Scholz spricht Machtwort im Haushaltsstreit aus dem Urlaub heraus – und schießt gegen Lindner
Ein Machtwort: Bundeskanzler Olaf Scholz meldet sich mit einem klaren Bekenntnis zum Haushalts-Plan aus dem Urlaub. Lindner bekommt einen Seitenhieb.
Berlin – Das ist eine Retourkutsche, wie sie im Buche steht. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat aus seinem Urlaub heraus ein Machtwort zum jüngst wieder aufgeflammten Haushaltsstreit in der Ampel-Koalition gesprochen und dabei den vorgepreschten Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) öffentlich zurückgepfiffen.
Dieser hatte nach der Bundeshaushalts-Einigung des Kabinetts für das Jahr 2025, wie in Regierungskreisen abgesprochen, Gutachten dazu in Auftrag gegeben. Damit der Haushalt auch rechtssicher im November dieses Jahres vom Bundestag beschlossen werden kann. So weit, so gut.
„Klares Ergebnis: Das geht“: Bundeskanzler Olaf Scholz lässt Christian Lindner links liegen
Doch am vergangenen Sonntag (4. August) gab Lindner im ZDF-Sommerinterview dann öffentlichkeitswirksam bekannt, dass die Gutachten rechtliche Bedenken offenbart hätten. Es müsse nochmal nachverhandelt werden. Der FDP-Chef werde diesen Haushalt so nicht mittragen. Das passierte, während Scholz im Urlaub weilte und – laut Aussage von SPD-Parteichefin Saskia Esken im Morgenmagazin von ARD und ZDF – ohne interne Abstimmung im Kabinett.

Die CSU forderte Scholz daraufhin auf, seinen Urlaub abzubrechen. Das tat er nicht, aber er sprach nun ein Machtwort gegenüber Zeit Online: „Es war sinnvoll, die Handlungsoptionen der Bundesregierung gutachterlich überprüfen zu lassen, wie die Deutsche Bahn und die Autobahnen im Haushalt finanziell gestärkt werden können.“ Scholz und sein Beraterkreis kämen aber nach Ansicht der Gutachten zu dem Schluss: „Klares Ergebnis des juristischen Gutachtens: Das geht.“
Scholz fügte hinzu: „Es bleibt ein Mysterium, wie das eigentlich klare Votum des juristischen Gutachtens vorübergehend grundfalsch aufgefasst werden konnte.“ Deutlich hätte der Seitenhieb gegenüber Lindner nicht ausfallen können. Scholz wirft seinem eigentlichen Finanz-Experten im Kabinett quasi, eine grundfalsche Interpretation seiner Arbeit vor.
Krux bei der Sache: „Umverteilung“ von Geldern aus der Gaspreisbremse
Hintergrund von Lindners Bedenken zur Verfassungskonformität des Haushaltsplans sind drei Vorhaben, die die Finanzierungslücke im Etat für das kommende Jahr um zusammen acht Milliarden Euro reduzieren sollten. Der Bielefelder Rechtsprofessor Johannes Hellermann und der unabhängige wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums teilten demnach übereinstimmend Zweifel an der Idee, bei der deutschen Förderbank KfW liegende, ungenutzte 4,9 Milliarden Euro für die Gaspreisbremse im Haushalt für andere Zwecke zu nutzen.
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Weniger eindeutig fielen dagegen die Bewertungen zum Vorhaben aus, der Bahn und der Autobahngesellschaft Darlehen statt Zuschüsse zu zahlen.
Gesetzliche Grauzonen: Haushalts-Plan der Ampel-Regierung wohl nur mit Reformen
Unter bestimmten Voraussetzungen sei das rechtlich umsetzbar, hatte Hellermann erklärt. Der wissenschaftliche Beirat sieht in beiden Fällen allerdings Probleme, weil möglicherweise weder Bahn noch Autobahn das geliehene Geld aus eigenen Einnahmen zurückzahlen könnten. Die bundeseigene Bahn ist bereits hoch verschuldet, die Autobahngesellschaft hat aktuell überhaupt keine eigenen Einnahmen. Dies könnte gesetzlich aber geändert werden, meint Hellermann.
Lindners Ministerium hatte allerdings argumentiert, dass die nötigen Reformen dazu zu aufwendig, politisch zu umstritten und vor einem Haushaltsbeschluss nicht umsetzbar seien. Im Fall der Bahn lasse sich das Problem zudem über eine Eigenkapitalspritze lösen. Letztlich bleibe eine Finanzierungslücke von rund fünf Milliarden Euro, die bis Mitte August noch gestopft werden müsse.

Öffentlich ist durch das Machtwort des Bundeskanzlers in Bezug auf den Haushalts-Plan nun erst einmal alles gesagt. Die Bundesregierung werde jetzt vertraulich die nächsten Schritte beraten, beteuerte Scholz.
Ob das mit der Vertraulichkeit klappt, darf nach den jüngsten Entwicklungen mehr als bezweifelt werden. Der Haushaltsstreit hat wieder für ordentlich Ärger in der Ampel-Koalition gesorgt. (dpa/pls)