikaner werden nicht dauerhaft 440 Millionen Europäer verteidigen. Wir stehen zur Nato, zum engen transatlantischen Verhältnis, aber wir müssen endlich die Verteidigung auf unserem Kontinent selbst in die Hand nehmen. Die bisher genannten zwei Prozent der Wirtschaftsleistung fürs Verteidigungsbudget sind in der heutigen Weltlage nur ein Minimum. Wir haben uns zu lange ausgeruht unter dem militärischen Schutzschirm der USA. Das ist zu Ende. Jetzt ist auch der Zeitpunkt, Verteidigung im engen Schulterschluss mit den Amerikanern europäisch zu organisieren.

Klingt teuer.

Es geht doch viel mehr um Effizienz als nur um Geld. Wir würden Milliarden Euro sparen, wenn wir in Europa gemeinsam Material beschaffen würden. Wenn wir bei Cyber-Abwehr und Raketenschutzschirmen endlich gemeinsam planen und forschen würden. Wenn wir keine 17 verschiedenen Panzertypen in Europa hätten. Übrigens würde der Rüstungsstandort Bayern von mehr Effizienz massiv profitieren.

Trump versprach einen schnellen Ukraine-Frieden. Glauben Sie dran?

Friedensambitionen begrüße ich, kein Land wünscht sich mehr einen Frieden als die Ukraine. Aber jede Friedensinitiative scheitert heute daran, dass der russische Präsident Putin keinen Frieden will. Er hat über hunderttausend junge Russen an der Front in den sinnlosen Tod geschickt und wird nicht plötzlich seine militärischen Angriffsziele aufgeben. Unsere Strategie muss sein, die Ukraine vor dem Start von irgendwelchen Verhandlungen in eine starke Position zu bringen. Und langfristig wird es eine stabile Sicherheitsarchitektur erst dann geben, wenn wir die Ukraine in die Nato aufgenommen haben. Das ist die einzige Chance für dauerhaften Frieden.

Wie ist Ihr Trump-Bild jetzt: ein erratischer, jähzorniger Politiker, oder ein unkonventioneller, aber berechnender Präsident?

(denkt nach) Er ist nicht exakt berechenbar, aber seinen Politikstil hat er klar formuliert: Er sucht nach Deals, die er als „America first“ zuhause verkaufen kann. Diese reine „Deal“-Logik ist ungewohnt für uns, herausfordernd.

Zweite Amtszeit von Donald Trump naht: Was plant der nächste US-Präsident?

Wird Trump Ihnen als Deutschen-Hasser beschrieben?

Nein. Er sieht das Handelsdefizit, er sieht die lange Zeit viel zu geringen Verteidigungsausgaben. Aber ich erlebe auch bei seinen Leuten Neugier auf die nächste deutsche Regierung. Trumps künftiger Nationaler Sicherheitsberater Mike Waltz hat mir bei unserem Treffen gesagt, es sei nie zu spät, Gespräche zu beginnen. Olaf Scholz wird in Washington nicht mehr als Partner ernst genommen. Kanzler Friedrich Merz wird als überzeugter Europäer und erfahrener Transatlantiker mit Trump auf Augenhöhe ins Gespräch kommen.

Weil Trump, wie ein anderer Gesprächspartner sagte, „die reichen Jungs mit eigenem Flugzeug“ mag?

Klischees bringen nichts. Unser Ansatz ist eher: Auch ein America-First-Präsident braucht Partner und Verbündete in der Welt. Allein auf sich gestellt wächst den USA die neue Weltordnung auch über den Kopf. Unsere Partnerschaft ist fundamental für unseren Wohlstand und unsere Sicherheit.

Macht es Ihnen Sorgen, wenn Meloni plötzlich die besten Drähte nach Washington hat, mit Trumps Vertrautem Musk flirtet? Lässt sich Europa spalten?

Wir werden in den nächsten Wochen über jeden Gesprächsfaden zu Trumps Team froh sein. Gut, wenn Giorgia Meloni Kontakte aufbaut, ich tausche mich mit ihr eng darüber aus. Klar ist: Zölle und Handelsfragen, die Trump ab Tag 1 ins Zentrum stellen wird, sind keine nationalen Themen – das liegt in der alleinigen Kompetenz Brüssels. Wir Europäer dürfen uns als größte Volkswirtschaft auf keinen Fall auseinandertreiben lassen. Wir werden mit Trump dann klarkommen, wenn wir ihm geschlossen und selbstbewusst begegnen. Nur ein starkes Europa wird den bestmöglichen „Deal“ mit Trump erreichen.

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